Bewertung: 5 / 5
In der Meiji Epoche wurde das moderne Japan geschaffen. Der 15 jährige, als Gott verehrte Kaiser treibt den Wandel an, um ein vereintes und starkes Japan zu schaffen, dass sich in der Welt behaupten kann. Doch wo westliche Kleidung, Frisuren und Waffen Einzug halten, stehen auf der anderen Seite die uralten Traditionen eines Landes, das nur wenige Jahrzehnte zuvor jeden Kontakt verweigert hatte. Nach dem Fall der Shoguns, welche Jahrhunderte lang im Namen des Kaisers die Regierungsgeschäfte geführt haben, steht eine weitere Bevölkerungsschicht vor dem Untergang: die Samurai. In genau dieser Epoche der Umwälzungen spielt [i]The Last Samurai[/i]. Doch befindet sich der Protagonist zunächst in einem anderen Land, nämlich den USA. Als Bürgerkriegsveteran, arbeitet Nathan Algren (Tom Cruise) für eine Waffenfirma und bewirbt moderne Schusswaffen. Doch die Grausamkeiten aus dem Krieg gegen die Indianer lassen ihn, genauso wie der Alkohol, nicht mehr los. Nachdem er bei einem Auftritt betrunken auf Ausstellungsstücke geschossen und das Publikum verängstigt hat, wird er von einem alten Kameraden (Billy Connolly) zur Seite genommen und bei einem Abendessen mit seinem ehemaligen Vorgesetzten Colonel Bagley (Tony Goldwyn) dem japanischen Ratsherren Omura (Masato Harada) vorgestellt. Dieser möchte die japanische Armee ausbilden, damit sie gegen eine aufmüpfige und veraltete Bevölkerungsschicht in die Schlacht ziehen kann. Algren sagt wegen des Geldes Willen zu und begibt sich auf die Reise nach Japan. In Japan muss er Soldaten ausbilden, welche noch zu dem Beginn ihrer Entwicklung stehen und die einfachsten Handgriffe erlernen müssen. Gegen Algrens Willen wird der Befehl zum Ausrücken erteilt und die Armee nur wenig später wird von den Samurai vernichtend geschlagen. Als einer der letzten Überlebenden der japanischen Armee, verteidigt sich Algren zum Schluss nur noch mit einer Lanze. Doch ihr Anführer Katsumoto (Ken Watanabe) verschont ihn und lässt ihn gefangen nehmen. Im Bergdorf der Samurai kann Algren, nachdem er sich von seinen Verletzungen erholt hat, sich frei bewegen, doch der Weg zurück über die Berge ist ihm versperrt. Stück für Stück erhält Algren Einblick in das Leben der Samurai und beginnt langsam verstehen, was es heißt ein Krieger zu sein. Durch die Figur von Algren erhält auch der Zuschauer einen Zugang zu der Kultur, die von all ihren guten Seiten präsentiert wird, und einem westlichen, unerfahrenen Zuschauer oft verschlossen bleibt. So fremd und schockierend die Tradition des Seppuku, des Freitodes der Samurai, für Außenstehende zu erscheinen mag, desto wichtig ist sie in dem Kodex und im Selbstverständnis der Samurai. Dieses Selbstverständnis wird zu einem großen Teil durch den Anführer Katsumoto erklärt. Ken Watanabe spielt die Rolle des Anführers der Samurai mit einer unglaublichen Kraft und fast stoischer Ruhe. Seine subtile humorvolle Art und den Ernst, den er in die Rolle bringt, machen aus dem Charakter einen dem Protagonisten in der Bedeutung ihrer Wichtigkeit fast gleichgestellten Handlungs-Charakter. Diese Intensität wurde auch mit einer Oscarnominierung belohnt, denn der Kampf der Samurai würde ohne Ken Watanabes Verkörperung lange nicht so überzeugend und auch bewegend rübergebracht werden. Seine Rolle ist auch in einer ganz pragmatischen Hinsicht äußerst wichtig. Er ist einer der wenigen japanischen Charaktere, die Englisch sprechen. Auf diese Weise erfährt Algren einen Großteil über die Sitten und Gebräuche der Samurai, denn der durchgehend japanische Cast bleibt beim Japanischen. Die Regieleistung von Edward Zwicke, der sich zu einem großen Teil über Dolmetscher verständigen musste, ist da besonders hervorzuheben. Die Sprachbarriere vermittelt Authentizität und führt auch zu einer der humorvolleren Szenen des Films, der sich nicht gewollt eingebauter Witze bedienen muss. Das ist auch dem ausgezeichneten Spiel der Darsteller geschuldet. Der gesamte Cast liefert eine sehr gute Leistung ab, allen voran Ken Watanabe und Tom Cruise. Die Rollen passen perfekt, so dass man sich keine andere Interpretation vorstellen kann. Gerade Tom Cruise spielt den desillusionierten, von Alpträumen geplagten Kriegsveteranen mit einer Hingabe, dass man merkt, wie sehr ihm diese Rolle am Herzen lag. Neben der Geschichte über die Epoche, steht der Weg seines Charakters und dessen Herausforderungen im Vordergrund: sich selbst zu akzeptieren und den inneren Frieden finden. Der Film wurde mit viel Herz fürs Detail, als auch die Werte, die vermittelt werden sollen gedreht. Neben der Ehre stehen der Durchhaltewillen, das Kämpferherz im Vordergrund, aber auch Algren, der sich teils aus Schicksalsergebenheit und teils aus einfachem Überlebensinstinkt, nicht unterkriegen lassen will und bis zum völligen Zusammenbruch immer wieder aufsteht. So erwirbt sich seine Figur nicht nur den Respekt der Samurai, sondern auch den des Zuschauers; Respekt in all seinen Formen, sei es auf höflicher oder freundschaftlicher Ebene, vor dem Gegner oder vor einer fremden Kultur. So wie der Film von diesen Werten durchdrungen ist, so ist er auch von der japanischen Kultur geprägt und feiert diese in ihrer ganzen Pracht. So wurden für die Darstellung der japanischen Hafenstadt, Originalfotografien aus dieser Zeit verwendet und bis in das kleinste Detail, wie z. B. die Beschriftung der Straßenschilder, nachgestellt. Genauso beeindruckend sind die Schlachten, welche nicht computergeneriert wurden, sondern in wochenlanger Arbeit mit Schauspielern und Statisten gedreht worden sind. Im Dorf der Samurai lernt Algren auch den Umgang mit dem Samurai Schwert. Sein Lehrer ist niemand geringeres als einer der großen Kämpfer von Katsumotos Gefolge, der stolze Ojio (Hiroyuki Sanada). Sanada bereicherte den Cast insbesondere aufgrund seiner Kampfsporterfahrung und beeindruckt selbst mit seiner Darbietung. Die actionreichen Szenen sind gleichmäßig über den Film verteilt und reichen von Einzelkämpfen bis zu Großkampfszenen, die, so einen wichtigen Teil sie auch ausmachen, nicht allein tragend sind, sondern von den ruhigeren Szenen ergänzt werden. Gerade die ruhigen Szenen, wenn Katsumoto Algren in ein Gespräch verwickeln möchte oder Algren dem leicht naiven Fotografen und Übersetzer Simon Graham (Timothy Spall) das Skalpieren erklärt. Die Figur der Übersetzers und Fotografen ist, wie auch Katsumoto und teilweise Algren, an eine reale Person angelehnt. Neben diesen historischen Persönlichkeiten wird auch General Custer erwähnt. Nathan Algren diente unter ihm und der Film setzt nur kurze Zeit nach der großen Schlacht am Little Bighorn ein. Doch können auch bei diesem Film kleinere historische Fehler Ungereimtheiten ausgemacht werden. Erwähnenswert ist dabei, dass die Samurai nicht nur gegen die Verwestlichung des Landes, sondern auch für den Erhalt des Feudalsystems und ihres Standes kämpften. Diese Seite wird im Film nicht gezeigt, wodurch die Samurai vielleicht zu „weiß“ gezeichnet werden. Aber ähnlich dem Historienfilm [i]Gladiator[/i], soll der Film keine historische Dokumentation darstellen, sondern in die alte, ehrwürdige Kultur der Samurai, ihr Leben und ihr Selbstverständnis einführen. [i]The Last Samurai[/i] ist ein Hollywoodfilm, der mehr sein möchte, als ein weiterer spannender Film mit schön choreographierten Kampfszenen. Das erklärte Ziel von Edward Zwick, einen Abenteuerfilm zu drehen, der mehr als nur aus bloßer Action besteht, ist ihm ohne Zweifel gelungen. Die Bandbreite an Emotionen, die sich hinter der freundlichen Fassade der Bewohner des Dorfes verbirgt, präsentiert auch dieser Film, von Trauer und Freude bis Liebe. Im Gegensatz zu vielen der heutigen Blockbuster handelt es sich aber mehr um eine allumfassende Liebe, deren Verkörperung auch in dem Dienst der Samurai gesehen werden kann. Die Liebe zu einer konkreten Person, wie Algrens sich entwickelnde Gefühle zu der weiblichen Hauptperson Taka (Katô Koyuki), der Schwester von Katsumoto, bleibt hauptsächlich distanziert in körperlich Hinsicht, aber ist sogleich so viel tiefer und vielfältiger in emotionaler Hinsicht. Dazu liefert auch die wunderbare Filmmusik von Hans Zimmer einen immensen Beitrag. Zwar bleiben seine Kompositionen unverkennbar und der geneigte Zuhörer findet auch teilweise Themen aus Filmen wie Gladiator oder Fluch der Karibik II. Doch die neuen Themen glänzen mit einer süßen Melancholie und auch mitreißenden, atmosphärischen schnelleren Stücken, geschickt unterlegt mit japanischen Instrumenten. Hans Zimmer liefert hier einen seiner schönsten Soundtracks ab. Die Effekte werden nicht gerade sparsam eingesetzt, fügen sich aber so gut ein, dass sie häufig gar nicht mehr auffallen. An den nötigen Stellen wird nicht mit dem Blut gegeizt, Verletzungen und Tod nicht versteckt. Die Altersfreigabe ab 16 Jahren ist dabei absolut angemessen. Eine andere Herangehensweise hätte diesem Thema sowohl die Ernsthaftigkeit als auch die Authentizität genommen. In Rückblenden wie Algrens Erinnerungen oder einer Vision Katsumotos wird die Kameraführung oft unruhiger. Passend dazu wird ein gräulicher Farbfilter eingesetzt, der neben den kurzen Schnitten deutlich macht, dass der Zuschauer z.B. die Vergangenheit sieht. Edward Zwick verzichtet zudem bewusst auf zu viele Detailaufnahmen, um den Raum, in welchem die Charaktere sich bewegen, immer miteinzubeziehen. Dadurch entwickelt sich die Beziehung des Zuschauers zu den Charakteren vorwiegend über ihre Handlungen. Auffällig ist, dass in dem ersten Teil des Films, nie aus der subjektiven Perspektive Algrens gefilmt wird. Erst als Algren beginnt sich an das Leben bei den Samurai zu gewöhnen, nimmt die Kamera häufiger seinen Standpunkt ein. Je mehr der Zuschauer sich mit dem Protagonisten identifizieren kann, desto häufiger wird aus seiner Sicht gefilmt. All diese Elemente machen The Last Samurai zu einem filmischen Denkmal an die Samurai, welche die Kultur Japans zu einem Wesentlichen mitgeprägt haben. Gleichzeitig wird der geneigte Zuschauer auch eine Bandbreite von Emotionen erleben, wie man es bei heutigen Actionfilmen häufiger vermisst. Damit gehört der Film zu den tiefgründigeren Vertretern dieses Genres und bekommt daher uneingeschränkte und begeisterte 5 Hüte von mir.
Last Samurai Bewertung