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Oben Kritik

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Oben Kritik
0 Kommentare - 19.07.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Oben" ist.

Bewertung: 4.5 / 5

Nachdem seine Frau gestorben ist und auch ein Bauunternehmen einen Blick auf sein Anwesen geworfen hat, entscheidet sich Carl Fredricksen (Edward Asner) wie sein großes Vorbild Charles Muntz (Christopher Plummer) ein Abenteurer zu werden. Also bindet er Heliumballons an Dach und macht sich auf den Weg nach Südamerika, um zu den Paradies Fällen zu gelangen. Dummerweise ist nun auch der Pfadfinder Russell (Jordan Nagai) auf dem Haus gestrandet, nachdem Carl ihn mehrmalig abgewiesen hat.

Oben beginnt und es ist ungewohnt. Es ist ungewohnt, weil das Leben in dieser Heldenreise mit etwas beginnt, was eigentlich das Ende nicht nur aller Heldenreisen, aber auch das Ende von allem bedeutet. Zumindest, wenn man so glaubt. Der Tod steht hier vor der Tür und in einem kurzen Abschnitt erläutert Regisseur Pete Doctor das tragische Leben eines Mannes, der die Liebe seines Lebens heiratete und dann verlor. Darin steckt eigentlich nichts Besonderes, weil hier natürlich auch nur der Anfang, die Mitte und das Ende erklärt werden. Auch ist es vielleicht nicht aufschlußsreich, weil man sowas von einem konservativen Unternehmen wie Disney nun mal erwarten kann. Irgendwo allerdings ist es dann doch besonders. Denn Pixar seine Zuschauerschaft mit einem wahrhaft grausamen Ereignis, daß einfach nur den Lauf der Zeit bedeutete, konfrontiert ist irgendwo erfrischend. Klar klingt das komisch und man sollte sich vielleicht nicht zu sehr in diese Deutungssphären begeben. Allerdings kann man den Machern nicht oft genug applaudieren, mit welcher Selbstverständlichkeit sie in den ersten Minuten des Werkes eine Ruhe hineinbringen. Das kann mitunter auch verwirren, gar ratlos zurücklassen, weil man nicht so recht weiß, wie sich das auf die Hauptfigur auswirkt. Und dennoch ist es so wichtig, weil die Lethargie und das allgemeine Ablehnen der Außenwelt hier den Anstoß für eine wahre Reise geben.

Trailer zu Oben

Wenn es überhaupt etwas gibt, daß man Oben ankreiden kann, dann ist es vor allem, daß das klar auch manipulativ ist. Man kann gar nicht anders, als diese Liebe und deren fatales Ende als berührend zu begreifen. Daß mündet dann in einer phantastischen Porträtierung. Da gibt es diesen Hauptcharakter Carl Fredricksen, der wie wohl kein Anderer den griesgrämigen Opa gibt. Die jungen Menschen regen ihn auf, der Fortschritt regt ihn auf, die Zukunft regt ihn. Der einzige Grund, warum er wohl nicht mehr zum Aufregen findet, ist, weil der Film ab diesem Punkt kaum noch andere Menschen etabliert. Und dann kommt es, wie es kommen musste. Der Fortschritt holt ihn ein, und die Privatisierung und der Kapitalismus machen auch keinen Halt vor seinem Haus, sodass ihm nichts mehr bleibt. In diesem Kontext ist es allerdings mehr als schäbig, wie der Film mit Pflegekräften umgeht. Davon abgesehen ist natürlich der Charakter von einem Segen erfasst. Das klingt erstmal recht biblisch, ist aber bei weitem nicht so spirituell. Denn das faszinierende an dieser Figur ist, daß sie trotz der Tatsache, daß sie eigentlich nicht wirklich sympathisch daherkommt, trotzdem die Sympathie des Zuschauers trägt. Vermutlich hat das etwas Pubertäres, indem hier gegen alles geschossen wird, was unerklärbar bleibt. Und dennoch ist dieser Film darin viel weiser als etwa Alles steht Kopf (2015) oder Rot (2022), weil die Figur in ihrem Stadium tatsächlich ernst genommen wird.

Sozusagen die Antithese dessen bildet natürlich der fröhlich, optimistische Philanthrop Russell. Der als Pfadfinder alles dafür geben würde, das Abzeichen für das Helfen eines Senioren zu erhalten. Auch diese Definition ist natürlich spannend. Letzten Endes bildet die Figur somit eine Liebeshymne an die Freiwilligenhilfe. Daß kommt Kapitalisten in unserem System immer zugute, weil sie blauäugig Dinge tun, die dann von der in diesem Kontext als antagonistische Macht verstandenen Wirtschaft, nicht entlohnt werden müssen. Es gibt also auch hier durchaus die Möglichkeit diese Auslegung, als inhuman zu deuten. Doch so zynisch muss das gar nicht sein, weil der Freiwilligendienst eines Kindes immer noch etwas anderes ist, als der eines Erwachsenen. Und auf der anderen Seite steckt auch in der Wandlung dieses Helden eine gewisse Ehrlichkeit, weil er zunächst kein Interesse an der Person hat, sondern eher daran, der Person zu helfen. Daß ändert sich im Verlauf der Geschichte, wie es auch bei Carl der Fall ist. Insofern nähern sich die Figuren durch grundverschiedene Bedürfnisse, aber eine Gleichheit in Philosophien an. Klar könnte man den Generationenkonflikt durchaus noch weiterdenken, allerdings wäre dieser Film mit seinem Konzept wohl der falsche Ort für diese Diskussion.

Darüber hinaus ist der Film gleichsam eine Liebeserklärung an das Explorationsverhalten und den Abenteuerfilm. Eine Reise nach Südamerika, große Bilder und viele Gefahren lauern auf dem Weg und die ständige Konstante sind eigentlich nur eine seltsam anmutende Gruppe von Lebewesen, die sich zwischen Ernsthaftigkeit, Slapstick und ziemlich gutem Witz tummeln. Das kann natürlich albern anmuten, wenn die zwei einen Hund adoptieren, der einfach nur drollig schaut und irgendwann in eigener Charme versinkt. Dennoch dürfte die PETA ihre Freude an dem Werk haben, weil der Film an einem gewissen Punkt zwischen Artenschutz, Umwelterhalt, moralischen Grenzen, Machttrieben und egozentrischem Selbstzweck eine Position für die Natur bezieht. Daß sind auch zu dieser Zeit natürlich Themen, die durchaus mit den Jahren an Reife gewinnen, was Oben vielleicht neben WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf (2008) zu dem erwachsensten und vielschichtigsten Film von Pixar. Daß man diese Geschichte dann trotz der leichtfüßigen Momente aber dennoch so ernst nehmen kann, ist vor allem der Vorarbeit durch den fulminanten Anfang geschuldet. Denn dadurch, daß der Film seinem Zuschauer auf dieser Ebene so viel zutraut, macht er gleich auch auf der anderen Seite die Hauptfigur interessant und vielschichtig. Daher interessiert man sich für dessen Schicksal.

Die technischen Abteilungen sind zwar klar Nebensache, aber man muss auch in dieser Hinsicht zugestehen, daß Oben nicht nur gut gealtert scheint, sondern auch selten die Möglichkeit bleibt sich an den Farben sattzusehen. Daß hat natürlich was von Reizüberflutung und dennoch ist die Zeichnung der Figuren gekonnt überspitzt, die Farbpracht der Luftballons und großen Canyons unbeschreiblich und auch das Folgespiel aus Licht und Dunkelheit sorgt für großes Staunen. Das mag nur marginal für die Geschichte von Belang sein, aber dennoch ist es auf der anderen Seite eine Kunst für sich, die Pixar hier betreibt.

Aufregend, berührend und wirklich lustig ist Oben in seinen besten Momenten. Die wenigen Patzer, die das Werk hat, lassen sich durch die atemberaubend schöne Animation, aber auch durch die tiefgreifende Hymne auf den Humanismus der Geschichte leicht verschmerzen. Klar ist der Film auch nicht zuletzt durch seine Hauptfigur wesentlich reifer, als andere Filme dieser Art und dennoch schafft der Film es Generationenübergreifend zu beeindrucken, weil die für Kinder eher lustigen Figuren, auf der anderen Seite auch für endlose Analysen taugen.

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