Bewertung: 3.5 / 5
Der Pfeil, den Katniss (Jennifer Lawrence) auf die Arenakuppel des Jubeljubiläums abgeschossen hatte, hat ein Feuer in ganz Panem entfacht. Überall in den Distrikten kommt es zu Aufständen, zu offener Rebellion gegen das Kapitol. Präsident Snow (Donald Sutherland) begegnet diesen mit entschiedener Härte und Gewalt um zu verhindern, dass der Funke zu einem Flächenbrand wird. Alles, was der Rebellion dazu fehlt, ist ein wahres Symbol - und zu diesem soll Katniss nun endgültig werden. Zusammen mit den wenigen Überlebenden aus Distrikt 12 hat sie im lange untergegangen geglaubten Distrikt 13 eine neue Heimat gefunden. Die dort herrschende Präsidentin Alma Coin (Julianne Moore) möchte sie zusammen mit Plutarch Heavensbee (Philip Seymour Hoffman) zur treibenden Kraft der Rebellion formen, doch Katniss kann noch immer nicht verzeihen, dass Peeta in der Arena zurückgelassen wurde und nun durch das Kapitol instrumentalisiert wird...
Zweigeteilt, wie es heute bei Verfilmungen von Romanfinalen Usus ist, präsentiert Regisseur Francis Lawrence nun Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1, ein Film der wohl wie kein zweiter in diesem Jahr mit Spannung erwartet wird. Die Erwartungen sind schon deshalb enorm, da es ihm mit Die Tribute von Panem - Catching Fire gelang, dem ohnehin schon sehenswerten ersten Teil eine durchweg überzeugende Fortsetzung folgen zu lassen. Gelingt das erneut? Leider nein, denn nach knapp zwei Stunden Halbfinale kann man sagen, dass der Film der Erwartungshaltung nicht durchweg gerecht wird, was vielerlei Gründe hat.
Trailer zu Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1
Zuallererst müssen die Zuschauer mit einem deutlichen Stilwechsel klarkommen. Im Gegensatz zu den Vorgängern gibt es dieses Mal keine Hungerspiele mehr, Rebellion ist die treibende Storykraft und all die politischen Intrigen und Wirrungen, die damit einhergehen. Dies sorgt für Abwechslung, da es Lawrence schafft, ein interessantes politisches Ränkespiel zu präsentieren, bei dem die Teilnehmer auf beiden Seiten schlussendlich nur Instrumente für den eigenen Sieg sind. Lawrence legt hiermit bereits den Grundstein für das, was uns dann im nächsten Jahr mit Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2 erwarten wird. Durch die vielen stilistischen Änderungen muss sich der Zuschauer aber erst in den Film reinfinden, besser gesagt der Film sogar eine ganze Weile erst zu sich finden. Hinzu kommt, dass mehrere neue Darsteller eingeführt werden müssen, allen voran Julianne Moore als Präsidentin Coin und Philip Seymour Hoffman, dessen Heavensbee zwar bekannt ist, aber ihm nun deutlich mehr Bedeutung beigemessen wird als noch beim Vorgänger. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bekannte Figuren regelrecht beiseite gewischt werden. Elizabeth Banks, Woody Harrelson und Josh Hutcherson verkommen zu Nebenfiguren, denen nur noch wenig Platz eingeräumt wird. Dies ist durchaus storybedingt auf das Buch zurückzuführen, aber gerade die erste Hälfte von Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 holpert hier doch sehr und erbt auf diese Weise die Probleme der Romanvorlage, die ebenfalls mit genau jenen Problemen zu kämpfen hatte.
Visuell und akustisch hat sich dagegen eine Menge getan, der Erfolg der Vorgänger zahlt sich nun aus. Die Optik mag zwar etwas trostlos wirken, dafür kommen die Trickeffekte deutlich spektakulärer daher und die Musik weiß zu gefallen, vor allem wenn Katniss ihr Lied singt. Auch vertieft der Film viele politische und gesellschaftliche Fragen, die im Buch nur gestreift werden. Wie schon die Vorgänger ist auch dieser Film deutlich komplexer als die Romanvorlage und damit auch besser. Weniger erbaulich ist nur der gewählte Cliffhanger, der zwangsweise nötig war durch die Zweiteilung. Eigentlich bietet der Roman eine perfekte Stelle, mit der auch ein passender Wechsel innerhalb der Handlung eingeleitet würde. Die Macher haben sich jedoch für eine Stelle entschieden, die dazu führt, das Ende künstlich in die Länge zu ziehen, um die Laufzeit zu erreichen und überhaupt einen spannenden Showdown zu haben. Dadurch fühlt sich Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 weitaus zäher an als es nötig gewesen wäre. Dies mag subjektiv sein, indiskutabel ist jedoch die Altersfreigabe, ein Punkt, der dieses Kinojahr über erstaunlich oft von uns angesprochen wurde. Offiziell hat der Film eine Freigabe ab 12 Jahren erhalten, nur bezweifeln wir, dass verbrannte Leichen, Feldlazarette und weitere doch sehr explizite Kriegsszenen für diese Altersgruppe geeignet sind.
Trotz der auf den ersten Blick moderaten Bewertung bleibt von Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 noch immer ein überzeugender und sehr guter Film, der zwar nicht auf Augenhöhe mit den Vorgängern steht, die Reihe aber dennoch würdig fortführt. Schlussendlich lässt er den Zuschauer gespannt auf den Rest des Finales im kommenden Jahr warten, das dann die Reihe hoffentlich zu einem wirklich großen Abschluss führt.