Hinweis: Dies ist ein individueller Messebericht, der persönliche Ansichten enthält
++ Update vom 27.08.2023: Die Gamescom 2023 ist vorbei und die Veranstalter dürften mit dem Ergebnis äußerst zufrieden sein. 320.000 Besucher aus mehr als 100 Ländern schauten über die Tage vorbei. Das sind 55.000 mehr als vergangenes Jahr. Für den Rekord aus dem Jahr 2019 von 373.000 reichte es aber nicht ganz. Zusätzlich mit den etwa 31.000 Fachbesuchern, von denen um die Hälfte ebenfalls aus dem Ausland angereist war, zeigt sich der hohe internationale Stellenwert der Messe. Hinzu kommen 20 Mio. Views für die Opening Night Live, was einen neuen Rekord darstellt.
Angesichts dieser Zahlen darf bei der Gamescom weiterhin von einem großen Erfolg gesprochen werden. Die größte Computerspielmesse der Welt kehrt auch kommendes Jahr wieder zurück, wenn sie vom 21. bis 25. August 2024 abgehalten wird.
++ News vom 26.08.2023: Es war mal wieder soweit, die größte Computerspiel-Messe der Welt, die Gamescom in Köln, hat ihre Tore für Spieler und Spielerinnen aus der ganzen Welt geöffnet und diese kamen natürlich in Scharen herbeigeeilt. Schon im Vorfeld konnte man neue Rekorde vermelden, über 1220 Aussteller aus 63 Ländern ist noch mal eine Steigerung zum letzten Jahr (1135 aus 53 Ländern). Auch die Ausstellungsfläche wurde noch einmal vergrößert, von 220.000 Quadratmetern vergangenes Jahr zu 230.000 in diesem. Die finalen Besucherzahlen liegen uns noch nicht vor, doch schlecht werden diese sicher nicht aussehen. Also alles toll und zufriedenstellend? Leider nicht ganz, denn die Zahlen täuschen leider ein wenig.
Viel Glanz, wenig Inhalt
Je nach Geschmack werden für den ein oder anderen mit Sicherheit große Highlights vor Ort gewesen sein, sei es Tekken 8, Mortal Kombat 1, Armored Core VI: Fires of Rubicon oder Black Myth: Wukong. Aber flächenmäßig war die Auswahl, vor allem an großen Highlights, dann doch in diesem Jahr eher rar gesät und die Gamescom als ganzes wirkte dadurch eher kleiner statt größer.
Es ist schön, dass man einen neuen Rekord an Ausstellern erreicht hat, doch für den normalen Besucher ergibt sich viel eher ein Bild, als dass welche fehlen würden. Es bringt eben nichts, wenn dieser Rekord vor allem auf mehr Aussteller im Business Bereich zu führen ist, statt in der für alle zugänglichen Entertainment Area. So war es bspw. durchaus spürbar, dass Sony in diesem Jahr nicht vor Ort war. Microsoft hatte zwar für ihre X-Box den bisher größten Stand ihrer Gamescom-Geschichte zu bieten, doch auch hier hieß das nicht, dass sogleich auch die Auswahl größer war.
Richtig ärgerlich wurde es dann, wenn wir zum nächsten Punkt kommen. Denn das Schöne an der Gamescom ist doch, dass Besucher hier die Möglichkeit haben, erstmals selbst Hand an einigen der kommenden Highlights zu legen. Zumindest war dies früher so. In diesem Jahr sorgen vor allem zwei Spiele dahingehend eher für Kopfschütteln.
Da wäre zum einen Nintendos Super Mario Bros. Wonder. Das Spiel wurde zur Überraschung vieler vor einigen Wochen vorgestellt und lange warten brauchen wir auch nicht, erscheint es doch bereits am 20. Oktober, also in etwas weniger als zwei Monaten. Wäre doch die ideale Gelegenheit, es auf der Gamescom vorzustellen, oder? Leider glänzte das Spiel einzig mit Abwesenheit. Stattdessen brachte man ältere Mario-Spiele zur Gamescom oder das bereits erhältliche The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom.
Noch unverständlicher handelte man bei Starfield. Es ist wohl der größte Titel aktuell und einer der größten in diesem Jahr. Hier ist der Release sogar bereits kommende Woche, am 1. September. Doch konnte man es anspielen? Nein. Man hatte bei Microsoft zwar einen Stand, dort bekam man jedoch nur eine Präsentation mit einem Trailer und einer zusammengeschnittenen Fassung des Anfangs vom Spiel, also immerhin Gameplay-Szenen. Aber wie gesagt: Extra zusammengeschnitten. Das sah zwar alles wirklich toll aus, aber man kann sich des Gedankens nicht verwehren: Was will Bethesda verheimlichen? Wieso kann man das Spiel nicht einfach unbearbeitet zeigen oder sogar selbst testen? Die Vorgehensweise hier ist schlichtweg merkwürdig und liefert Anlass zur Sorge.
Was hatte die diesjährige Gamescom denn sonst zu bieten? Man konnte sich bei einem Frisör die Haare schneiden lassen, am Netflix-Stand in einige ihrer Produktionen eintauchen, beim Stand von Star Wars - Ahsoka per 360° Video selbst zum Jedi werden oder bei RTL ein bisschen Football spielen. Was haben diese Dinge alle gemeinsam? Sie haben nichts mit Videospielen zu tun.
Netflix & Co erobern die Gamescom
Es hat schon immer Stände auf der Gamescom gegeben, die nicht in erster Linie etwas mit Videospielen zu tun haben. Crunchyroll zum Beispiel ist regelmäßig vertreten, was auch Sinn ergibt aufgrund einiger Anime-Videospiele auf der Messe. Auch jemand wie die Bundeswehr nutzt die Messe für eigene Werbung. Solche Stände hat es wie gesagt schon immer gegeben. Doch in diesem Jahr wirkten diese Stände einfach wesentlich prominenter.
Netflix hatte zum Beispiel einen der größten Stände auf der gesamten Messe und er war zudem auch äußerst sehenswert. Jetzt investiert der Streamingdienst mittlerweile auch in eigene Videospiele, doch von denen war nichts zu sehen. Es ging in erster Linie um ihre Serien und Filme. Lediglich im Stranger Things-Bereich gab es eine kleine Arcade-Halle mit Spieleautomaten, jedoch handelte es sich dabei um Klassiker wie Pac-Man oder Asteroids. In einer kleinen Pizza-Bude, nachempfunden von der aus der vierten Staffel, gab es zudem Gratis-Pizza.
Daneben waren auch Wednesday, The Witcher und Squid Game mit eigenen Bereichen vertreten. Außer tanzen, was essen & trinken oder tolle Fotos machen konnte man hier aber nicht. Zusätzlich gab es auch noch einen Bereich für Rebel Moon Part 1 - Kind des Feuers. Hierzu kommen wir aber zum Ende hin noch einmal, aus Gründen. Seid gespannt.
Die Peinlichkeit, die sich RTL nennt
Mit den Übertragungsrechten zur NFL frisch im Gepäck, war auch RTL mit einem Stand vertreten, auf dem man selbst ein paar Bälle werfen durfte. Hier machte man natürlich Werbung für die kommende Saison und präsentierte sogleich auch das eigene Maskottchen. Doch leider wurde RTL auch seinem Ruf mal wieder gerecht.
Schon in der Vergangenheit fielen sie auf der Messe mit unangebrachten Fragen eher negativ auf und zeichneten zudem ein wenig schmeichelhaftes Bild der dortigen Besucher. Für einige Jahre war der Sender auf der Messe gar nicht gern gesehen. Dies ist inzwischen eine Weile her, Zeit also, in ein neues Fettnäpfchen zu treten. Denn eigentlich dachten wir, die Zeit der sogenannten Messebabes sei zum Glück vorbei. Da hatten wir wohl nicht mit RTL gerechnet.
In den Anfangsjahren der Gamescom war es ein gängiges Bild auf der Messe: Oftmals junge Frauen in sehr knapper Bekleidung, die nur dafür da waren, Leute an die Stände zu locken oder um Aufmerksamkeit zu generieren. Wer nicht versteht, warum dies frauenfeindlich und sexistisch ist, dem ist wohl nicht zu helfen. Wer nicht erkennt, wie falsch es ist, Frauen zu bloßen sexuellen Objekten zu degradieren, hat leider nichts gelernt. Auftritt RTL.
Man könnte fast sagen, sie nutzen eine Art Schlupfloch, denn an ihrem NFL-Stand befanden sich keine klassischen Messebabes in dem Sinne, sondern Cheerleader. Macht es das besser? Persönlich gesehen: Nein. Es sind junge Frauen in knappen Bekleidungen, die da sind, damit vor allem junge Männer sie angaffen und es gar nicht abwarten können, Fotos mit ihnen zu machen. Es ist ein Rückfall in alte Zeiten, von denen wir eigentlich dachten, dass sie inzwischen hinter uns liegen.
Quo vadis, Gamescom?
Veränderungen sind nichts Schlechtes, sie gehören zum Leben dazu. Was jedoch nicht heißt, dass sie immer gut sind. Die Gamescom zeigte schon im letzten Jahr, dass sie dabei ist, sich zu verändern. Die größte Computerspiele-Messe der Welt wurde zuletzt immer größer und gewann auch immer mehr an internationaler Bedeutung, vor allem mit dem Wegfall der sonst sehr wichtigen Messe E3 in Los Angeles. Es ist daher kein Zufall, dass einige Größen dieser Industrie wie Todd Howard von Bethesda oder Phil Spencer von Microsoft in diesem Jahr sogar persönlich vorbeikamen. Denn auch die Opening Night Live der Gamescom, moderiert von Geoff Keighley, hat sich mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Gaming-Jahres etabliert.
Einige Veränderungen sind also durchaus positiv und verhelfen der Messe zu einer noch größeren Bedeutung. Doch im letzten Jahr änderte sich der Fokus der Messe teilweise, weg von den Spielen und hin zu den Influencern und Streamern, die plötzlich gefühlt die Messe übernommen hatten. Man wusste es plötzlich nicht mehr: War dies eine Messe für Computerspiele oder ein Treffpunkt für Streamer mit ihren Fans? Dass einige Streamer dabei waren, die sich zudem für viel zu wichtig nehmen und meinten, die Messe sei ihre persönliche Plattform und dort sogar Streitereien untereinander ausgetragen wurden, hat es wahrlich nicht besser gemacht.
In diesem Jahr, wie weiter oben bereits beschrieben, erleben wir zudem, wie immer mehr andere Stände, die nichts mit Videospielen zu tun haben, einen immer prominenteren Platz auf der Messe einnehmen. Es ist sicher nicht falsch, dass die Gamescom sich weiterentwickeln möchte, aber sie läuft dabei Gefahr, den Fokus auf Videospiele ein wenig aus dem Blickfeld zu verlieren.
Wir wollen aber nicht leugnen, dass dies auch noch Nachwirkungen der Pandemie sein könnten. Im letzten Jahr war es eine schwierige Messe, da viele Publisher noch nicht wieder bereit waren, mit eigenen Ständen teilzunehmen. In diesem Jahr sah dies schon wieder wesentlich besser aus und vielleicht ist der aktuelle Zustand der Messe noch auf diese Nachwirkungen zurückzuführen. Und man kann dies ja durchaus auch positiv sehen, dass die Gamescom mittlerweile eine so hohe Bedeutung bekommen hat, dass auch andere große Namen, wie eben Netflix, Teil dieser Plattform sein möchten.
Ein anderes Ärgernis ist wohl eher persönlicher Natur und betrifft nur eine bestimmte Gruppe an Besuchern, nämlich die Fachbesucher und Medienvertreter. Natürlich bedeutet die Gamescom für die meisten in erster Linie ganz viel Spaß, für viele andere jedoch auch Arbeit. Und speziell für diese Leute gibt es den Fachbesucher- und Medientag, zu dem Privatbesucher in der Regel keinen Zutritt haben. Dies hat natürlich den Vorteil, dass die Gamescom an diesem Tag wesentlich leerer ist, wobei "Leer" hier nicht missverstanden werden sollte. Sagen wir, es ist nicht so übertrieben voll wie an den Besuchertagen. Und dass ist auch gut so, denn dadurch hat man eher die Gelegenheit etwas von der Messe zu sehen und die Spiele anzuspielen, ohne drei Stunden anstehen zu müssen.
Hier ein Vergleichsbild, oben ohne und unten mit Privatbesuchern:
Es war in den letzten Jahren eine Art kleines Geheimnis, dass auch Privatbesucher an diesem Tag auf die Messe können, wenn man es denn weiß. Vor Ort konnte jeder stets ab 13 Uhr, je nachdem wie voll die Messe war (und an diesem speziellen Tag war sie eben nie so richtig voll), an den Tageskassen Eintrittskarten als Privatbesucher für diesen eher exklusiven Tag erwerben. Und auch wurden oft sogenannte Wildcards im Vorfeld der Messe verlost, so dass einige glückliche Gewinner so ebenfalls Zugang an dem Tag erhielten, ebenfalls ab 13 Uhr. Alles sehr zum missfallen der Leute, die an diesem Tag dort arbeiten müssen. Denn die Privatbesucher machen dies wesentlich schwerer.
Mittlerweile haben die Veranstalter jedoch noch einen draufgesetzt und aus dem "Geheimnis" ein Geschäft gemacht. Denn diese Wildcards für den Fachbesucher- und Medientag werden mittlerweile nicht nur per Gewinnspiele verlost, sondern können auch für den stolzen Preis von 59 Euro erworben werden. Es erhöht die Besucherzahlen der Messe und führt vielleicht sogar zu neuen Rekorden und steigert natürlich auch die Einnahmen. Leider verwässert es aber auch die Exklusivität dieses Tages und macht die Arbeit für die Menschen an diesem Tag nicht gerade einfacher.
Unser großes Highlight
Vielleicht seid ihr schon drauf gekommen, wir waren nicht allzu begeistert von der diesjährigen Gamescom und so wirklich viel zu spielen gab es für uns dort in diesem Jahr nicht. Aber auch wenn wir es teils kritisiert haben, haben wir uns natürlich, aus naheliegenden Gründen, über den starken Anteil an Filmen und Serien gefreut, die dort vertreten waren. Und dann gab es ein Highlight, wodurch diese Gamescom für uns gar zu einer unvergesslichen wurde.
Bereits auf der Opening Night Live war Rebel Moon Part 1 - Kind des Feuers ein großes Thema, präsentierte Zack Snyder dort doch persönlich den ersten Teaser-Trailer zum Film. Und auch auf der Messe war der Film am Stand von Netflix mit einem eigenen Bereich vertreten, in dem die Kostüme aus dem Film ausgestellt waren.
Was wir nicht wussten, war, dass Mr. Snyder nicht nur für die Show am Dienstag Abend nach Köln gereist war, sondern auch noch am Mittwoch, dem Fachbesucher- und Medientag der Gamescom, auf der Messe anwesend war. Und ja, wir haben ihn getroffen!
Es war dabei mehr ein Zufall, denn tatsächlich wussten wir davon nichts und sahen schlicht, dass am Stand von Netflix, eben dort, wo Rebel Moon seinen Bereich hatte, ungewöhnlich viel los war, was unsere Neugier weckte und wir den Bereich dann sogar abgesperrt vorfanden. Und in diesem abgesperrten Bereich war eine Person in einem weißen Hemd, die irgendetwas mit seinem Handy zu filmen schien. Es dauerte einen Moment, bis uns klar wurde, dass dies Zack Snyder war!
Es stellte sich anschließend heraus, dass im Vorfeld einige ausgewählte Gäste zu einem Meet & Greet eingeladen wurden. Man traf Snyder, konnte ein wenig mit ihm plaudern, bekam ein vor Ort handsigniertes Poster zum Film und sogar ein gemeinsamen Foto. Wir gehörten natürlich nicht zu den geladenen Gästen, es waren mitunter Content Creators und diese Einladung eine Art Belohnung für ihre Arbeit.
Es stellte sich jedoch heraus, dass Mr. Snyder, oder Zack, wie wir ihn mittlerweile nennen *zwincker*, ein sehr netter und sympathischer Mensch ist, denn obwohl die Veranstaltung vorbei war, nahm er sich anschließend noch für einige der eigentlich nicht geladenen Gäste Zeit. Er kam zu uns, plauderte ein wenig, verteilte noch einige Poster, die er schnell signierte und stellte sich auch für Bilder zur Verfügung. Wir müssen es so sagen: Ein echt netter Kerl!
Bis zum nächsten Mal
Wir hätten im Vorfeld nicht gedacht, während der Gamescom auf eine echte Hollywood-Größe zu treffen. Und es ist irgendwie bezeichnend für die Gamescom in diesem Jahr, dass wir nur wenig über die Spiele sagen können, viel mehr dafür über andere Highlights. Wir stehen dem Zwiegespalten gegenüber. Über mehr Filme und Serien freuen wir uns immer. Aber läuft die Gamescom dabei Gefahr, ihre Identität zu verlieren? Fehlen aktuell einfach die nötigen Spiele, so dass die Lücken auf der Messe mit anderen Dingen gefüllt werden müssen? Wohl nur die kommenden Jahren können uns zeigen, in welche Richtung die Gamescom sich entwickeln wird. Trotz einiger Kritik möchten wir sie in jedem Fall nicht missen.