Bewertung: 4.5 / 5
Dass es dabei durchgehend regnet und Nacht ist, unterstützt das Unbehagen über das Geschehene noch. Dies vermittelt die Tristesse und Hoffnungslosigkeit des Rachefeldzuges gegen eine vollständig von der Finsternis vereinnahmte Stadt noch eindringlicher und Bild und Botschaft gehen hier Hand in Hand. Der Regen hat Symbolcharakter, ist Symbol des stetigen Kampfes gegen das Unheil und zugleich für die Reinwaschung von den Sünden. Die Reinigung sowohl der Lebenden wie auch der Stadt selbst vom Unheil durch die Krähe. Bezeichnend, dass der Regen erst aufhört, wenn die Geschichte zu Ende ist. Die Frage danach, ob der Rachefeldzug des Unverwundbaren gegen die menschlichen, doch entmenschlichten Opponenten, erfolgreich verlaufen wird, stellt sich gar nicht. Dass die Krähe am Ende siegreich sein wird, steht nicht nur aufgrund der Hollywood-Konventionen von Beginn an fest, es ist in der Idee der Geschichte verankert. Der Weg ist das Ziel, doch die Frage ist eigentlich die, ob er auch Erlösung bringen wird.
Wenn der Rachefeldzug beendet ist, dann ist die Aufgabe erfüllt, doch zu welchem Preis. Letztlich geht es um die Liebe, die Liebe Erics zu seiner Shelly, die in der Hochzeit ihre Erfüllung finden sollte und dann doch so abrupt auseinandergerissen wird. Die Erlösung läge in der Erfüllung der Liebe und ob der Weg dahin über die Leichen verloren geht, darum dreht sich The Crow letztlich. Und diese Frage wird auch konsequent zu Ende gedacht.
Musik, Handwerk, Schwachpunkte:
Musikalisch kann The Crow ebenfalls überzeugen. Graeme Revell und Lustmord haben einen faszinierenden, das Gesehene unterstützenden, Score geschaffen der Rocksounds mit elektronischen Beats mischt und auch leicht esoterisch angehauchte Melodien beinhaltet. Wichtig ist dabei auch, dass sich der Score nicht auf die üblichen, plakativen Größen aus Rock und Metal beschränkt, sondern ohne Berücksichtigung großer Namen nur Musik verwendet, die zu den Szenen passen. Das alles passt perfekt zur surreal-düsteren Atmosphäre und vereint sich mit Handlung und Bildern zu einem verstörend-eindrucksvollen Ganzen.
Was das Handwerkliche angeht, hat Proyas Einiges richtig gemacht. Die Bildgestaltung ist, insbesondere angesichts des eher bescheidenen Budgets, opulent und weiß absolut zu gefallen. Zudem beeindrucken die tollen Sets und die Liebe zum Detail in deren Gestaltung. Bei der Inszenierung wird sich, wie bereits erwähnt, immer wieder des „Blicks durch die Augen der Krähe“ bedient und beeindruckende Kamerafahrten über die Stadt erfreuen den Zuschauer. Zudem ist die Action knackig inszeniert, ohne dabei blutrünstig zu werden. Die Tötungen werden stilisiert, Lee metzelt sich mit beeindruckender Leichtigkeit durch die Massen seiner Feinde, doch trotzdem verkommt das alles nicht zum Selbstzweck. Da ist es auch im Nachklang leicht verwirrend, warum der Film noch heute mit FSK 18 bewertet wird. Natürlich mag man dagegen halten, dass der Film doch Selbstjustiz glorifiziere. Es ist aber nun mal so, dass die Krähe bereits tot ist und lediglich die Mörder in symbolischer Form nachträglich mit in die Hölle reißt. Das hat nichts Glorreiches, sondern ist angesichts ihrer Taten lediglich konsequent und gerecht.
Probleme hat der Film vor allem bei der erwähnt etwas zu kurz abgehandelten Nebenhandlung um das Mädchen Sarah, die insbesondere in Bezug auf die Läuterung ihrer Mutter eher uninspiriert und leicht aufgesetzt wirkt, doch dabei auch den Rettercharakter der Krähe unterstreicht. Ansonsten gibt es einige eher holprige Schnitte, die ein wenig negativ im Fluss des Films auffallen. Letztlich sind das jedoch nur kleinere Störfaktoren in einem insgesamt überaus gelungenen Gesamtwerk.
Fazit:
The Crow überzeugt vielleicht nicht als perfekter Film und in allerletzter Konsequenz, ist jedoch ein verdammt beeindruckender Film geworden. Getragen von Lees Präsenz als düsterer Rächer, vermittelt durch enorm finstere Bilder und einen verregneten Moloch von Stadt, der seinesgleichen sucht, zieht einen Proyas Werk in seinen Bann. Die Handlung ist eng mit der Bildgestaltung und der Musik verknüpft und folgt einem sinnlich und sinnvoll erfassbaren Zweck. Dabei gerät der Rachefeldzug zur tragenden Nebensache unter dem eigentlichen Sinn, dem Kampf für die Erfüllung und Erhaltung der Liebe. Wenn sich all diese Elemente miteinander verbinden und dabei so ein homogenes und faszinierendes Ganzes herauskommt ist das beeindruckend.
So bekommt The Crow von mir
9/10 Punkten bzw. 4,5/5 Hüten,
weil er mich einfach von Anfang bis Ende gefangen genommen und beeindruckt hat. Der Film wird sicherlich nicht jedem gefallen und hat auch besagte kleinere Schwächen. Im Großen und Ganzen funktioniert der Film jedoch so verdammt gut und bedrückend, dass er einfach empfehlenswert bleibt. Von daher, von meiner Seite eine klare Anschau-Empfehlung.