Bewertung: 4 / 5
Ewan McGregor, den ich eigentlich immer ganz gerne sehe, übernimmt erstmals den Regieposten und inszeniert den mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Roman American Pastoral. Er spielt die Hauptrolle, zusammen mit Jennifer Connelly, in einem Film, der uns zwei Stunden lang vor Augen führt, dass man nicht unbedingt ein Schwein sein muss, um am Leben zu Grunde zu gehen. Die beiden spielen ein Ehepaar, das daran zu Grunde geht, dass sich ihre Tochter von ihnen entfremdet, sich radikalisiert, zur Terroristin wird und dann verschwindet. McGregor verdichtet die Handlung des Romans und streicht ganze Handlungsstränge oder Erklärungsansätze, nur um die Essenz der Handlung beizubehalten. Sicherlich blitzen hier wie da gewisse sozialkritische Elemente des Romans auf, doch all das kratzt nur noch an der Oberfläche.
Mit seinen knapp unter 2 Stunden Laufzeit hat der Film aber auch gar nicht die Möglichkeit, die gesamte Bandbreite des Romans abzudecken.
Trailer zu Amerikanisches Idyll
Anfangs wirkt die ganze Inszenierung auch noch zudem sehr konservativ in seiner Ideologie und sehr einseitig, was die Eltern angeht. Erst nach und nach zerbröckelt diese Fassade, und als Jennifer Connelly dann ihren ganz grossen Auftritt ungefähr zum Anfang der zweiten Halbzeit hat, werden schon gewisse Fragen in den Raum gestellt, die den Charakter der Protagonisten vielleicht in Frage stellen könnten. Doch bevor es soweit kommt, kriegt McGregor doch noch die Kurve und lässt ihn bis zum Ende die Rolle des gepeinigten Strahlemannes annehmen.
Als er dann endlich nach zwei Stunden unendlichen Leides gestorben ist - sein Tod bildet die Rahmendhandlung, also kein Spoiler - und es zur Beerdigung kommt, gelingt diesem höchstens durchschschnittlichen und extrem einseitig inszenierten Film, der viel versucht aber nicht viel filmtechnisch auf die Beine bringt, ein Finale hervorzubringen, das zwar dem Roman in keinster Weise gerecht wird, aber im Rahmen dieser Interpretation mehr als nur fabelhaft ist.
Und genau hier kommt die Unmöglichkeit einer subjektiven Kritik zum Tragen. Obwohl ich nüchtern betrachtet genau weiss, welches Potential hier liegen gelassen wurde, welche mannigfaltigen Themen hier hätten noch angesprochen werden können, wie viel kühner das ganze hätte doch inszeniert werden können, kann ich nicht umhin, dass mich die ganze gesehene Geschichte doch nicht loslässt.
Denn McGregor macht aus dem Romanhelden, der eigentlich die ganze Zeit über eine bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten in der Lage ist, und möglicherweise innerlich nur daran zu Grunde geht, der zudem auch noch diverse innere Dämonen hat und sich auch nicht immer richtig verhält (Der Kuss!), einen astreinen Strahlemann, der gar nichts falsch macht, und einfach nur durch seine unerschütterliche Naivität und Liebe zu seiner Tochter einfach vor die Hunde geht. Das ist insofern extrem bitter, da wir hier einen wirklichen Vorzeigesonnyboy haben, der alles richtig macht, der sogar sich in jener Zeit für die Rechte anderer stark macht, also einen durch und durch ehrlichen und sympatischen Mann haben, dem zusehends alles entgleitet, der daran zerbricht, dass seine Tochter ihn über Jahre innerlich tötet. So wird aus einem Jahrhundertroman ein zutiefst manipulatives Stück Melodram.
Und ebenjenes ist sehr bitter anzusehen und kaum erträglich, wenn man selbst Kinder hat, und daher kann ich diesen Film keinesfalls uneingeschränkt weiter empfehlen. ich gehe sogar so weit zu behaupten, ich wünschte ich hätte diesen Film nie gesehen.
Als Romanadaption ziemlich dünn, sehr gut geschauspielert, als Film höchstens durchschnittlich, dennoch hat mich der Film am Ende so zerstört, dass er doch subjektiv so manche Qualitäten haben muss.