Bewertung: 3 / 5
Man sieht den Freund des gepflegten Horrorfilms schon gähnen, wenn man die Elemente von James Wans Insidious (2010) aufzählt: ein besessenes Kind, ein verfluchtes Haus und eine dämonische Parallelwelt. Das sind seit dem Genre-Klassiker Poltergeist (1982) todsichere und deshalb oft bemühte Versatzstücke mit Gänsehaut-Garantie. Doch dem Regisseur von Saw ist mit einer Mischung aus Drama, Horror und Fantasy eine intelligente Wiederauflage des bekannten Stoffs gelungen.
Dabei sollte man gleich vorwegnehmen: Die Parallelen zur oben genannten Spielberg-Produktion sind so offensichtlich, dass man es auch unverschämt nennen könnte. Nicht nur die Story, auch das Personal von Poltergeist haben James Wan und sein Partner und Drehbuchautor Leigh Whannell fast eins zu eins kopiert. Wie damals die Freelings im Film von 1982 ziehen die Lamberts, eine sympathische amerikanische Durchschnittsfamilie, mit ihren drei süßen Kindern in ein neues Vorstadthaus. Söhnchen Dalton (Ty Simpkins) fühlt sich dort jedoch gar nicht wohl. Als er eines Abends auf den Speicher klettert, stürzt er von einer Leiter und fällt kurz darauf in ein für die Ärzte unerklärliches Koma, aus dem er nicht mehr erwacht.
Trailer zu Insidious
Es ist ein kluger Schachzug von Wan und Whannell, zunächst ein Familiendrama heraufzubeschwören: Die Bedrohung durch eine mysteriöse Krankheit berührt wohl die Urängste jedes Zuschauers. Erst als die Eltern ihren kranken Sohn drei Monate später nach Hause holen dürfen, beginnt der wahre Horror. Die verstörte Mutter Renai (Rose Byrne, Brautalarm) stellt merkwürdige Ereignisse im Haus fest: Über das Babyphone hört sie Schreie, nachts klopft es an der Haustür und plötzlich meint sie, Gestalten mit grotesken Fratzen vor dem Fenster zu sehen. Doch erst als sie in Daltons Zimmer einen blutigen Handabdruck auf dem Bettlaken entdeckt, glaubt ihr Mann Josh (Patrick Wilson) ihr.
Mit einem erneuten Umzug hofft die Familie auf Erlösung, doch das Gegenteil tritt ein: Der gespenstische Terror nimmt immer bedrohlichere Gestalt an. Als an dieser Stelle Geisterjägerin Elise (Lin Shaye) und ihre etwas überforderten Gehilfen (Whannell und Angus Sampson) auf den Plan treten, gerät Insidious nun zunächst zu einem paranormalen Trip, der sich zum Schluss in einer beinahe albernen Geisterbahn verliert.
Sicher, es wäre ein Leichtes, Wans düsteren Poltergeist-Wiedergänger allein aus nostalgischen Gründen nicht zu mögen. Doch dazu ist er einfach zu gut gemacht: Mit einem psychologischen Plot, gut getimten Schockeffekten und obendrein einem Gänsehaut-Score beweist der Mann hinter dem schonungslosen Splatter-Franchise Saw, dass er sich auch auf ganz und gar unblutigen Horror versteht. Am Ende hat man sich so vortrefflich gegruselt, wie schon lange nicht mehr. Und darauf kommt es doch an.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Alexandra Petrusch)