Bewertung: 4 / 5
Zwar können wir die neue Syfy-Serie Nightflyers - seit dem 1. Februar 2019 auch bei Netflix online - nicht mit der Vorlage, einem Kurzroman von George R.R. Martin von 1980, oder dem Film von 1987 vergleichen, doch für sich stehend bietet der dystopische SciFi-Horrortrip der Nightflyer reichlich coolen Thrill und Grusel. 2001 - Odyssee im Weltraum, die Alien-Filmreihe und Solaris lassen schön grüßen, selbst eine deutliche Shining-Referenz wirft einen gleich zu Beginn in den finsteren Sci-Fi-Albtraum. Natürlich darf man nun nicht eine Art SciFi-Game of Thrones erwarten, dennoch gibt es ein paar typische Martin-Markenzeichen. Staffel 1 könnte für sich so stehen bleiben, durchaus wäre aber eine Erweiterung denkbar...
Im Jahr 2093 leitet Astrophysiker Karl D´Branin (Eoin Macken) eine Expedition des extra dafür konzipierten Raumschiffes Nightflyer, um via Flug in die Leere Kontakt zu einer außerirdischen Lebensform namens Volcryn aufzunehmen. Der Grund: Man hofft, dass ihre entdeckte aber schwerlich aus der Ferne erforschbare Energieform und damit einhergehendes neues Wissen helfen, die Erde vor dem Untergang zu retten. Denn durch Umweltkatastrophen und Klimawandel erscheint ein Überleben der Menschheit immer aussichtsloser. Doch nicht nur die Reise zum Erstkontakt mit nicht einschätzbaren Außerirdischen birgt Gefahren, tödliche Bedrohungen machen sich schon früh auf dem Raumschiff selbst bemerkbar...
Trailer zu Nightflyers
Nightflyers Kritik
Gleich zu Beruhigung, mit der äußerst langatmigen Dramaturgie von 2001 - Odyssee im Weltraum hat Nightflyers nichts zu tun, die Referenzen sind eher inhaltlich gemeint. Das wird dem Zuschauer aber bereits in den ersten Sekunden der Premierenfolge klar, die ihn kalt in ein äußerst horribles, desaströses und blutiges Geschehen wirft und einem Martins Markenzeichen gleich unter die Nase reibt: Freunde dich nicht zu sehr mit Hauptcharakteren an. Ob dies auf die gesamte Kern-Crew der Nightflyer zutreffen wird, fragt man sich daher schon sehr früh, denn Horrorszenarien auf einem Raumschiff lassen den Zuschauer gleich an zig SciFi-Filme denken, in denen ein Crew-Mitglied nach dem anderen der Garaus gemacht wird.
Nun, man weiß aber auch, zehn Episoden sind in Nightflyers Staffel 1 zu füllen, so rasch können die Hauptfiguren also nicht das Zeitliche segnen, und so erwartet man gespannt nach diesem kalten Einstieg, welche Geschehnisse im Rückblick zu diesem dystopischen Szenario geführt haben. Eine dramaturgische Vorgehensweise, die derzeit in einigen Serien weitergereicht zu werden scheint, doch für den Start einer Serie so derbe nun auch noch nicht genutzt wurde.
Man wird nicht enttäuscht, bezüglich Spannung erscheint keine Sekunde in Nightflyers verschwendet, weswegen es sehr schwer fällt, nicht gleich die gesamten zehn Episoden der Serie durch zu bingen. Auch wenn man hier nicht in den tiefsten Tiefen der Charaktere schürft, gibt es mehr als genug Charaktermomente, um den Zuschauer emotional an sie zu fesseln - und wie so oft wird rasch klar, dass die Crew und ihre Beziehungen zueinander die eigentliche Gefahr darstellen.
Und das gilt nicht nur für das recht typische Misstrauen, das einem mit tatsächlich nicht ungefährlichen Fähigkeiten begabten Telepathen (Sam Strike, Timeless) an Bord entgegengebracht wird. Irritierend ist auch ein Captain (David Ajala, Jupiter Ascending), der nie seinen Raum verlässt und der Crew nur als Hologramm erscheint, um nur ein weiteres der reichlichen Mysterien an Bord zu nennen. Da dies alles schon früh in der Premierenfolge thematisiert wird, ist dies auch kein Spoiler. Das gilt ebenso für den von Trauer zerfressenen Expeditionsleiter Karl (Eoin Macken, Resident Evil - The Final Chapter), der sich mehr um das Leben in Erinnerungen als das Gelingen der Expedition und die Crew zu scheren scheint. Die Crew-Darsteller passen allesamt gut in ihre Rollen und spielen überzeugend ihren Part.
Neben den Crew-Entwicklungen wird in Nightflyers aber natürlich auch die Reise in die Leere durch äußere Bedrohungen und die Frage nach dem Wohl- oder Übelwollen wie auch der sonstigen Beschaffenheit der Volcryns mit Spannung vorangetrieben. Gefühlt teilt sich die erste Season der Serie deutlich in zwei Teile, die für sich schon als je eigene Staffeln hätten stehen können. Die Effekte sind für eine Serie in Ordnung bis gut, das verwöhnte Kinoauge sollte gnädig darauf schauen. Die Musik passt gut zur immer wieder beklemmenden Atmosphäre.
Nightflyers sollte sich kein Genrefan entgehen lassen und macht gut deutlich, von welch alten Schinken so ziemlich jede moderne Serie und jeder neue Film in dem Genre inspiriert ist, und wie sehr sich aktuelle astrophysische wie auch bio- und gentechnische Entwicklungen und SciFi-Geschichten immer wieder gegenseitig befruchten. Hier noch etwas wahrlich Originelles zu kreieren ist nicht leicht, aber auch nicht das Ziel einer Adaption einer Story aus den 80er Jahren. Diese wird von Jeff Buhler jedoch äußerst gelungen für unsere aktuelle Zeit umgesetzt, nicht umsonst muss man durchaus auch an Interstellar und Star Trek - Discovery denken. Und könnte mit weiteren Staffeln tatsächlich auch noch in die 1000 Welten vordringen, in deren Multiuniversum Martin nicht nur diesen Kurzroman, sondern einige andere seiner SciFi-Geschichten angesiedelt hat. Wir hoffen jedenfalls auf mehr!