Bewertung: 4.5 / 5
Vor acht Jahren nahm Bruce Wayne alias Batman (Christian Bale) die Schuld für den Tod von Harvey Dent auf sich. Seitdem gilt der dunkle Ritter als verschwunden und ebenso gesucht. Seit dieser Zeit hat sich viel in Gotham getan, sodass die Kriminalitätsrate stark gesunken ist und Commissioner Gordon (Gary Oldman) bald nicht mehr gebraucht wird. Eines Tages findet die mysteriöse Selina Kyle (Anne Hathaway) Zugang zum Wayne-Anwesen. Unterdessen bahnt sich eine neue Bedrohung in Form des maskierten Bane (Tom Hardy) an.
Immer, wenn man über die The Dark Knight-Trilogie spricht, gibt es eigentlich ganz klare Antworten auf bestimmte Fragen. Der erste, relativ erfrischend, aber nicht weltbewegend. Der zweite bahnbrechend und jedweder Hinsicht ein Superlativ und der dritte und letzte Teil eine Enttäuschung, die sich in etlichen Ungereimtheiten und Logiklöchern verliert. Nun, gehen wir dem doch mal nach. Klar, es gibt Logiklöcher. Warum warten zum Beispiel die Weltveränderer um Bane ganze sechs Monate, bevor sie diese Stadt, die sie so verachten und die sie in jedem Fall zerstören wollen, damit, die Stadt mit besagter Bombe in die Luft zu sprengen. Wenn sie es wollen, könnten sie es zu jedem Zeitpunkt. Natürlich erklärt sich der Film das, man kann es aber auch darüber hinaus erklären, indem eben behauptet, daß die größtmögliche Aufmerksamkeit, vielleicht auch für diese Tat, erst nach einer gewissen Weile generiert ist. Dann, wie kommt Batman eigentlich, nachdem er offenkundig zum Krüppel gemacht wird, wieder in Form und nachdem Batman erneut zum Krüppel gemacht wird, schon wieder. Extrem unrealistisch ist das, möchte man meinen. Ja, auch das. Es ist unrealistisch, aber auch nicht unrealistischer, als eine Bombe auf ein Polizeirevier zu bringen, oder auf solch billige Art und Weise eine Bank zu überfallen. Wieso findet Bane eigentlich Gordons Rede? Ja, kann Zufall sein, aber auch hier, muss ja nicht unbedingt sein, daß Bane genau die Rede hat, die Gordon vorbereitet hatte. Insofern kann auch das eine Finte sein.
Trailer zu The Dark Knight Rises
Ok, ja man kann sich das alles irgendwie erklären und es mag in ein oder anderen Moment durchaus etwas dürftig an Erklärung sein. Doch auf der anderen Seite wirft das eine Frage auf, die sich in den seltensten Fällen von The Dark Knight Rises überhaupt mal gestellt wird. Warum muss der Film sich erklären? Schließlich sind das alles Fehler, die bei jedem anderen Film, im übrigen auch beim direkten Vorgänger vollkommen in Ordnung wären. Und daher verdient dieses Werk durchaus auch einen gewissen Schutz, denn es handelt sich vermutlich nicht nur um ein stark von der Allgemeinheit unterschätztes Werk, sondern vermutlich auch den besten Teil der The Dark Knight-Trilogie. Und das hat ganz einfach mehrere Gründe. Zum Beispiel wäre da die Figur des Bruce Wayne. Ein von Geheimnissen und alten Wunden geplagter Mann, der zwar mit dem goldenen Löffel zur Welt kam, aber darüber hinaus alles verloren hat, was ihm etwas bedeutete. Dieser Film stellt dabei vor allem die Dualität zwischen Batman als Symbol und Bruce Wayne als Mensch in den Vordergrund. Es ist unglaublich anzusehen, wie Christian Bale in seiner ersten Szene diesen gebrochenen Mann verkörpert, der selbst schon, wie auch Batman, zum Mythos geworden ist. Er ist ein waschechter Philanthrop, der alles versucht hat, um die Menschheit zu retten und gescheitert ist. Zwar beweist der Film, daß die Verbrechensrate gesunken ist, doch macht er gleichsam auch in diesen Momenten deutlich, daß die wahren Verbrecher eigentlich die sind, die sich offiziell, noch nie etwas zuschulden kommen lassen haben.
Und dann spiegelt sich Batman in Selina Kyle und Bruce Wayne in Bane. Sie stellen alle Eventualitäten dessen dar, was sowohl Batman als auch Bruce Wayne mal hätte werden können. Mit der physischen Überlegenheit, die Bane natürlich gegenüber Batman hat, ist er tatsächlich eine Bedrohung, die man ernst nehmen muss, doch die eigentliche Gefahr geht davon aus, daß er wesentlich intelligenter zu sein scheint als Batman. Und ab dem Zeitpunkt wird es tatsächlich auch schwierig, über die Figuren im Film zu sprechen. Denn während Selina Kyle offenkundig nicht den Idealismus von Batman teilt, so stellt sie auch eine sehr interessante Frage über systemische Zusammenhänge in den Vordergrund. Gleichzeitig schafft der Film dabei die wohl nachvollziehbaren Schurken, nicht nur der gesamten Trilogie, sondern überhaupt in Blockbustern. Sie sind in jedem Fall sehr gut geschrieben. Und dann muss man vielleicht verstehen, daß in The Dark Knight Rises kaum eine Wandlung, oder etwas Derartiges wichtig ist. Klar, die gibt es und Figuren lernen dazu. Doch viel wichtiger ist, daß so ziemlich jede Figur eine wesentlich symbolischere Bedeutung bekommt, als das in herkömmlichen Filmen der Fall ist. Bruce Wayne steht für das Scheitern und eine Welt, die er verachtet. Batman für sein Ideal und das Ideal dieser Stadt. Alfred Pennyworth für die Bürgerlichkeit von Batman und die Vergangenheit. Gordon für das verlorene Ideal, aber auch für Kampfbereitschaft. John Blake für das junge Ideal und den Willen etwas zu ändern. Selina Kyle ist steht hier dafür, wie ein System Menschen gegeneinander ausspielt, die eigentlich an einem Strang ziehen. Auch der Neustart als Programm ist dafür sinnbildlich. Für Unschuld über Leichen zu gehen. John Daggett steht für den Neoliberalismus und den Kapitalismus und Bane steht eben für das Absolut und den Stalinismus.
Doch der Symbolismus, von dem sich Zack Snyder in seinen Autounfällen von Filmen wie Man of Steel (2013), mal etwas abschneiden könnte, geht weit über diese Dinge hinaus. Es ist zum Beispiel ein genialer Symbolismus, wenn ein Bruce Wayne als Mensch, in dieses abgeschiedene Gefängnis gelangt und dann ohne Stütze, ohne Hilfe aus dem metaphorischen Brunnen, denn das Gefängnis stellt eindeutig einen Brunnen dar, herausklettert. Es ist die Überwindung von Angst und es ist eine Art von intellektuellem Pathos und eine Stärke, die man so ganz selten im Blockbuster sieht. Ähnlich sind auch die Kämpfe zu verstehen. Es geht nämlich in The Dark Knight Rises auch viel um Realismus. Und so kommt es zu einem wirklichen Faustkampf zwischen Bane und Batman. Der ist nicht schön anzusehen und mitunter sogar recht anstrengend, aber es ist wohl der realistischste und brutalste Kampf der Reihe. Es hat etwas von realistischem Wrestling, wenn Bruce Wayne sich abmüht Bane irgendeinen Schaden zuzufügen, obwohl er keinerlei Kraft mehr besitzt. Natürlich könnte man auch fragen, wie Bruce Wayne am Ende genesen kann, die Nummer mit der Atombombe ist vielleicht auch weit hergeholt und viele stören sich ja auch immer daran, daß man nicht sieht und es nicht logisch wäre, daß Bruce Wayne zurück nach Gotham gelangt. Nun, daß sind aber absolute Nichtigkeiten und darüber kann man sich wirklich nur aufregen, wenn man auch jeden Slasher mit Audiokommentaren schaut, um die Handlung zu verstehen. Das ist wirklich antiintellektueller Scheiß. Sorry, aber so ist es.
Den Hass, besser gesagt die Abneigung, die The Dark Knight Rises erleidet, ist unberechtigt. Es ist vermutlich Nolans drastischer Film, der sich darüber hinaus auch sehr auf seine Hauptfigur fokussiert und Klassenfragen und einen Umsturz in den Mittelpunkt rückt, der unangenehm ist. Gleichsam ist der Film brillant besetzt und weist mitsamt seiner Figuren die wohl smybolischste Interpretation der Batman-Werke auf.