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Mein Stück vom Kuchen

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Putzfrau gegen Börsenhai

Mein Stück vom Kuchen Kritik

Mein Stück vom Kuchen Kritik
0 Kommentare - 13.09.2011 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 2.5 / 5

"Wir teilen", sagt man bei den Arbeitern in Frankreichs Norden. Und das ist ganz selbstverständlich. "Ich will das größte Stück vom Kuchen", sagt man im Finanzmilieu. Und auch das ist ganz selbstverständlich. Mit seinem neuen Film Mein Stück vom Kuchen beschäftigt sich nun auch Regisseur Cédric Klapisch mit der Wirtschaftskrise und den unmenschlichen Auswüchsen eines entfesselten Spekulantentums, in dem Menschen Humankapital sind, Abschiebehäftlinge eines kaltherzigen Systems, und auf ihre Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen sozialen Abstieg warten.

Ein Mann der subtilen Töne ist der Franzose dabei nicht - vielmehr erzählt er laut polternd eine Geschichte zwischen Sozialromantik, utopischem Kitsch und wütender Bestandsaufnahme gesellschaftlicher Realitäten. Das wird schon in der plakativen Exposition deutlich - einer Parallelmontage zwischen herzenswarmer Arbeiterwirklichkeit in Dünkirchen und bunt glitzerndem Kursfeuerwerk auf den Monitoren eines Sekulantenbüros. Dass sein Film kein kompletter Reinfall ist, hat Klapisch seinen beiden fantastischen Hauptdarstellern, ein paar netten Regieeinfällen und einem völlig unsentimentalen Ende zu verdanken.

In glattpolierten Kinobildern erzählt Klapisch eine Story, die wie eine RTL II-Dokusoap anmutet: Die arme, aber gutherzige Arbeiterin France (Karin Viard), die nicht umsonst so heißt, verdingt sich nach ihrer Entlassung in Paris als Putzfrau. Ausgerechnet bei dem Fondsmanager, der ihre Firma zwecks Profitmaximierung kaufte, in Einzelteile zerlegte und die Belegschaft auf die Straße schickte.

Steve (Gilles Lellouche) heißt der Mann und benimmt sich genau so, wie man sich einen aalglatten Finanzhai gefälligst vorzustellen hat. Ein Herz aus Stein, eine Wohnung aus dem Designerkatalog und mehr Geld zusammengeknüllt in seiner Hosentasche, als France in einem Monat verdient. Einen unehelichen Sohn hat er auch noch, aber keinerlei Bindung zu dem Kind.

Warmherzige Putze, skrupelloser Fondsmanager - Rollen und Sympathien sind klar verteilt. Mein Stück vom Kuchen ist ein plakativer Läuterungsfilm, ein Aschenputtel-Märchen mit lange zweifelhafter Glaubwürdigkeit, das in einer Bettgeschichte und einer Kindesentführung gipfelt. Es ist vor allem Karin Viard, die mit ihrer - dankbaren - Rolle eine nachlässige Inszenierung rettet. Sie trägt den Film und lässt ihn nicht ins Lächerliche abrutschen.

Ein Happy End gibt es nicht. Vielmehr entlädt sich am Schluss die Wut des Proletariats. Das bleibt im Gedächtnis, weil Klapisch hier endlich die Realität anerkennt, die er zuvor auf dem Altar weltverbessernder Komik opferte. Das verschwendete Potenzial schmerzt, vor allem angesichts einiger herrlich zynischer Szenen von großer Lockerheit. So muss France einen osteuropäischen Dialekt imitieren, um in einem Crashkurs für Reinigungspersonal nicht aufzufallen. Die Jobs ganz unten werden in Frankreich normalerweise nicht von den Franzosen erledigt.

Mein Stück vom Kuchen bekommt 2,5 von 5 Hüten.


(Quelle: teleschau - der mediendienst | Andreas Fischer)

Mein Stück vom Kuchen Bewertung
Bewertung des Films
510

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