Bewertung: 3 / 5
Städte, die Städte fressen, klingt nicht nur auf dem Papier gut, sondern sieht auch verdammt gut aus. In den besten Momenten kommt tatsächlich ein Funken Epik auf, vor allem wenn der Soundtrack sich Anleihen bei Der Herr der Ringe nimmt. Doch all dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie stümperhaft an vielen Stellen mit den Figuren umgegangen wird und deren Motivation in Mortal Engines - Krieg der Städte immer wieder nicht nachvollziehbar auf der Strecke bleibt. So unglaublich effektiv die Steampunk-Optik frischen Wind in die Kinos bläst, so sehr wird dem ganzen Unterfangen der Wind aus den Segeln genommen, weil man statt wirklich Großes auf die Leinwand zu zaubern, sich im Klein-Klein verheddert.
Mortal Engines Kritik
60 Minuten dauerte der Krieg, und die Welt, wie wir sie kannten, hörte auf zu existieren. 1000 Jahre später ist unser Planet kaum mehr wiederzuerkennen, doch die Menschheit ging nicht unter und passte sich den neuen Gegebenheiten an. Die Städte wurden mobil und ein unerbittlicher Verdrängungswettbewerb setzte ein, in dem immer nur der Stärkere obsiegt. Tom Natsworthy (Robert Sheehan) wächst im London jener Zeit auf und muss mit ansehen, wie die junge Hester Shaw (Hera Hilmar) ein Attentat auf Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) durchführt. Nur durch Toms beherztes Eingreifen kann Schlimmeres verhindert werden, doch anstatt ihn für seinen Heldenmut zu belohnen, findet er sich bald mit Hester außerhalb von London wieder und muss erkennen, dass so manches, was er zu wissen glaubte, auf einer Lüge basiert...
Trailer zu Mortal Engines - Krieg der Städte
Eine der besten Szenen kommt gleich zu Beginn, wenn das gigantische London Jagd auf kleinere Städte macht. Die Optik atemberaubend, das Setting endlos und unverbraucht, als Zuschauer giert man sofort nach mehr - und dann dieses Gefühl mit Weihnachten vor der Tür und ein Werk, hinter dem die Macher von Der Herr der Ringe und Der Hobbit stehen! Eigentlich dürfte ab hier nichts mehr schiefgehen und doch erkennt man viel zu bald, dass doch kein Hit draus wird. Mit einer Leichtigkeit schien es Peter Jackson, Fran Walsh und Philippa Boyens gelungen zu sein, den Ringkrieg auf drei atemberaubende Filme zu verteilen - und an einem Buch aus der Jugendliteratur scheitern sie. Oder liegt es doch daran, dass eben nicht Jackson selbst, sondern sein Effektkünstler Christian Rivers hinter der Kamera stand?
Optisch fallen sofort Parallelen auf und das London der Zukunft wirkt von den Kameraschwenks fast ein wenig wie Minas Tirith auf Rädern mit Elrond am Steuer. Diese Szenen sind oft großartig, vor allem da die Bildgewalt durch den stimmungsvollen Soundtrack noch untermalt wird. Doch so viel Substanz Mortal Engines - Krieg der Städte eigentlich durch seine Romanvorlage bieten könnte, zieht der Film aber keinen Nutzen daraus. Statt den Zuschauer behutsam an diese seltsame Welt heranzuführen und Protagonisten vorzustellen, wird dieser mitten rein geworfen. Den zwei Stunden geschuldet bleibt für Erklärungen nur wenig Zeit und diese wird nicht selten für Momente und Figuren vergeudet, die für die Handlung in der vorliegenden Form redundant sind.
Das Ergebnis ist, dass sich die Motivation der Protagonisten, vor allem der Helden, in einem rasenden Tempo den veränderten Bedingungen anpasst, während die der Schurken oft völlig auf der Strecke bleibt. Gerade Hugo Weaving als zentraler Antagonist bleibt viel zu blass und ohne Kontur. Seine fragwürdigen Aktionen werden zu keiner Zeit im Film durch die Personen um ihn herum hinterfragt und diejenigen, die zu Beginn an ihn glauben, verlieren diesen Glauben auf unglaublich schnelle Weise, nur weil irgendwer irgendwas behauptet. So viel Energie man in die optische Ausarbeitung dieser Welt steckte und diese mit Ideen nur so spickte, so wenig Energie ist in das teils schludrige Drehbuch geflossen. Man spürt die Tiefe, die da sein könnte und immer wieder unnötig verschenkt wird.
Es ist traurig mit anzusehen, dass es Jackson & Co. nicht geschafft haben, mehr aus dem Roman herauszuholen und das, wo mit Hera Hilmar eine wirklich tolle Hester gefunden wurde. Zu vieles bleibt auf der Strecke und so ist zu befürchten, dass es Mortal Engines - Krieg der Städte wie vielen Romanverfilmungen ergehen wird, die nie über den Auftakt der Reihe hinauskommen. Zwar steht Mortal Engines - Krieg der Städte immerhin gut genug auf eigenen Beinen, aber die Wehmut über die viel zu vielen verschenkten Möglichkeiten ist groß.