Bewertung: 3.5 / 5
Wo Audrey Tautou draufsteht, sind meistens große Gefühle drin: Das war in Die Fabelhafte Welt der Amélie (2001) der Fall, ebenso in Zusammen ist man weniger allein (2007) und zuletzt in Bezaubernde Lügen (2010). Ein bisschen wohldosierter Kitsch darf dabei ebensowenig fehlen wie die oft zwischen Niedlichkeit und Schutzbedürfnis pendelnde Präsenz der Hauptdarstellerin. Auch die Romanverfilmung Nathalie küsst folgt diesem Patentrezept. Dabei überließ Autor David Foenkinos nichts dem Zufall: Er schrieb das Drehbuch nach seiner eigenen Romanvorlage und führte zusammen mit seinem Bruder Stéphane Regie.
Gemeinsam inszenierten sie eine ebenso bonbonbunte wie traurige und anrührende Liebesgeschichte. Nathalie (Tautou) verliert nach dem plötzlichen Tod ihrer großen Liebe François (Pio Marmaï) völlig den Boden unter den Füßen. Wo vorher fröhliches Chaos in der gemeinsamen Wohnung herrschte, ist es nun aufgeräumt, ja beinahe steril - ein Sinnbild für die Leere, die in Nathalies Seele herrscht. Tautous ausdrucksstarkes Spiel macht die Trauer und den Schmerz greifbar.
Nur langsam kämpft sich die junge Frau in den Alltag zurück, stürzt sich in ihre Arbeit, um zu vergessen. Doch irgendwann ist sie doch wieder spürbar, die Sehnsucht nach Nähe, nach Geborgenheit: In einem unbedachten Moment küsst Nathalie ihren Angestellten Markus (François Damiens) - und löst damit bei dem scheuen Einzelgänger ein wahres Gefühlschaos aus.
Zuzusehen, wie Markus ähnlich einem verliebten Schuljungen um seine Chefin wirbt, bei ihrem Anblick nervös wird, sich vor einer Besprechung noch einmal durch die Haare fährt, ist geradezu rührend. Auch Nathalies innerer Kampf mit sich selbst bleibt stets nachvollziehbar: Verrät sie François, wenn sie sich auf Markus einlässt? Und was zieht sie eigentlich so stark zu diesem - zumindest äußerlich - eher unattraktiven Mann hin?
Die Botschaft des Films, "Hör auf Dein Herz", mutet genauso banal an wie der unvermeidlich fallende Satz "Das Leben geht weiter". Doch die ebenso sensibel wie humorvoll in Szene gesetzte Annäherung der beiden ungleichen Verliebten entschädigt für derlei Plattitüden.
Nathalie küsst bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Christina Freko)