Bewertung: 3 / 5
Sang-hyeon (Song Kang-ho) ist ein katholischer Krankenhaus-Priester, der Patienten kurz vor ihrem Tod begegnet und ihnen Kraft spenden möchte. Nach etlichen Jahren ist er jedoch zum Zyniker geworden und sieht in der heilenden Kraft des Glaubens nicht mehr jede Möglichkeit. Derweil nimmt er als Versuchsobjekt an einem medizinischen Experiment teil, um eine Bluttransfusion teil, bei welchem er stirbt. Er wird wiedergeboren und muss erkennen, daß das Blut, daß er erhalten hat, von einem Vampir stammt.
Irgendwann hieß es im Miteinander der Menschheit einmal, daß Macht korrumpiere und absolute Macht, täte dies absolut. Mit seinem Vampirfilm Durst – Thrist nimmt sich Park Chan-wook einem Genre an, daß in den späten 2000er Jahren unter etwaigen Mormonen-Schriftstellerinnen schon genug gelitten hat. Dabei orientiert sich die Geschichte einerseits an gängigen Genre-Klischees und irgendwie dann doch wieder nicht. Der Film tut gut daran, viele durch die Zeit etablierte Klischees zum Thema Vampirismus außen vorzulassen, denn das schadete bereits vielen Adaptionen. Gleichzeitig findet sich ein Gedanke im Film wieder, der so, oder so ähnlich in vielen Werken von Park Chan-wook Platz findet. Die Rolle der Frau wird im Gesamtwerk mal mehr mal weniger intelligent diskutiert und so steht auch öfter der Vorwurf eines latenten Sexismus im Umgang mit weiblichen Figuren im Raum. Nun kann man das in den meisten Fällen keineswegs in der Filmografie von Park finden, dennoch wird man das Gefühl nicht los, daß gerade dieser Film diesen Vorwurf so ein wenig bestätigt. Die Figur Tae-ju, die hier eindrucksvoll Kim Ok-vin verkörpert wird, wird zunächst als erstes großes Opfer von Sang-hyun etabliert, während sie sich im Laufe der Ereignisse eigentlich zur antagonistisch-besessenen Macht formt. Das zeigt sich in ihrer Gier nach Macht, ihrer Brutalität und ihrer gesamten Verbissenheit.
Nun muss man darin nicht zwingend einen Sexismus lesen, weil der Umstand vermutlich auch in einem Rollentausch anwendbar wäre, allerdings ist es schon auffallend, wie sehr sich diese Figur in der reinen Blutgier und dem Trieb nach Macht verliert. Zudem könnte man auch das genaue Gegenteil darin lesen, indem nämlich die schüchterne Hausfrau, zur mächtigen Herrscherin aufsteigt. Gleichzeitig spielt der gesamte Film mit dem Thema der Moral. Als Mitglied der Kirche, ist dieser Vampir eben in dem Konflikt gefangen, morden zu müssen, um zu überleben und gleichzeitig das Leben zu achten und zu schützen. Grundsätzlich ließe sich dieser Konflikt natürlich auch auf jeden anderen Menschen anwenden, dennoch ist die Wahl eines Priesters in der Rolle eines Vampirs durchaus skandalträchtig. Zwar hat das hohe Haus im Zuge immer wieder aufkommender Missbrauchsskandale natürlich auch erheblich an seinem Ruf verloren, dennoch funktioniert die Metapher des unperfektem hier nirgendwo besser, als mit einem Priester, der zu einem Vampir wird. Darin mündet auch ein starker Konflikt, weil die Figur ihrem inneren Verlangen nur nachgeben kann, sie braucht das. Das ist dann in Kombination, mit den durchaus sexuell konnotierten Szenen, des Beißens und dem puren Machtaustausch klar auch ein Verwies auf das Zölibat. Um Antworten in kriminellem und menschenverachtendem Verhalten zu finden, müsste man sich dem Thema des Zölibats natürlich auch auf psychologischer Ebene annähern. Das sprengt in diesem Falle jedoch den Rahmen.
Klar ist, daß Park auf großartige Bilder setzt, die ihm sein Kameramann Chung Chung-hoon einfängt. Sie sind oft klar und direkt, wenn um den reinen Akt im Sinne der Gewalt und Ausübung von Sex geht. Dann wiederum sind sie sinnsuchend, wenn es um die Etablierung einzelner Szenerien und den Platz der Figuren geht. Und überdies sind sie außerdem verstörend, weil sie Einblicke liefern, die nicht unbedingt zu denen gehören, die man im Großhirn wandern sehen will. Thematisch ist der gesamte Film dabei natürlich ein Tabubruch, mit einer Vereinigung, die nur aus Tabus besteht. Das unperfekte wird hier offengelegt, während ein typisches Thema von Park ebenso Teil der Geschichte ist. Inzestuöse Verbindungen ziehen sich wie ein roter Faden über die Filmografie von Park Chan-wook und auch hier findet sich die Falschheit jener Verbindungen ebenfalls wieder. Das wird zwar nur beiläufig erwähnt, ist aber vielleicht im Hinblick auf den physischen, wie besonders auf den psychischen Verfall der Figur bemerkenswert, weil es dieser Vereinigung einer zusätzlichen Kritik aussetzt.
Das große Talent von Durst – Thrist liegt jedoch in der Regie. Das liegt daran, daß Park Chan-wook es schafft, die Geschichte einerseits mit den üblichen inszenatorischen Kniffen seinem Talent eigen zu machen und gleichzeitig auch eine gut gewählte Form von Humor Platz in der Geschichte findet. Sei es das zufällige Grimassenschneiden einzelner Figuren, aber auch das bewusst überimposante Inszenieren einzelner Szenen, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten sind. Doch während gerade moderne Blockbuster wie Thor: Tag der Entscheidung (2017) oder Star Wars: Die letzten Jedi (2017) all ihre Glaubwürdigkeit zugunsten von Comicrelief einbüßen, gelingt es Park Chan-wook diesen Genre-Sprung zu meistern, ohne daß der Film irgendwie lächerlich wirken würde.
Ein filmisch voller Anspielungen entstandenes Werk wird in Durst – Thrist zu einer Studie über Moral. Darin finden sich durchaus die gängigen Stereotypen, wodurch der Film deutlich an Kraft verliert. Gleichzeitig ist es die starke Inszenierung und das Wagnis, daß Park hier mit seinem Film einging, die den Film durchaus auch mithilfe von genreübergreifenden Szenen sehr unterhaltsam machen.