Bewertung: 4 / 5
Ich habe mir „Alien: Romulus“ im Kino angeschaut. Im Vorfeld war ich skeptisch, da Fede Alvarez den Film mitgeschrieben und inszeniert hat. Von seinen vorherigen Werken bin ich nicht sonderlich angetan. Doch glücklicherweise war meine Skepsis unbegründet, auch wenn der Film nicht frei von Mängeln ist.
Die Handlung ähnelt der aus „Alien“ doch schon ziemlich. Eine kleine Crew kämpft fast ohne Waffen auf einer verlassenen Station ums Überleben gegen die Aliens. Die Handlung ist zwischen „Alien“ und „Aliens“ angesiedelt, hat aber abgesehen von vielen Zitaten und Anspielungen nichts mit den anderen Filmen zu tun und steht für sich allein.
Trailer zu Alien - Romulus
Cailee Spaeny (Rain) und David Jonsson (Andy) bilden den Hauptcast. Die beiden spielen ihre Rollen klasse und größtenteils glaubhaft. Die beiden wuchsen mir ans Herz und ich konnte gut mit ihnen mitfiebern.
Der Nebencast, also die anderen Mitglieder der Crew, bieten nur ein sehr rudimentäres Profil und bleiben recht blass und uninteressant, einer davon ist sogar extrem unsympathisch. Die Crew wurde wie so oft aus verschiedenen Charaktertypen zusammengestellt. Ein netter Kerl, eine schwangere, ein Idiot, ein Android, eine kluge Einzelgängerin und eine harte Pilotin.
Viele Szenen im Film wirken wie eine 1:1-Kopie aus „Alien“, manches erinnert auch an andere Szenen aus den anderen Alien-Filmen. Auch an „Prometheus“ fühlte ich mich einmal erinnert. Dadurch wirkt der Film leider ein wenig ideenlos und unkreativ. Immerhin wurde sehr gut kopiert, daher kann ich dies verzeihen. Ein paar neue Ideen gibt es hier und da aber auch mal, aber eher im Kleinen.
Leider ist der Film aber nicht frei von einigen Logikfehlern in Bezug auf „Alien“ und auch im Hinblick auf die Entscheidungen und Handlungen der Charaktere. Um mal ein paar Beispiele zu nennen:
ACHTUNG: VIELE SPOILER
Die Nostromo wurde in „Alien“ vollständig in einem Feuerball zerstört, doch das Alien wurde von Ripley ja sehr weit von der Explosion entfernt ins All geschleudert. Wie kommt es, dass es noch ein Trümmerfeld von der Nostromo gibt und dass sich das Alien eingefroren zwischen den Trümmern befindet?
Wie kommt es, dass ein paar junge Erwachsene oder fast noch Jugendliche ein eigenes Schiff haben und damit einfach von der Weyland-Minenkolonie starten dürfen? Das ergibt keinen Sinn! Woher haben sie das Schiff? Und weshalb sollte Weyland, die Arbeitsverträge mit allen haben, die jungen Leute einfach von dannen fliegen lassen? Das finde ich doch alles etwas abstrus.
Später im Film werden einige Aliens und Facehugger mit einem Plasmagewehr bei Schwerelosigkeit zerschossen. Das Blut jedoch bleibt immer in der Luft ohne je die Wände zu berühren. Das ist irgendwie nicht schlüssig. Dass das Blut dann noch in größeren zusammenhängenden Haufen zusammenbleibt, sodass sich Rain und Andy zwischen diese Bluthaufen in der Luft vorbeizwängen können, finde ich ebenfalls merkwürdig. Eigentlich müsste das Blut überall sein, in Tropfenform und einfach überall.
SPOILER ENDE
Das waren so die für mich auffälligsten Logikfehler.
Großartig finde ich wiederum das Setting und die düster-beklemmende Horror-Atmosphäre auf der Station. Dadurch fühlte ich mich ständig unbehaglich. Die Grusel-Atmosphäre wird wirklich fast so gut wie in „Alien“ eingefangen. Auch klasse finde ich, dass der Film mit nur wenigen Jumpscares auskommt und sich mehr auf den subtilen Grusel verlässt. Der Film ist durchweg extrem spannend und interessant.
Auch die Produktionsausstattung ist wirklich klasse und passt perfekt zu den anderen Alien-Filmen. Ebenfalls großartig ist die Geräuschkulisse, die zudem auch von der ungeheuer guten Tonabmischung profitiert. Letztere ist wirklich hervorragend gelungen. Die Tontechniker haben wirklich gute Arbeit abgeliefert. Die Raumklangsimulation ist klasse, die Dynamik der Töne ist klasse und die Klänge sind allesamt klar und deutlich voneinander abzugrenzen und auch gut ortbar. Auch der Druck der tiefen Töne ist nicht zu verachten. Insgesamt ein sehr ausdrucksstarker aber auch fein nuancierter Ton.
Auch visuell ist der Film beeindruckend. Hier wurde aus den 80 Mio. Dollar Budget wirklich mehr rausgeholt als aus den meisten 200+ Mio. Dollar-Filmen der letzten Jahre. Es gibt nur eine einzige Szene, die stark abfällt:
ACHTUNG: SPOILER
Die digitale Version von Ian Holm´s Wissenschafts-Androiden. Der Androidenkopf sieht extrem unnatürlich aus und hat einen starken Uncanny-Valley-Effekt. Es war toll, „Ian Holm“ hier nochmal erleben zu können, wenn auch nur digital, aber die Qualität hätte hier ruhig etwas besser sein dürfen.
SPOILER ENDE
Fazit:
Trotz der Logikfehler, den teilweise kopierten Ideen und Szenen aus anderen Alien-Filmen und der zum Teil sehr flachen Charaktere war der Film einfach ein richtig gutes Kinoerlebnis. Audio-visuell ein Hochgenuss, dazu eine extrem beklemmende, dichte Atmosphäre und eine tolle Produktionsausstattung mit einem guten Hauptdarsteller und einer guten Hauptdarstellerin. Ein toller Alien-Film, der sich absolut gelohnt hat. Meine im Vorfeld eher mittlerer Erwartungshaltung wurde weit übertroffen. Die negativen Aspekte sind aus meiner Sicht vernachlässigbar. Hätte der Film aber die Probleme nicht, dann wäre eine höhere Wertung drin gewesen. Für mich aber trotzdem einer der vier besten Alien-Filme.
Bewertung: 8/10 Punkte
Wiederschauwert: Mittel
Nachhaltiger Eindruck: Mittel
Emotionale Tiefe: Hoch