Bewertung: 3.5 / 5
Im Zuge der Disney-Live-Verfilmungen macht auch Aladdin keine Ausnahme und so wird der Zeichentrickklassiker schwungvoll mit neuem Anstrich zurück auf die große Leinwand gebracht. Die Besetzung hatte einiges an Kritik einstecken müssen, speziell der blaue Will Smith sah sich Häme gegenüber nach den ersten Trailern, doch das Ergebnis ist weit weg von Peinlichkeit. Eine solide Märchenerzählung, bei der jedoch ein Regisseur wie Guy Ritchie deplatziert wirkt.
Aladdin Kritik
Straßenräuber Aladdin (Mena Massoud) läuft bei einem seiner täglichen Streifzüge durch Agrabah per Zufall einer jungen Frau über den Weg, die in Schwierigkeiten steckt. Beide freunden sich an und es stellt sich heraus, dass es sich um Prinzessin Jasmin (Naomi Scott) handelt, die ihrem trostlosen Dasein im Palast entflohen ist. Dort regiert der Sultan gütig über das Land, doch Großwesir Dschafar (Marwan Kenzari) spinnt Intrigen hinter dessen Rücken und will zudem eine wundersame Lampe in seinen Besitz bringen, die ihn unfassbar mächtig machen kann. Dumm nur, dass Aladdin flink und gerissen ist und sich damit dessen Traum, Prinzessin Jasmin zu erobern, in greifbare Nähe rückt...
Trailer zu Aladdin
Eine der berühmtesten Geschichten aus Tausendundeiner Nacht erhält einen frischen Anstrich. Und das Ergebnis dürfte besonders Familien und Kinder entzücken, denn das wunderschöne Märchen mit dem so typisch guten Ende wurde schwungvoll und mit kleineren Abweichungen neu verfilmt. Dabei hätte es diese Neuauflage von Aladdin nicht wirklich zwingend gebraucht, verzaubert das Original von 1992 noch immer und besticht mit einigen der tollsten Disney-Songs aller Zeiten.
Will Smith ist sich jedenfalls der Fußstapfen bewusst, in die er tritt, und die einst mit Robin Williams sehr groß gesetzt wurden. Der war zwar nur die Stimme des Dschinnis, aber das so perfekt, dass die Figur von vielen so liebgewonnen wurde, welche auch im Deutschen durch Williams Standardsprecher Peer Augustinski perfekt wirkte. Jaden Smith überzeugte seinen Vater, das Angebot anzunehmen und auch wenn die Trailer im ersten Moment auf viele etwas lächerlich wirkten, ist Smith einer der Showrunner in Aladdin. Sein Dschinni macht was her, ist witzig, charmant und stemmt natürlich auch viele der berühmten Songs - und dennoch reißen diese nicht so mit wie einst.
Warum darf man sich fragen und das liegt neben dem fehlenden Premiereneffekt auch an der hohen Künstlichkeit des Films, die man in vielen Szenen spürt, bei den Songs und auch immer mal wieder beim Blick in die Ferne. Ob Agrabah, die Höhle, der Teppichflug, manches in der Parade ... von Disney erwarten wir tatsächlich mehr hochklassige CGI, die realistischer anmutet. Auch wenn Märchen ruhig etwas künstlich daherkommen können, sollte ein Flug hoch in der Luft heutzutage echter wirken, und das hat Game of Thrones zuletzt schon im TV besser bewiesen.
An anderer Stelle ist kein Vorwurf zu machen und das betrifft vor allem die beiden Hauptdarsteller. Sowohl Mena Massoud als auch Naomi Scott glänzen in ihren Rollen und zeigen neben Smith eine wahre Spielfreude. Sehen wir davon ab, dass die schwungvolle Fluchtszene zu Beginn etwas unglücklich Massoud und dessen Stuntdoubles zusammenschneidet. Viele Szenen konzentrieren sich auf den Dschinni und dennoch schafft es Aladdin, auch Prinzessin Jasmin mehr Profil mit auf den Weg zu geben - eine dieser Anpassungen, die Disney seinen Realverfilmungen mitgibt, um sich etwas vom Trickfilmoriginal zu unterscheiden.
Nur hat diese wunderschöne Filmnahostwelt nichts mit der Realität zu tun, wo Frauen nicht einfach Kopf eines Staates werden können und auch Herrscher selten philanthrop sind. Alles natürlich ein Märchen, das von vermeintlich besseren Zeiten erzählt und zum Träumen anregen soll, aber wenn wie hier realistische Ideale Einzug halten - Frauen wollen auch gehört werden, glaube an dich, du erreichst dein Ziel, wenn du du selbst bleibst - man sich aber an die (zumeist) ernüchternde Realität erinnert, kippt das schöne Konstrukt.
Wenn wir aber schon märchen- und klischeehaft unterwegs sind, sollte auch der Gegenspieler eine wahre Bösewicht-Visage erhalten. Hier wurde mit Marwan Kenzari leider zu wenig gewollt, der zwar sein Bestes gibt, um Dschafars Rolle zu füllen, aber eben nicht an den verbitterten, verhärmten Unhold aus dem Original heranreicht. Und wo wir schon bei Fehlbesetzungen sind: Wo bleibt der typische Lausbubencharme eines Guy Ritchie? Er kann seinen Stil in dieser Adaption nicht ausleben und so hätte diesen Job jeder versierte Regisseur machen können. Er wirkt verschwendet, wie schon Tim Burton bei Dumbo Anfang des Jahres.
Es ist dennoch schade, dass das Embargo für die Veröffentlichung von Filmkritiken so eng gesetzt wurde, denn bei dieser Strategie schwingt oft mit, dass der jeweilige Verleih wenig Vertrauen in sein Produkt hat. Und da tun auch die Schwärmereien und Lobeshymnen keinen Abbruch, die auf dem Presseevent in Berlin und andernorts zu hören waren. Alles in allem ist Aladdin aber besser geworden als erwartet, auch wenn es diesen Film nicht braucht. Es ist und bleibt ein typischer Disney-Film, der auf zwei Stunden gestreckt erzählt, dass schon irgendwie alles gut ausgehen wird, wenn man an sich glaubt und sich treu bleibt. Wir sind zwar mit Dschafar nicht warm geworden, aber Aladdin selbst mit seinem frechen Straßenjungen-Charme hat uns gut gefallen, auch Jasmin ist sehr sympathisch besetzt. Im Grunde ist es genau dieselbe Story, die wir alle schon kennen, und bis auf Jasmines letzten ergreifenden Song sind vor allem die beliebten Dschinni-Songs nur ok - visuell cool, aber mehr auch nicht. Andererseits wird man mit Smith als CGI-Dschinni warm und das ist das größte Kompliment nach den Trailern und Robin Williams.