Bewertung: 2.5 / 5
Familie Carter ist mit dem Wohnmobil auf dem Weg in den Urlaub, da wird Papa Bob von einem tieffliegenden Düsenjet aufgeschreckt und fährt das Auto samt Anhänger in eine Grube. Nachdem er seinem Sohn Bobby eine Pistole überreicht, machen er und Schwiegersohn Doug sich in unterschiedliche Richtungen auf den Weg Hilfe zu suchen. Als sich die Familienhunde losreißen und Bobby sie sucht, muss er feststellen, dass draußen in der Wüste eine Gruppe Irrer haust, die es auf Familie Carter abgesehen hat. Bald entpuppt sich die Nacht als Martyrium, das nicht jeder lebendig überstehen wird...
Wes Craven machte 1972 mit dem berüchtigten Rape/Revenge-Reißer „The Last House on the Left“ auf sich aufmerksam. Der ehemalige Universitätsdozent Craven bezog sich in seinem (Mach-)Werk auf Ingmar Bergmanns „Die Jungfrauenquelle“, die sich wiederum auf eine alte Sage bezogen hat. Auch „The Hills Have Eyes“ geht auf keine originäre Idee Cravens zurück, vielmehr ließ er sich von der Sawney Bean-Familie inspirieren, die im 15. Jahrhundert in Schottland Reisenden auflauerte und diese verspeiste. Zusätzlich führte Craven seine gesellschaftskritische Linie fort: kritisierte er in „The Last House on the Left“ noch den Vietnamkrieg und dessen entmenschlichende Natur, ist die Mutantenfamilie um Vater Jupiter ein Ergebnis der Atombombentests in der Wüste Nevadas.
Zuerst zum Positiven: „The Hills Have Eyes“ ist ein wunderbar aussehender Film. Die grobkörnigen Bilder verleihen dem Film eine dokumentarische Unmittelbarkeit, die den Leiden der Familie Carter eine unangenehme Greifbarkeit verschafft. Auch thematisch scheint unter der Oberfläche des Filmes einiges abzugehen, allen voran der Kampf zwischen Zivilisation und Wildnis. Diese Dualität wird durch die beiden Familienhunde Beauty und Beast ausgedrückt, von denen Beauty der Kannibalenfamilie zum Opfer fällt. Die Stoßrichtung könnte nicht klarer sein, im unzivilisierten Kampf ums Überleben ist für Schönheit kein Platz. Craven geht es um den graduellen Abstieg der Carters in die Barbarei, die, nimmt man ihnen die Vorzüge der Zivilisation, im Kampf ums Überleben zu den gleichen Gewalttaten fähig sind wie die Mutanten.
Indem Craven die Handlung aber aus dem Schottland des 15. Jahrhunderts ins Nevada der (relativen) Gegenwart gepackt hat, verkommt seine Mutantenfamilie aber zu einem Bild mit bedenklichen politischen Implikationen. Es fällt schwer, den Film nicht als Version der Eroberung des Wilden Westens zu lesen. Familie Carter sind die Siedler auf dem Weg gen Westen (das Urlaubsziel ist Kalifornien), aus dem Kombi mit Wohnwagenanhänger wird das Pferdegespann mit Planwagen und aus den Mutanten werden Indianer. Das wäre insoweit nicht verwerflich, würde Craven den Konflikt nuanciert vortragen können. Doch dem verwehrt er sich, die Carters sind Zufallsopfer, die Mutanten um Jupiter wiederum eine Ansammlung von Barbarenklischees, die jedem Western wahrscheinlich peinlich wären: in Tierfelle gekleidet, mit Zähnen geschmückt, fressen sie Hunde und Menschen, vergewaltigen und morden des Spaßes wegen, stehlen Babys – kurzum, sie sind das perfekte Feindbild für ein städtisches Publikum, das sich vordergründig vom rückschrittigen Western entfernt hat, aber immer noch die gleichen Feindbilder sehen will.
Problematisch gestaltet sich zusätzlich, dass Craven eine Rollenverteilung gewählt hat, die man wohlwollend als altmodisch bezeichnen könnte, weniger wohlwollend fällt einem jedoch nur das Wort „Sexistisch“ ein: während die Männer im Angesicht der Gefahr zu stoischen Maschinen werden, verwandeln sich die Frauen in hysterische Heulbojen, deren Gekreische an der Geduld des Zuschauers kratzt. Das verwundert bei Craven durchaus, hat er später mit Nancy in „Nightmare – Mörderische Träume“ und Sidney aus „Scream“ durchaus zwei der besseren Final Girls auf Zelluloid gebannt. Anscheinend ist im Kampf ums Überleben einzig die maskuline Aggressivität in der Lage, zu einem positiven Ergebnis zu führen. Man könnte Cravens plötzlichen Cut am Ende zwar als Unhappy End lesen, aber Schwiegersohn Doug wird zu sehr gerechtfertigt in seinen Taten, als das dies eine wirklich valide Interpretation abgäbe.
Inszenatorisch zeigt „The Hills Have Eyes“ auch nicht, welch Publikumsschreck Craven noch werden sollte. Der Film ist zwar, wie bereits erwähnt, sehr schön anzusehen, macht aber nicht viel her. Cravens Spannungssequenzen sind träge, Angst und Schrecken bleiben aus. Die Darsteller sind zumindest alle gut aufgelegt, die Mutantenbande chargiert, als ginge es um ihr Leben, da hat der geneigte Zuschauer seinen Spaß.
Zwar hat „The Hills Have Eyes“ durchaus den Ruf eines Klassikers, aber einen besonders guten Film hat Wes Craven hier nicht unbedingt gedreht. Für Komplettisten und Fans von Backwoodhorror interessant, mehr allerdings auch nicht.