Bewertung: 3.5 / 5
Der Waisenjunge Tarzan (Tony Goldwyn) wird vom Gorillaweibchen Kala (Glenn Close) in einem verlassenen Haus gefunden und adaptiert. Seine wahren Eltern wurden vom Leoparden Sabor ermordet und so wird der Menschenjunge von Kala und dem Gorilla-Rudelsführer Kerchak (Lance Henriksen) aufgezogen. Obwohl viele Tarzan mögen, wird der Junge längst nicht von allen Affen akzeptiert. Dennoch hat er Freunde unter den Einheimischen, so auch das Gorillamädchen Terk (Rosie ODonnell) und den Elefantenjungen Tantor (Wayne Knight). Lange Zeit buhlt Tarzan um Anerkennung im Rudel, doch sein Leben ändert sich schlagartig, als Menschen, unter ihnen auch die hübsche Jane (Minnie Driver), das Gebiet betreten.
Bei manchen Diskursen kommt man nicht mehr mit und es ist sicherlich auch nicht immer zu verstehen, was da gerade so kritisch betrachtet wird und warum. Nehmen wir die titelgebende Romanfigur und durchleuchten sie. Tarzan, erdacht und geschrieben von Autor Edgar Rice Burroughs ist eine Figur, die um Dschungel unter Affen, besser gesagt in dieser Verfilmung durch Disney, mit Gorillas aufwächst. So weit, so gut. Kritisch wird sie betrachtet, weil sie als weiße, männliche, gut gebaute Figur bei den Affen lebt. Mehr ist es zumindest in dieser und anderen Verfilmungen nicht. Und dennoch muss man sagen, daß gerade diese Figur aus dem liberalen und linken Lager heraus durchaus kritisch betrachtet wird, weil ein weißer Mann nach Afrika kommt, und den einheimischen Kultur und Pazifismus beibringt. Nun muss man an der Stelle recht schnell zynisch, ironisch und sarkastisch werden, weil man ja nur darauf kommen könnte, daß die Figur vielleicht rassistisch ist, wenn man es auch selber ist. Warum? Nun, es ist ja ganz einfach. Die Gorillas sind eben Tiere und stehen vielleicht symbolisch für Menschen, aber eben auch nur vielleicht und es obliegt ja einem eigenen, rassistischen und eingeschränkten Blick, zu glauben, diese Tiere stellten dann wiederum Menschen, Ureinwohner und dunkelhäutige Menschen dar. Insofern kann es in Tarzan nur einen Rassismus geben, wenn man selber ein kleiner Rassist ist. Entlarvend und idiotisch, aber so sind moderne Diskurse antiintellektueller Polemiker eben.
Natürlich muss man sagen, daß Tarzan als Film sicherlich auch nicht frei von Fehlern ist. Die Darstellung der Jungfrau in Nöten zu kritisieren, spare ich mir an der Stelle mal, weil man das Werk eben auch im historischen Kontext betrachten sollte. Ansonsten ist Jane ja eigentlich eine ganz ungewöhnliche Frau. Denn sie ist schon diese besagte Jungfrau, aber zu jedem Zeitpunkt eine Frau des Verstandes und eine Frau, die versucht den Frieden zu wahren. Klar, man könnte jetzt auch einen Sexismus hineindeuten, weil Jane nicht versucht, wie alle anderen die Affen zu töten und damit einem Klischee entspricht. Nämlich dem der sensiblen und kulturoffenen Frau. Aber das führt ja die gesamte Diskussion ad absurdum und führt im Endeffekt nur zu ewigen „Ja, aber...“. Jane Porter ist den Gorillas und den Männern rein physisch unterlegen. Das kann man nicht nur so sagen, das muss man so sagen. Ist halt Biologie, Leute. Und dennoch hat die Figur etwas Eigenmächtiges, weil sie ebenso gut es geht, auch in ihrer Zeit emanzipiert ist. Sie ist eine studierte, besser gesagt eine gelehrte Frau, die an Probleme intellektuell herantritt. Und man muss sich ja mal die Frage stellen, ob das wirklich so allen Frauen gelang zu jener Zeit. Natürlich könnte man im Hinblick darauf auch die Kapitalfrage stellen und sagen, daß sie das ja nur kann, weil sie gewisse Privilegien genießt. Doch das ist ja immer so und lernen kann auch ein Mann nur dann optimal, wenn er eben optimale Möglichkeiten hat. Insofern gibt es hier kein Problem.
In den 1990ern und 2000er Jahren haben sich viele Kulturprodukte, die zunächst auf Kinder zugeschnitten waren, vor allem damit rühmlich getan, daß sie den coolen Hip-Hop in ihre Werke haben einfließen lassen. Selbst die Augsburger Puppenkiste hat zum Ende hin Rapeinlagen in ihrem Puppentheater gehabt. Und viele Kinderserien haben Rapintros gehabt. Es war peinlich, damals schon. Und jener Tarzan ist ein Film aus einer Zeit, in der Disney noch nicht jedem Phänomen hinterhergerannt ist, um sich beim Publikum anzubiedern. Natürlich lässt sich auch über die Musik von Tarzan streiten, weil es eher eigentlich kein wirkliches Musical ist, sondern eine Phil Collins-Ego-Nummer. Die Figuren besingen ihre Gefühlslage hier nicht, was den Film deutlich von vielen Disney-Produktionen unterscheidet und ihn auch vom Musical so ein wenig trennt. Und irgendwie hat man tatsächlich auch Probleme damit, Herrn Collins zu verstehen. Es mag schlechten Ohren oder etwas Ähnlichem geschuldet sein, doch der Mann scheint hier vielleicht auch wirklich ein Sprachproblem zu haben. Ist ja auch kein Wunder, wenn man versucht seine eigenen Texte irgendwie in jedwede erdenkliche Sprache zu übersetzten. Das schadet dem Produkt hin und wieder. Muss aber auch nicht so schlimm sein. Interessant ist zudem, wo wir beim Zeitgeist und dem Anbiedern an „die Kids“ waren, daß Tarzans Bewegungen auf den Bäumen denen, eines Tony Hawk entsprechen. Das ist aber wirklich nur ein interessantes Trivia.
Und dann spricht Tarzan vor allem über Kolonialismus, das Ausbeuten fremder Länder und den Versuch, gewisse Kulturen zu vereinen. Ausgedrückt wird das vor allem durch Clayton. Eine Figur, die eben auch aus heutiger Sicht durchaus interessant ist. Sowohl aus filmischer, als auch kultureller Sicht heraus. Beginnen wir beim Film. Normalerweise haben Disney-Schurken ja häufig das Auftreten absoluter Dunkelheit. Schwarztöne, sofern es da ein Plural gibt, findet sich in sehr vielen Schurken von Disney. Die Böse Königin, Scar, Hades oder auch Frollo. Bei Clayton hingegen ist dieser optische Stil kaum bemerkbar. Die Figur hat zwar im Gesicht durchaus Anleihen des Klischees, ist aber primär in hellen Tönen gezeichnet. Das mag zwar auch der Zeit und dem Stil jener Tage entsprechen, ist aber durchaus im direkten Vergleich ein sehr interessanter Kontrast, der sich durchaus diskutieren ließe. Denn helle Töne stehen in der Regel auch für helle Seelen. Ausnahmen bildet da wohl häufig die Kirche, aber wir schweifen ab. Der Punkt ist, daß das düstere, eher durch den Dschungel und die Gorillas ausgestrahlt wird, wodurch der Film mit den von Disney mitentwickelten Klischees so ein wenig brechen kann.
Interessant ist Tarzan, weil er immer noch besser ist als sein Ruf und dem Ruf so gar nicht gerecht wird. Rein inhaltlich mag das hin und wieder altbacken wirken, es ist aber nun mal auch eine Geschichte, die Jahrhunderte in die Vergangenheit führt und somit nicht so ganz übertragbar ist. Der Film muss in seinem Kontext betrachtet werden. Und selbst wenn nicht, lassen sich die Themen durchaus noch zu einem Großteil genauso übertragen, wodurch der Film ein wenig zeitlos wird.
