Bewertung: 4 / 5
Nach dem Tod seiner Eltern lebt Peter Parker (Tobey Maguire) bei seinem Onkel Ben (Cliff Robertson) und seiner Tante May (Rosemary Harris). Der mittlerweile ins Teenager gewachsne Peter ist nicht gerade der Beliebteste. Zusammen mit seinem Besten Freund Harry Osborn (James Franco) versucht er den Schulaltag unbeschadet zu bestreiten und schwärmt gleichzeitig von seiner großen Liebe Mary Jane Watson (Kirsten Dunst). Von heute auf Morgen ändert sich Peters Leben jedoch schlagrartig, nachdem sein Onkel bei einem Raubübefall ermordert wird, Peter auf einem Schulausflug von einer genmanipulierten Spinne gebissen wird und dadurch plötzlich übernatürliche Fähigkeiten entwickelt. Nach dem Tod seines Onkels entscheidet er sich fortan als Spider-Man New York vor Verbrechen zu schützen. Zu allem Übel testet Harrys Vater Norman (Willem Dafoe) ein Serum zur Verbesserung der menschlichen Fähigkeiten, welches ihn wahnsinnig werden lässt und in den schurkischen grünen Kobold verwandelt.
Man erinnert sich noch dunkel an eine Zeit, in der Comicverfilmungen nicht die durchschnittliche Qualität aufwiesen, wie sie es heute tun. Einige Ausnahmen mal außen vor genommen, verdankt das Kino und die Fans ihre große Auswahl an Avenger-, Batman- oder X-Men-Filmen vor allem dem übermäßigem Erfolg von Sam Raimis Spider-Man. An dieser Stelle wurde Geschichte geschrieben und auch aus heutiger Sicht kann sich Spider-Man als Film nach wie vor sehen lassen. Es gab natürlich ob ständiger Neuinterpretationen der letzten Jahre auch immer wieder diese ständigen Diskussionen um die Qualität einzelner Spider-Man-Darsteller oder der Ausrichtung der Figur, doch dieser Aspekt ist wahrlich nebensächlich.
Trailer zu Spider-Man
Wohingehen die Qualitäten von diesem Film überhaupt nicht nebensächlich sind. Denn Spider-Man gehört gerade ob seiner Inszenierung zu der Sorte Film, die wirklich noch etwas zu erzählen haben. Das liegt vor allem daran, daß Raimi sich hier die Mühe gemacht hat den Kern von Spider-Man herauszuarbeiten und eine eigene Mythologie um die Entstehung und Ethik der Figur in Szene setzte. So erkennt man Spider-Man - oder besser gesagt Peter Parker - einen Charakter mit Prinzipien, einen Charakter, der eben von ganz normalen Problemen geplagt ist, wie sie die meisten Menschen auch kennen. So sorgt er sich um seine Schule, die erste große Liebe und eben um Finanzen. Dadurch wird er nahbar und gewinnt auch an Grundsympathie. Auch die Idee Spider-Mans Netze durch den Spinnenbiss biologisch zu integrieren ist eine großartige Idee, da auch Reflexe und andere Fähigkeiten des Menschen bereits durch den Biss verstärkt werden. Zudem gerät der Film dadurch auch nicht in Erklärungsnot alle möglichen Gadgets, die plötzlich auftauchen zu erklären.
In manchen Momenten wirkt der Film dann zwar ein wenig aus der Zeit gefallen, wenn er eben eine klassische Highschool porträtieren möchte und dabei Themen wie Gruppenbildung oder Mobbing durch Sportlertypen aufgreift. Auf der anderen Seite unterliegt der Film dabei grundsätzlich einem gewissen Charme, der durch die Detailverliebtheit des Regisseurs wettgemacht wird. Mit Tobey Maguire hat man sich dazu noch eine Traumbesetzung ins Boot geholt, denn niemand verkörpert diese Kombination aus dem geschudenem Peter Parker mit gutem Herz, und dem strahlenden Helden Spider-Man besser als er. Ähnlich verhält es sich mit Willem Dafoe als Antagonisten. Sein Grüner Kobold grenzt ebenfalls als stereotypem Trash-Anatagonismus, ist aber mit Abstand die unterhaltsamte Performance im gesamten Film. Wann immer Dafoe in das Wechselspiel aus strengem Vater und völlig irrationalen Superschurken gerät ist das eine riesen Freude.
Einige Wehrmutstropfen hingegen verdienen dabei vor allem James Franco und Kirsten Dunst. So sind ihre Darstellungen zwar völlig pasabel, aber die Charaktere geben inhaltlich noch viel zu wenig her, als das man sie für großartig halten könnte. Zwar brodelt in Francos Figur immer wieder ein recht wenig subtiler Vaterkomplex, dennoch ist diese Charakterisuerung so alt wie Hollywood selbst. Über Mary Jane Watson hingegen lässt sich indes noch weniger positives erzählen. So wird sie zwar als die große Liebe beschrieben, bekommt aber abseits einer Damsel in Distress und einigen Pubertären Eigenheiten keine nennenswerten Charaktereigenschaften. Abseits vielleicht von einem Vaterkomplex.
Unterdessen beklagt man sich gerne hin und wieder über die technischen Spielerreien des Filmes. So etwa die Effekte, die aus heutiger Sicht selbstverständlich niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken, sich auf der anderen Seite aber perfekt in das Trash-Gefühl fügen können. Auch das Alter von Onkel Ben und Tante May will man dem Film auch nach Jahren nicht so ganz abkaufen. Wobei der Film natürlich auch ganz eindeutige Qualitäten zu bieten hat und seine Stärke vor allem in der Charakterisierung und Tiefe seiner Hauptfigur sucht. Zudem sind dies eben auch eher kleinere Kinderkrankheiten, die dem Ganzen wenig an seinem Schauwert nehmen. Gleichzeitig wirken viele Momente wegweisend und ikonisch. So erinnert auch gerade das Finale zu Teilen stark an das Finale aus The Dark Knight. Auch das Einbringen von Nebencharakteren und erweiterten Schauplätzen, wie etwa dem Daily Bugle, machen den Film so charmant und zu mehr als nur einem Abklappern von Schauplatz zu Schauplatz. Und während Spider-Man so durch New York schwingt, wird er ganz nebenbei von Danny Elfmans iknoischem Score begleitet.
Über die Bedeutung von Spider-Man werden sich Filmhistoriker sicherlich noch eine Weile lang unterhalten. Doch das ist nebensächlich und der Film verdient seine Anerkennung nicht dadurch, den Puls der Zeit getroffen zu haben. Viel eher ist es das Feingefühl des Regisseurs, ein bis auf wenige Ausnahmen großartiger Cast und ein tolles Drehbuch, daß gerade die zwei Wichtigsten Akteure in einem Drama perfekt gegeneinader ausspielt. Sicherlich ist Spider-Man kein Shakespeare, doch unter der Oberfläche schlummert ein Film voller Symbolik, Systemkritik und vor allem Herz. Hier waren Leute am Werk, die das lieben, was sie da zeigen. Eine EIgenschaft die nur wenige Filme mit sich bringen und auch diesen Film von einem reinen Produkt abhebt.