Bewertung: 3 / 5
Durch eine Zufallsbekanntschaft lernen sich ein Straßenmusiker (Glen Hansard) und eine Pianistin (Markéta Irglová) kennen. Er träumt vom großen Durchbruch, sie hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Zusammen arbeiten sie an ihrer Musik.
Eine zufällige Begegnung auf der Straße. Beide sind sich unbekannt, beide sind frei. Beide teilen eine Liebe, für etwas, was man sehr verständnisvoll lieben, was aber keiner von Außen so richtig nachvollziehen kann. Mitten in der Fassade, die sich Stadt schimpft. All der Dreck und die Gewöhnlichkeit des Alltages. Sie haben Jobs, suchen Jobs und eigentlich sind sie banal. Das trennt das Individuum von der Person. Die großen Träume, geplagt mit dem Wissen, daß man es nie richtig schaffen kann. Wege sind nie gleich, sie sind vergänglich und führen Menschen für eine gewisse Zeit. Once ist ein Film, der mit ganz minimalen Mitteln von Liebe berichtet. Ein großes Thema, sicherlich auch ein schweres und ewig wandelndes Thema innerhalb der Gesellschaft. Mann trifft auf Frau und irgendwie sind sie fasziniert voneinander. Was hier so zentral steht und eigentlich auch unüblich für das Genre des Liebesfilms ist, ist ein gewisser über schweifender Zynismus, nach welchem die Charaktere, die im gesamten Film füreinander bestimmt zu sein scheinen, niemals das werden, was sie nach gesellschaftlichen Maßstäben eigentlich sein müssten. Sie müssen doch zusammenkommen, so ist man es doch gewohnt. Aber ist es denn wirklich Zynismus, oder nicht viel eher eine Erkenntnis, die über bloße Romanzen und Fleischlust hinausgehen. Liebe es nicht alles, vielleicht ist das eine Erkenntnis, die man aus Once ziehen kann, wenn man ihn gesehen hat.
Die Charaktere müssen einander nicht lieben, vielleicht tun sie das sogar. Im Zentrum steht aber etwas ganz anderes. John Carney verlegt den Fokus von herkömmlichen Klischees auf eine philosophische Ebene. Nicht indessen, daß die Charaktere eine intellektuelle Diskussion über das Dasein und all seine Fehler und Einzigartigkeiten führen würden. Darum geht es gar nicht. Wenn man diese Charaktere, die nicht mal einen Namen zu sich haben, mal genauer betrachtet, dann könnte man meinen, daß sie nicht einmal richtige Charaktere sind. Was man sonst in einem politisch aufgeladen Film im Subtext und den Handlungsweisen der Figuren findet, ist in Once eine ganz andere Personifizierung, zumindest scheint das so. Was ist, wenn die Charaktere in Once tatsächlich so etwas, wie die Kunst repräsentieren. Schließlich werden sie von dem tiefen Verlangen geführt, daß sie sich ausdrücken wollen. Zusammen arbeiten sie an der Kunst, sie kennen einander kaum und es bleibt ohnehin anzuzweifeln, ob sie sich je richtig kennenlernen. Man erfährt vom Straßenmusiker nur, daß er eine schwere Trennung durchgemacht hat und irgendwie nicht so ganz von ihr loskommt. Aus welchem Grund auch sonst sollte man sowas in einem Gespräch erwähnen. Dann ist da diese Frau, die Kind und Mutter zu Hause hat. Über den Vater weiß man ebenso wenig. Er ist halt nicht da. Und da wäre sie wieder, die Politik, die viele Werke ganz unterbewusst auflädt.
Man lernt die Frau als tschechische Immigrantin kennen, die auf der Straße arbeitet und ihr Geld damit verdient, Blumen zu verkaufen und bald, bei einer reichen Familie zu putzen. Darüber hinaus ist dieser Mann in Dublin irgendwie festgefahren, er arbeitet bei seinem Vater und repariert elektronisches Zeug. Irgendwie erscheinen beide Leben da nicht so erfüllend. Wenngleich das auch eine sehr hochnäsige Wahrheit sein kann. Doch da ist sie, die Politik. Schließlich ist die Darstellung hier, wohl die Darstellung einer klassischen Arbeiterschicht. Ob es die im modernen Dublin noch so gibt, daß müssen einheimische bewerten. Doch legt Carney dabei gekonnt den Fokus eben auf jene Geschichte, von Menschen, die eigentlich von etwas ganz anderem träumen. Oft sind solche Geschichten etwas peinlich, weil auch Once in seinem Kern somit ein wenig an den American Dream erinnert. Kein Wunder, daß die Charaktere vom Aufstieg träumen. Wenngleich die Komponente hier ein wenig komplexer daherkommt. Denn während das geregelte Leben beide überfordert, träumt die eine vom Aufstieg und der andere von der Flucht. Letzten Endes führt das aber zu ein und demselben Schluß, nämlich, daß das Leben, welches sie derzeit führen, nicht genug sein kann. Und dennoch kann es nicht unweigerlich zu einer Flucht kommen. Nicht jeder schafft das. Zweifelhaft bleibt in Once also, ob die Alternative, die sich den Charakteren mehr oder minder bietet, auch einen Wert hat, besser gesagt erstrebenswert ist.
Überdies bleibt Once ein Film, der eine minimale Geschichte mit minimalen Mitteln erzählt. Die Bilder, die erzeugt werden, scheinen mit einer herkömmlichen Kamera gedreht und auch sonst wirken Inszenierung und Führung der Bilder durchaus amateurhaft. Das ist eben so im Independent-Film. Doch gleichzeitig sollte man sich dazu eingestehen, daß das nicht unbedingt einen Charme zu sich hat. Denn was nutzt eine Geschichte, die mit romantischen Bildern einer Stadt aufwarten will, wenn die Bilder aussehen, als wären sie fast gar nicht zu erkennen. Man merkt Once ganz eindeutig seine Machart und sein Alter an. Das kann man gut finden, muss man allerdings auch keineswegs. Denn es hilft dem Film in keinster Weise. Über das Schauspiel der beiden Akteure Glen Hansard und Markéta Irglová lässt sich eigentlich nicht viel sagen. Es mag im Genre der Romanze sicherlich ganz gut sein, doch da diese Figuren sowieso primär als Personifikation von Kunst fungieren, reichert der Film diese Charaktere auch nicht unbedingt mit etwas an, was sie von der Masse abheben würde. Sie sind halt da, genauso sind sie gemeint und genauso sind sie umgesetzt. Weiterhin gibt es da keine Erkenntnis.
Der liebe Zufall und ein Gefühlszustand sorgen in Once für ein Experiment, welches zwar musikalisch eine gewisse Kraft hat, doch niemals über einen Independent-Charme hinausgeht. Das sorgt mitunter dafür, daß die Deutung des Werks vielschichtig ist, doch gleichsam könnte man meinen, sie sei nichts Halbes und nichts Ganzes. Die Figuren sind Symbole, mehr nicht und das kann ganz nett unterhalten, ist aber am Ende des Tages auch nicht mehr als das.
