Bewertung: 3.5 / 5
Der gestiefelte Kater (Antonio Banderas) führt ein ausschweifendes und vor allem gefährliches Leben das seinen Tribut verlangt. Acht seiner neun Leben hat er bereits verloren und nun begibt er sich auf eine Reise, um einen geheimnisvollen Wunsch zu finden, der es ihm erlaubt seine Leben wieder zu erlangen, Auf dem Weg trifft er auf seine geliebte Kitty Samtpfote (Salma Hayek) und seinen neuen Freund Perro (Harvey Guillén), die ihm Helfen wollen. Jedoch wird die Gruppe von mehreren Interessenten verfolgt.
Die bewegte Produktionsgeschichte von Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch ist schon beeindruckend. Schon alleine, weil man mit zweierlei Maß messen muss. Zum einen wäre da daß, was ohnehin in Hollywood Gang und Gäbe ist, indem etwa ein Film über Jahre in der sogenannten Produktionshölle verschwindet und absolut nicht voran kommt. Dem Gegenüber steht das ewige kapitalistische Kredo aus der Traumfabrik gegenüber, nach welchem eine Fortsetzung am besten noch sofort das Licht der Welt erblickt und dann wiederum müsste man diesen Film, der in der Zeitspanne von gefühlt drei oder mehr großen Holllywoodskandalen entstanden ist, schon fast als eine Rückbesinnung auf das Kino der 2000er Jahre verstehen. Dieses steht ja auch im Zeichen des ewigen Franchise-Wahns, konnte sich aber auch durch riskante und gewagte Filmprodukte immer mal wieder auszeichnen, die man heute wohl kaum einem Produzenten schmackhaft machen könnte. Die Harry Potter-Filme (2001-2011), sowie Der Herr der Ringe (2001-2003) wären wohl solche Beispiele. Ebenso scheint sich das Mainstream-Kino in Sachen Ton und Charakterisierung zunehmend vom Verarbeitungsort für große Themen, zum bürstendem Balsam der Unterforderung zu entwickeln. Taika Waititi und Rian Johnson haben es ja vorgemacht und sind nur einige dieser Namen. Und an diesem Punkt tritte dann Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch auf den Plan und liefert genau den Kontrast aus Ernsthaftigkeit, Forderung der Zuschauer und Humor, den man so schmerzlich im modernen Kino und insbesondere im vermeintlichen Kinderfilm vermisst.
Trailer zu Der gestiefelte Kater 2 - Der letzte Wunsch
Eigentlich ist das schon eine interessante Idee, den gestiefelten Kater, ein Wesen, daß neun Leben hat, damit zu konfrontieren, sich Sorgen um das Leben zu machen, weil er bereits acht davon verloren hat. Und allein schon an dieser Erkenntnis im Film, die zu einem der Schlüsselmomente der Geschichte wird, zeigt sich der besondere und eben gekonnt ironische Humor, der die Shrek-Filme (2001-2010), den Vorgänger Der gestiefelte Kater (2011) und auch den Ursprung der filmischen Hommage in Form von Die Legende des Zorro (1998) bereits ausmachte. Der Hauptcharakter ist nicht besonders schlau. Doch im Gegenzug zu Waititi und Konsorten, muss nicht jede Figur hier ein Comicrelief sein, der auch noch darauf hinweist, wie doof das gesamte Szenario ist und wie witzig die gezeigten Witze doch sind. Selten sieht man noch so gekonnte und gut gemachte Filme, die im Volksmund fälschlicherweise als Kinderfilme bezeichnet werden. Ebenso verhält es sich im übrigen auch mit den Figuren. Denn gerade der vermeintliche Kinderfilm steckt mit endloser Hyperironie, schlechtem Fäkalhumor und dem Schreiben von Neunmalklugen Kindern in einer Krise. Es ist anspruchslos, weil es glaubt anspruchsvoll zu sein. Und das ist tatsächlich die stärkste Form von Ironie, die Kinderfilme betrifft.
Auch wenn es so antiintellektuell ist, findet sich im modernen Filmdiskurs immer wieder ein Thema, daß die Schattenseiten des New Hollywood-Kinos überdeutlich offenlegt. Wann immer man insbesondere über den Animationsfilm redet, dann hört man etwa über Werke wie Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die gemeine Welt (2019) oder Encanto (2021), daß sie besonders gut aussehen und alles so realistisch sei. Gerade wenn es darum geht Fauna und andere Naturgegebenheiten zu inszenieren. Die Realität ist das eine, Fiktion ist die Kunst. Und dann muss man sich fragen, ob man beim Werten nicht wirklich zum Scheitern verurteilt ist. Denn wenn man Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch schaut, hat man den Eindruck der Film sei animationstechnisch auf Sparflamme gemünzt. Fast alle Texturen haben nicht die Schärfe, die große Animationsfilme eben heutzutage haben und haben können. Und das stößt so ein wenig sauer auf, weil der Film zu Teilen dann wirklich nicht schön ist. Auf der anderen Seite machen die Regisseure Joel Crawford und Januel Mercado etwas, was sie wohl zu den talentiertesten Regisseuren ihrer Zunft macht. Sie Inszenieren ihren Film als Cartoon, indem sie teils auf groteske Bilder hinweisen oder auf die Bewegungen von einzelnen Figuren gewisse Schattierungen folgen lassen. Diese Huldigung von der großen Zeichenkunst, die im westlichen Teil der Welt weitestgehend verlorengegangen ist, ist ein extrem geschmackvoller Verweis auf den Umgang mit der Zeichenkunst, die auch aufzeigt, daß man vielleicht mit minimalistischeren Mitteln noch Kunst schaffen kann.
Über weite Strecken erinnert der Film an einen klassischen Abenteuerfilm, indem sich eine Gruppe von Menschen auf die Suche nach einem Schatz begibt. Natürlich Kindgerecht, werden hier auch moralische Fragen zum Thema Freundschaft und Liebe beantwortet. Darüber hinaus ist die Symbolkultur von Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch eigentlich auch sehr packend. Denn während natürlich gewisse Gesten Liebe und Freude bedeuten, wird der leibhaftige Tod hier in Szene gesetzt. Allein, daß der Tod hier nicht nicht durch irgendein ein plötzliches Erstahlen in Lichtern von irgendwelchen Sterbenden Figuren kaschiert, sondern sogar Personifiziert und explizit in Szene gesetzt wird, zeigt auf, wie Erwachsen dieser Film letzten Endes ist und wie viel er auch seinem Zuschauer zutraut. Nun kann man darüber streiten, ob der Film nun ein Kinderfilm, oder doch auch für Ältere ist. Für letzteres Spräche, daß der Film etwa die ein oder andere Hommage an Sergio Leones Zwei glorreiche Halunken (1966) einstreut, die tatsächlich auch die wenigsten überhaupt verstehen werden. Gleichsam gibt es auch für Fans von Shrek, den ein oder anderen Gastauftritt geliebter Figuren aus den Filmen und zwar auf eine wirklich ungezwungene und lockere Art und Weise. Regisseur Joel Crawford beweist also nach Die Croods – Alles auf Anfang (2020) erneut, daß er ein unglaubliches Gespür für Symbolik hat und auch Franchises interessant gestalten kann, die sonst eher unbedeutend und uninteressant wirken.
Ein Wiedersehen nach all den Jahren, daß vielleicht mit Themen aufwartet, die so ein wenig zu banal scheinen, kann in Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch vielleicht als die neue Sternstunde der Animationsfilme begriffen werden. Denn die Kunst der Symbolik und den Mut Kindern auch schwierige Momente zuzutrauen, findet man hier wieder. Gleichsam liefert der Film angenehmen und kurzweiligen Slapstick, der eine Leichtigkeit und ein Timing hat, welches man in Komödien schmerzlich vermisst.