Bewertung: 5 / 5
Ich habe Zwei Glorreiche Halunken bereits mehrfach besprochen, auch auf MJ im Quervergkeich mit anderen herausragenden Vertretern des Genres. Hier nun die wohl abschliessende Besprechung dieses Ausnahmewerkes aus dreierlei Sicht: Der Sohn, der mündige Mensch und der Vater. Eines vorweg - und damit kann jeder, der kein Bock hat wirklich weiter zu lesen, auch gleich abdampfen - Der Film überzeugt alle drei!
Der Sohn
Als ich Zwei glorreiche Halunken das erste Mal sah, kannte ich eigentlich nur den Westernheld des Opas John Wayne, der gelackte alte Knacker mit dem Halstuch, der schon leicht gebückt seinen Wanst durch die Filme schob und außer dämlich grinsen nicht viel tat. Dann hatte mein Vater irgendwann ein Erbarmen mit der kleinen Wurst und zeigte ihm einen richtigen Western. Keine Ahnung wie alt ich damals war, aber sicherlich keine 10, und der Film ging bis lockjer nach 1 Uhr morgens. Aber ich war sowas von geflasht, Charaktere, Musik, Aufbau, schon als KInd erkannte ich die Größe des Films, die überlebensgroßen Figuren, die geniale und überragende musikalische Untermalung, sie sollte mich nicht mehr loslassen. Aber hauptsächlich war einfach alles cool.
10 Punkte.
Der mündige Mensch
Als erwachsener Mensch hat man sehr häufig das Problem, Filme seiner Kindheit plötzlich mit anderen Augen zu sehen und plötzlich ihre Schäbigkeit zu erkennen. Besonders hart ist dies zumeist bei Filmen, die man mal geliebt hat (z.B. Flucht ins 23. Jahrhundert) oder wegen ihrer Kompromisslosigkeit schon als Kind sich ehrfürchtig gemerkt hatte (Das Ultimatum, Zeuge einer Verschwörung). Vor allem das Genre des Italowestern ist prädestiniert für einen solchen Revisionismus. Ich will jetzt nicht den cineastischen Nestbeschmutzer spielen, aber vor allem solch ein Film wie Silencio (Leichen pflastern seinen Weg) lebt sehr stark von seiner Erstsichtung und dem Zeitpunkt des Erscheinens, sowie den darstellerischen Leistungen der Beteiligten, nie war Kinski wirklich stärker. Aber wenn man dann sich selbst weiter entwickelt und tatsächlich das Filmemachen sich auch weiter entwickelt und Erzählformen sich verändern sowie Sehgewohnheiten, ändert sich auch die subjektive Wahrnehmung eines solchen Werkes (sehr eindringlich und leicht verständlich runter gebrochen wurde diese Thematik anhand des Beispiels des Filmes Vertigo im Sci-Fi-Klassiker 12 Monkeys), so dass ich beispielsweise jenes Werk von Corbucci mittlerweile nur noch aus filmhistorischer Betrachtung heraus als herausragend ansehe und nicht als Film per se. Als Film per se würde ich ihn persönlich immer als Double-Feature mit dem ambitionierten und kolossal gescheiterten Heavens Gate empfehlen, da hier das gleiche Narrativ erzählt wird, beide Filme überzeugen nicht vollends, aber geben ein komplettes Bild ab.
Zurück zu The Good The Bad the Ugly: Der Film hält dem Zahn der Zeit mühelos stand, da er eben neben seiner Coolness, und der Dekonstruktion seines Genres (Italowestern, logisch) gleichzeitig sehr viele weitere Ebenen gibt, die das Gesehene immer wieder und immer weiter erweitern und auffächern: Das geht damit los, wie er das Mann-Frauen-Bild der Figuren definiert und über diese auch definiert, dass die Männer allesamt Schurken sind, nur derjenige, der am wenigsten Schurke ist, ist so etwas wie ein Held. Das wird sowohl direkt über van Cleefs Charakter, oder indirket über Tuco transportiert (zB sein am häufigsten gebrauchtes geflügeltes Wort). Leone wird sehr häufig fälschlicherweise Mysoginie vorgeworfen, nichts könnte weiter weg sein von der Realität. Das geht darüber, dass dieses noch junge Land eben seine Unschuld verloren hat und seine Pioniere allesamtz korrumpiert hat, das geht darüber, mit welcher humanistischen Botschaft der Krieg adressiert wird, und dass die, die sich tatsächlich um etwas kümmern eben vor die Hunde gehen. Das ist neben seiner fulminanten coolen Inszenierung eben ein absolut melancholischer Abgesang auf den Wilden westen im allgemeinen und ein Abgesang auf die Menschhgeit im Speziellen. Der Film hat alles, was nur ein paar Jahre später Spiel mir das Lied vom Tod ausmacht, und noch massig mehr, der Film ist ein einfach nicht enden wollender (im positiven Sinne!) Wust an glorreichen Ideen, die wirklich jedes Genre sprengen würden, und nur von der Spielfreude vor und hinter der Kamera zusammengehalten, der Film ist mehrere Filme auf einmal, und keiner davon ist schlecht. Und wenn man dann im Finale merkt, dass eben dieses auch heute noch großartigste aller Trielle im Prinzip nur eine große Mogelpackung ist, dann vergibt man es ihm nicht nur sehr gerne sondern ist über auch diese weitere sehr sehr froh. Hammer
10 Punkte
Der Vater
Das ist jetzt der kritischste Aspekt. WEs kann ja durchaus sein, dass einem ein Film seit seiner Kindheit gefällt und dass dieser Film auch heute noch als großartig angesehen wird trotz der Veränderung von diversen Parametern, einfach auch weil man trotzdem ein subjektiver Mensch ist, aber heisst das trotzdem, dass der Film auch die heutige Generation abzuholen in der Lage ist? Bei einigen Filmen meiner Kindheit ist das deutlich gescheitert:
Rocky (einer meiner erklärten Lieblingsfilme) hat bei meinen Kindern ein Achselzucken hervorgerufen, sie waren sogar mit dem Ende so zufrieden (dass er verloren hat), dass sie keinerlei Ambitionen hegen, eine Fortsetzung davon zu sehen. Einerseits hat mich das überrascht, andererseits fand ich es auch ok. Und vor allem muss ich sagen, dass ich mir sehr sehr häufig auch wünsche, dass ich Rocky 2 (ab der zweiten Hälfte) sowie diverse Fortsetzungen nie gesehen hätte, da die Reihe des Rocky-Kosmos eigentlich zunehmend unrecht tut.
Zurück in die Zukunft is ein Nice Film, der aber nie über ein Sonntagsnachmittagfilmchen hinaus kjommt, trotzdem wohlwollend aufghenommen wird. Ähnlich bei den ersten beiden Karate Kids.
Star Wars wurde hingegen übelst gerupft, von wegen "Vorhersehbarer Scheiss" - da spielt natürlich zwar auch Popkultur eine Rolle, aber wenn eine Figur recht spät auftaucht im Film und es heisst, wir müssen uns später mal über alte Zeiten austauschen, wissen die Kinder heutzutage: "Den sehen wir nie wieder."
Enter Zwei Glorreiche Halunken:
Die ersten zehn Minuten war schon recht happig, man wurde ungeduldig ("Ist das ein Stummfilm?", "Was soll denn an diesem Film cool sein?", "Außer der Musik hat der bisher nichts gerissen.") Aber recht schnell nach dem Mord am Auftraggeber war man im Flow. Und recht schnell fand man den Film richtig cool. Und das wirklich interessante: Sie waren sich einiger Tropen bewusst, so dass das Endergebnis keinerlei Überraschung bot, und auch nicht, dass kein name auf dem Stein stand. Originalzitat vor dem entscheidenden Duell: "Warum sollte der Blonde da was drauf schreiben, der legt die rein!"
Und trotzdem waren sie vollauf begeistert, Cooler Film, zeitlos gut: 10 Punkte
Mehr gibt es natürlich immer zu diesem Meisterwerk zu sagen, aber ist völlig unnötig.