Bewertung: 3 / 5
Das glückliche Ehepaar Carr lebt ein beschauliches Leben in Los Angeles. Eines Tages wird bei Michael (Kurt Russell) und Karen (Madeline Stowe) eingebrochen und Karen wird mit einem Messer bedroht. Der Polizist Pete Davis (Ray Liotta), der den Notruf entgegengenommen hat, versucht anschließend wieder Ordnung in das Leben des Paares zu bringen. Dazu installiert er eine Alarmanlage und hat auch außerhalb seiner Dienstzeiten ein Auge auf Karen. Mit Michael spürt er den Einbrecher auf und fordert von diesem, er möge am Einbrecher Rache nehmen. Als Michael dies ablehnt, verprügelt der Polizist den Eindringling. Michael ist entsetzt und fordert, daß sich Davis nun von seiner Frau und ihm fernhalten soll. Doch bald schon wird alles noch schlimmer.
Es ist ein Kunststück der 1990er Jahre den Thriller als Genre mit inhaltlichem und fesselndem zu füllen. Wenn man heute an Thriller denkt, dann redet man von Liam Neeson, der aus unerfindlichen Gründen das Genre für sich allein beansprucht. Unweigerlich kommt einem da sofort Non-Stop (2014) ins Gedächtnis und die Frage, ob es sich hierbei nicht eher um stumpfe Actionfilme handelt. Tatsächlich ist das eine gute Frage, denn immerhin kann wohl kaum einer ein Paar Thriller nennen, die relativ modern sind und dennoch nicht nur über Action funktionierten. Ganz anders sah es da vor einigen Jahrzehnten aus, als Werke wie Basic Instinct (1992), Auf der Flucht (1993) oder Sieben (1995) das Licht der Welt erblickten. Und in jenen Tagen galt selbiges auch für Fatale Begierde. Wenn man diesen Starbesetzten Film betrachtet, dann fällt unweigerlich einiges auf. Zum einen die Parallelen zu gewissen anderen Werken. Fast auffällig-unauffällig nämlich kommen einem Erinnerungen an Eine verhängnisvolle Affäre (1987) und vielleicht noch ein wenig Kap der Angst (1991) hoch. Was Regisseur Jonathan Kaplan hier also inszeniert, ist keineswegs sonderlich originell und eher bezeichnend für das Genre das sich im Jahr 1992 zwar noch am Finden war, aber in den Folgejahren eine Identität besaß. Hier ist es zwar nicht die Jagd nach einem eiskalten Mörder. Allerdings gibt es durchaus eindringliche Spannungsmomente und die Parteien sind klar definiert.
Worauf Fatale Begierde unweigerlich hinausgeht, ist die Tatsache, daß der Film zwei Fronten aufmacht. Beginnend mit der Tatsache, daß ein einfacher Streifenpolizist eine wohlhabende Familie rettet. Die Familie zeigt sich erkenntlich und nach und nach werden aus den dreien Freunde. Nun, was darauffolgend passiert, ist sicherlich nicht sonderlich logisch geschrieben und wirkt auch eher wie die albtraumhafte Verdeutlichung ureigener Ängste. Der Freund und Helfer hier als vereinnahmender Krimineller. Nun, daß ist ebenso in die Jahre gekommen und vielleicht einer der Gründe, warum das scheinbar unvorstellbare, gar nicht so weit hergeholt wirkt. Man denke da nur einmal an George Floyd. Kaplan inszeniert das beinahe komisch, im Sinne einer ironischen Berechnung. Nicht, daß diese bewusst wäre. Allerdings kann man sagen, daß Fatale Begierde schon Momente hat, die sehr lustig wirken. Und das liegt eben daran, daß die filmische Prämisse, eines sich ins Leben schleichenden Polizisten ziemlich weit hergeholt wirkt. Daß macht auf der anderen Seite aber auch große Freude, weil zum Beispiel Ray Liotta herrlich aufgelegt ist und seine Figur mit der nötigen, psychischen Distanz verkörpert. Wann immer er durch die Szenen streitet, gehört ihm der Film. Wenngleich sowohl Madeleine Stowe und Kurt Russell keineswegs schlechter agieren. Aber am Ende des Tages geben ihre Rollen auch einfach nicht so viel eher.
Nun kann man von der Deutungsumkehr des Polizisten, eben auch noch auf andere Dinge hinaus. Gerade die Tatsache, daß sehr wohlhabende Leute hier bedroht und vereinnahmt wurden, darf man nicht einfach Außenvorlassen. Tatsächlich ist Fatale Begierde in dieser Hinsicht durchaus systemisch und dafür muss man nicht einmal über den großen Teich blicken. Auffällig zeichnet Kaplan den Polizisten Pete Davis als psychisch instabil. Zunächst über-freundlich, dann vereinnahmend. Überzeichnet ist das zum Schluss schon, wenn er zum Beispiel seine sexuellen Gelüste, über die systemischen Probleme stellt. Allerdings muss man die Figur als Symptom verstehen. Und ein völlig überforderter Polizist, der am laufenden Band in lebensgefährliche Situationen verwickelt ist, zeichnet das Bild eines völlig instabilen Systems. Auch da beschweren sich Gewerkschaften in Deutschland ja mittlerweile, wobei das Eskalations-Niveau natürlich noch mal ein anderes darstellt. Und gerade dann, wenn man die Kritik in einem Unternehmer wie Michael Carr manifestiert, dann ist dem Film auch bewusst, wer nun wirklich Einfluss auf das politische Geschehen hat. Fatale Begierde weiß, daß die Zustände, so wie sie sich offenbaren entweder sofort geändert, oder abgeschafft und reformiert gehören. Doch für eine Veränderung ist es an dieser Stelle bereits zu spät und somit bleibt da nur noch die Eskalation und das Chaos.
Dem Gegenüber steht Michael Carr, als Vertreter einer eher wohlhabenden Gesellschaft. Etwas gehobener, aber auch intellektuell nicht die größte aller Kerzenleuchten. Fatale Begierde ist da sehr wenig subtil und ab dem Zeitpunkt eigentlich auch schon auserzählt. Das ist aber auch wiederum egal, weil der Film ansonsten durch seine bereits benannte Eigenart durchaus zu unterhalten weiß. Dreckig, absurd und irgendwie durchaus mit dem Herz am richtigen Fleck.
Ob Fatale Begierde abseits seines Schauspiels und seiner eigenen inhaltlichen Auseinandersetzung ein zeitloser Klassiker ist, mag man an der Stelle wohl weniger behaupten. Tatsache ist aber, daß der Film weiß, wie er unterhält und das auch in vollen Zügen ausschöpft. Weniger originell als man denkt, aber sicherlich kurzweilig.
