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Wenn die Gondeln Trauer tragen

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Wenn die Gondeln Trauer tragen Kritik

Wenn die Gondeln Trauer tragen Kritik

Wenn die Gondeln Trauer tragen Kritik
0 Kommentare - 20.06.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ist.

Bewertung: 4 / 5

Als die Geschwister Johnny (Nicholas Salter) und Christine (Sharon Williams) auf einer Wiese spielen, verlässt Vater John Baxter (Donald Sutherland) aufgrund einer Vorahnung das Haus und rennt in panischer Angst zum kleinen See, wo die Kinder spielen. Die kleine Christine stirbt, weshalb sich John und Ehefrau Laura (Julie Christie) einen Weg suchen, mit der Trauer umzugehen. Auf ihrem Weg nach Venedig treffen sie auf die Schwestern Wendy (Clelia Matania) und Heather (Hilary Mason), die behaupten, sie können Kontakt mit der Toten aufnehmen.

Es gibt Geschichten, die werden auf Ewigkeiten gedeutet und können vielleicht nie ganz erfasst werden. Man kann das genial nennen, weil es herausfordernd sein kann und dem Menschen, als arrogantes Wesen entgegensteht. Wenngleich natürlich auch die Frage im Raum steht, ob nicht jedes Konstrukt, jedes Konzept vom Leben sowieso Mensch geschaffen und damit vollends erklärt und auch vollends nicht verstanden werden kann. Es ist paradox, weil wir als Individuen die Welt schaffen und gleichzeitig verstehen wollen. Das unterscheidet uns vom Tier, wie auch freier Wille und all die anderen Dinge, die den Menschen zu Menschen machen. Warum diese theologische, philosophische, oder auch pseudophilosophische Vorarbeit nun wichtig ist, ist damit zu begründen, daß es sich bei Wenn die Gondeln Trauer tragen um einen Film handelt, die ziemlich komplex ist. Zunächst sei dazu gesagt, daß die Geschichte auch den Anschein erweckt, oder faktisch gar so aufgebaut ist, daß man sie nicht verstehen kann. Und damit kommen wir wieder zum Menschen, denn er ist ein Zweifler. Hin und wieder gibt es ja diese Art von Kunst, die sich anschickt, weit über allen Verständnissen zu stehen. Das kommt nicht oft vor und ist meistens irgendeine Form religiöser Macht oder esoterischem Humbug. Ich persönlich sah die größte Angst eigentlich immer im rationalen, in der Realität, wenngleich es da auch schon etliche Werke zugab, die sich damit mehr oder weniger befassten. Der Sandmann (1816) von E. T. A. Hoffmann zum Beispiel.

Und der Vergleich ist gut, wenngleich die Prämisse zunächst eine andere ist. So geht es hier um ein Ehepaar, daß einen Verlust erleidet. Ein Kind stirbt und plötzlich befinden sie sich in Venedig, um darüber hinwegzukommen. Es dauert ein wenig darüber zu schreiben, weil es tatsächlich viel dazu zu erklären gibt. Denn Wenn die Gondeln Trauer tragen, macht ein ähnliches Szenario zweier Menschen auf, die in ihrer Philosophie unterschiedlich an das Leben und vor allem an Überirdisches herangehen. Dort treffen sie zunächst aber zwei Frauen, die erstaunlicherweise eine recht seltsam anmutende Beziehung zueinander pflegen, zumindest aus der Sicht der 1970er Jahre. Und diese Damen behaupten dann, vor der trauernden Mutter Laura Baxter, daß sie Kontakt zu ihrer Tochter im Jenseits aufbauen können. Erstmal so etwas, was irgendwie so klingt, als hätte es M. Night Shyamalan verfasst. Jedenfalls behauptet dann eine der Damen, aus irgendwie unerfindlichen Gründen, daß auch besagter Mann John Baxter die Fähigkeit besäße, mit dem Jenseits in Kontakt zu treten. Solche Geschichten passen natürlich in die 1970er Jahre, in denen vor allem Werke wie Der Exorzist (1973) große Erfolge feiern konnten. Und an der Stelle ist natürlich die Frage, ob man sich dem auch nicht dann verschließt, weil eben jener Glauben schon abverlangt, daß so ziemlich alles, was man weiß, über Bord wirft.

Die Lebensgeschichten und der Umgang mit der Trauer der beiden Hauptfiguren verläuft dabei in entgegengesetzte Richtung. Während gerade die Mutter fast euphorisch nach einer Möglichkeit sucht, sich mit der toten Tochter in Verbindung zu setzten, aber auch hysterisch auf einen Anruf von zu Hause reagiert, der sie zwingt, eben kurzzeitig das Land zu verlassen, hat man dann den Mann, der eben wie ein harter Brocken auf den Verlust blickt. Aus heutiger Sicht würde man das vermutlich sehr negativ wertend betrachten, weil er wie jemand wirkt, den selbst der Verlust der eigenen Tochter nicht aus der Bahn wirft. Nicht mal eine Minute. Doch dann beginnt auch er zu zweifeln, wie genau das vonstattengeht. Nun, durch Wahrnehmung, durch Verarbeitung und Deutung bestimmter Bilder. Dabei lässt Roeg schon so ein wenig offen, inwieweit hier irgendwas real ist und was nicht. Doch das ist gleichsam auch ein Problem, daß Wenn die Gondeln trauer tragen eindeutig nicht loswird. Es wirkt wie ein Geniestreich, weil man es nicht verstehen kann. Und auch da ist dann wieder dieses Zweifeln auf einer anderen Ebene. Denn ja, in einer postmodernen Zeit, in der sich alles Mögliche so weit erklären lässt, daß wirklich nichts mehr über dem Menschen steht, tut ein wenig Demut sicherlich ganz gut. Auf der anderen Seite muss man auch sagen, daß das irgendwo auch ein billiger Trick ist, nach welchem eben viel zu viele Intellektbolzen auch heute ihren Nonsens erklären. Beispiele für überschätzte und sich selbst überschätzende Künstlerinnen und Künstler gibt es ja ohne Ende. Es ist ein schmaler Grat und man kann sich nie so genau sicher sein, in welche Richtung sich Nicolas Roeg mit diesem Werk bewegt hat.

Und dennoch muss man sagen, daß Wenn die Gondeln trauer tragen, handwerklich zumindest einiges richtig macht. Es kommt eine gewisse Symbolik rüber. Und das ist tatsächlich herrlich untertrieben. Denn der gesamte Film besteht quasi nur aus Symbolismus. Dabei etwa auch Venedig als Ort. Man kennt das in der Regel eher als von Sonne und Schönheit durchtränkten Ort der Ruhe, vielleicht der Liebe und der schönen, wahrhaftigen Momente. Nicht so bei Roeg, der die Stadt eigentlich ein Gruselkabinett, samt klaustrophobischer Beengtheit verwandelt. Irgendwo dort soll ein Geheimnis liegen und irgendwo dort auch die Wahrheit. Doch was die Wahrheit ist, da wären wir wieder beim Thema von vorhin. Subversiv ist das alle mal und es gelingt dem Film auch irgendwo eine eigenartige Faszination auszustrahlen. Ob es dem aber gerecht wird, daß darf dann wirklich bezweifelt werden.

Symbolismus, unentwirrbares Rätsel. Die Suche nach der Wahrheit in Wenn die Gondeln Trauer tragen ist eine, die kein Ende finden wird. Das muss es auch nicht, wenngleich das anstrengend sein kann. Darüber hinaus liefert der Film eben mehr Fragen als Antworten auf etwas, was modernen Geschöpfen sicherlich irgendwo guttut und dann wiederum weitere aufwirft. Am Ende bleibt nichts, nur die Erkenntnis über den Menschen als ewig ambivalentes Wesen.

Wenn die Gondeln Trauer tragen Bewertung
Bewertung des Films
810

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