Bewertung: 4 / 5
Die Frage, die wir uns im Vorfeld gestellt haben: Kann Marvel einen gelungenen Martial-Arts-Film machen? Wir sind mit den frühen Werken eines Jackie Chan aufgewachsen, haben Die 36 Kammern der Shaolin besucht, mit Donnie Yen als Ip Man mitgefiebert und uns von Filmen wie The Raid begeistern lassen. Kann Marvel mit Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings da also wirklich mithalten?
Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings Kritik
Als er in die Machenschaften einer mysteriösen Organisation verwickelt wird, ist Shang-Chi (Simu Liu) gezwungen, sich seiner Vergangenheit zu stellen, die er hinter sich gelassen glaubte. Zusammen mit seiner besten Freundin Katy (Awkwafina) begibt er sich auf eine Reise, an dessen Ende er sich auch seinem Vater stellen muss, dem unsterblichen Anführer der Organisation und Besitzer der macht verleihenden Zehn Ringe...
Trailer zu Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings
Um die Eingangsfrage direkt zu beantworten: Marvel kann! Aber hier müssen wir auch direkt auf die Bremse treten, was die Erwartungshaltung angeht, denn die sollte einhergehen mit der Altersfreigabe. Es ist eben ein Marvel-Film und der ist bei uns in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben. Blut sieht man kaum, Verletzungen im Grunde gar nicht und zwischen bewusstlos und tot kann auch nur schwer unterschieden werden. Aber die Kämpfe selbst, und darum geht es ja, haben Wucht und sind teils großartig choreographiert. Wir wollen das hier Gezeigte keinesfalls mit Filmen wie The Raid auf eine Stufe stellen, aber der eine oder andere wird dann doch überrascht sein, wie gut die Kämpfe in Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings geworden sind.
Großen Anteil daran hat der Hauptdarsteller und für uns neue Star im MCU: Simu Liu als Shang-Chi überzeugt mit seinen kämpferischen Einlagen von Beginn an und uns wird schnell gezeigt, was er so alles draufhat. Bei dem, was er da tut und vor allem wie er es tut, muss er sich vor anderen Martial-Arts-Größen wahrlich nicht verstecken. Und auch sonst ist er eine tolle und einfach sympathische Bereicherung für das MCU. Im Laufe des Films lernen wir seine Figur gut kennen und Simu Liu wird mit seinem Auftritt sicher viele neue Fans hinzugewinnen.
An seiner Seite spielt Awkwafina seine beste Freundin Katy und die Chemie zwischen beiden könnte nicht besser sein. Die enge Freundschaft zwischen ihnen nimmt man den beiden zu jeder Zeit ab und auch wenn die Trailer anderes suggerieren, ist Awkwafina nicht nur dabei, um einige Lacher abzustauben. Ihre Figur wächst einem zusammen mit Shang-Chi schnell ans Herz und sie tut weit mehr, als nur danebenzustehen und gerettet zu werden. Wo es in anderen Filmen oft einen Helden und seinen Sidekick gibt, hat man hier ein gleichberechtigtes Duo auf Augenhöhe geschaffen. Nach der Sichtung können wir uns einen Shang-Chi ohne Katy gar nicht mehr vorstellen.
Noch ein kurzes Wort zu den Trailern im Vorfeld: Uns hatten sie nicht wirklich für Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings begeistert und hinterher können wir festhalten, dass sie dem Film einfach nicht gerecht werden. Weder die Action noch der Humor werden dort so wiedergegeben, wie wir beides letztlich vorgefunden haben.
Kommen wir zu einem großen Problem vieler vergangener Marvel-Filme: Dem Bösewicht. War dies oft ein Schwachpunkt, so wird er hier sogar zum heimlichen Star! Mit Tony Leung als Shang-Chis Vater Wenwu, dem Anführer der Zehn Ringe, hat Marvel endlich wieder einen guten Bösewicht mit einer interessanten Geschichte und nachvollziehbarer Motivation. Man versteht ihn, man weiß warum er so handelt und man fühlt sogar mit ihm. Er ist nicht einfach klischeehaft böse oder verrückt, sondern handelt aus nachvollziehbaren Beweggründen und hat sogar eine sympathische Seite. Als Zuschauer wünscht man sich geradezu, er würde das Richtige tun und leidet mit ihm, wenn er es doch nicht tut, weil man eben weiß, warum er so handelt. Und ja, auch die Sache mit dem Mandarin wird wieder aufgegriffen. Aber vermutlich anders als die meisten erwartet hätten.
Bevor wir aber zu viel loben, müssen wir auch kritisch werden. Denn vor allem Wenwus Geschichte macht im Kontext des bisherigen MCU nur wenig Sinn. Er hat mit seiner Organisation seit 1000 Jahren die Welt erobert und an Macht gewonnen. Man hört während des Films viel über den mächtigen Anführer der ach so großen, die Welt im Grunde beherrschenden, Zehn Ringe. Aber es wird verpasst, dies dem Zuschauer glaubhaft zu vermitteln und dies auch darzustellen. Und auch im bisherigen MCU wirkte es nicht so, als würden die Zehn Ringe und Wenwu selbst die gesamte Erde beherrschen.
Auch was die Effekte betrifft, reiht man sich leider in den Einheitsbrei vieler anderer Marvel-Filme ein. Stilistisch wunderschön, vor allem, wenn es um die Darstellung mythologischer Welten geht, werden viele Fans begeistert auf die Leinwand schauen. Uns hat im Speziellen der kurze Auftritt eines neunschwänzigen Fuchses begeistert, aber das ist einfach der Fan in uns. Trotzdem fragen wir uns manchmal, wieso andere Filme weitaus bessere Spezialeffekte hinbekommen als Marvel und Disney mit all ihrem Geld. Zumindest die Greenscreen Effekte könnten inzwischen echt griffiger aussehen.
Ob Folgendes negativ ausgelegt wird, hängt wohl von jedem selbst ab. Originalität ist natürlich heutzutage eher selten vertreten, noch seltener bei Blockbustern und so bietet auch Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings viele Szenen und Momente, die durchaus bekannt vorkommen. Man könnte sagen, der Film sei vollgepackt mit Anlehnungen an Sauron, Pokemon, Street Fighter, Dragonball oder sogar Lovecrafts Cthulhu. Zumindest hatten wir beim Schauen die eine oder andere Assoziation in diese Richtung. Uns hat es nicht gestört, wir hatten sogar Spaß daran, doch man könnte es den Machern auch negativ auslegen.
Zum Glück überlagern die wenigen Probleme nicht das Positive. Einiges haben wir auch noch gar nicht angesprochen, da wir euch die Überraschung nicht verderben wollen. Zum Beispiel welche MCU-Figur für die größten Lacher sorgt. Oder wie das Ganze mit dem Rest des MCU verbunden wird. Taucht vielleicht sogar die ein oder andere bekannte Figur auf? Wer weiß... Auch zum Finale wollen wir nicht zu viel sagen. Ja, der Showdown haut einem ordentlich Effekte um die Ohren!
Marvel gelingt mit Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings eine furiose und unterhaltsame Einführung eines neuen Stars. Gekonnt wird reine Martial-Arts-Kunst mit Superheldenmagie und chinesischer Mythologie vermischt. Es ist wirklich erstaunlich, wie sie es auch nach 24 Filmen immer noch schaffen, frisches Blut ins MCU zu bringen und uns für kommende Abenteuer zu begeistern. Und was die Zukunft bringt, wird natürlich in zwei Post-Credit-Szenen angedeutet, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet. Dieser Film saugt euch wieder mitten hinein ins MCU!
Wiederschauwert: 80%