Bewertung: 3.5 / 5
Anfang der 1990er Jahre lebt die Prinzessin von Wales im Unglück. Diana (Kristen Stewart), ehemals Diana Spencer kann nicht mit dem Ruhm um ihre Person umgehen. Und so ist weder ihr Gatte Prinz Charles (Jack Farthing) noch ihre Position im Königshaus ihr recht. Daher überlegt sie, die Ehe mit ihrem Mann zu beenden. Während der Weihnachtsfeiertage hebt der Unmut über ihr Dasein nur noch weiter und sie überlegt ihren royalen Stand endgültig aufzugeben.
Das britische Königshaus erfreut sich in einigen Teilen der Welt bester Beliebtheit und auch filmisch ist das royale Schaffen etwas, was sich immer wieder in etwaigen Produktionen über die Krone wiederfindet. Natürlich ist das Märchen vom gutmütigem König eines, welches sich durchaus auch zu den ältesten narrativen der Geschichte zählen lassen kann. So sind Könige in Geschichten oft sehr gutmütig oder werden eben durch jene Gutmütigkeit überhaupt erst zu jenen mächtigen Männern, die von Macht noch nicht korrumpiert wurden. Daher fallen Werke, die sich mit Königen befassen, oft auch in die Kategorie royaler Propaganda. The King’s Speech (2010) von Tom Hooper lässt sich tatsächlich mühelos in diese Kategorie einordnen und zeichnet mit einer naiven Weltanschauung einen König, der eben auf anderer Seite auch sicherlich mit Vorsicht zu genießen war. Mit Spencer liefert Regisseur Pablo Larrain einen Einblick hinter die Kulissen des royalen Treibens. Dabei wird ganz offensichtlich der Dekadenz gefrönt, die – wie sollte man es auch anders erwarten – vor allem auf Außenwirkung bedacht ist und daher jeden noch so kleinen Moment minutiös durchplant. Da werden Kleider für Morgens, Mittags und Abends rausgelegt. Das genaue Gewicht gemessen. Jeder Gang nach draußen strickt durchgeplant und all das nur für die Außenwirkung. Natürlich ist das insofern auch ein gefundenes Fressen für einige Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich ob ihres eigenen Standes in ähnlichen Sphären bewegen.
Trailer zu Spencer
Wie so ziemlich jeder Film, versucht Spencer komplexe Strukturen und Persönlichkeiten zu simplifizieren, indem eben ganz klar gute und böse Menschen voneinander unterschieden werden. Es mag aber vielleicht auch gar kein so bewusster Vorgang beim Drehen des Werkes gewesen sein, denn immerhin lernt der Zuschauer primär die Sichtweise von Prinzessin Diana kennen, die, bedingt durch ihren schieren Hass auf ihr eigenes Leben, natürlich auch zum klaren Sympathieträger der Geschichte wird. Nun wirkt das mitunter natürlich auch recht eindimensional und dem Film hätte dahingehend vermutlich auch eine eher differenzierte Herangehensweise gutgetan, indem die durchaus komplexen Figuren in diesem Konzept der Monarchie auch ein wenig differenzierter beleuchtet werden. Klar hat ein Film das recht eben jene einfache Strukturierung vorzunehmen, denn schließlich sind Rollenmuster in Dramen in den seltensten Fällen unglaublich komplex. Doch er läuft damit ebenso Gefahr, bei solch umstrittenen Persönlichkeiten wie so ziemlich jedem Mitglied irgendeines Königshauses, einfach zu banal zwischen wahrem gut und wahrem böse zu teilen. Zudem bekommt man gleich zu Beginn an das Gefühl vermittelt, der Film wolle auf einen großen Konflikt hinaus, zwischen Diana und dem Rest der Königsfamilie.
Sie passt da nicht wirklich rein und wird von einem ewigen Konflikt zwischen Liebe, Verantwortung, Angstzuständen und Erwartung hin und hergetrieben. So wird Diana genau gesagt, wann sie was, wie viel, wo und überhaupt zu essen habe. Doch Diana fungiert hier auch großartig als Freigeist, der sich von den auferlegten Strukturen nicht die Meinung geigen lassen will. Gerade im Zusammenspiel mit ihrem Gatten Prinz Charles wird dieser Kontrast der Gefühle deutlich. Denn scheinbar scheint die Diana nichts mit ihm zu verbinden, während dennoch ihre Kinder alles für sie bedeuten. Ohnehin entpuppt sich dabei aber auch die Regie von Larrain als großer Segen, der hier mit einer durchaus dynamischen Kamera agieren lässt und dabei nie den Fokus auf Diana verliert. Denn Kristen Stewart hat diese Figur so verinnerlicht, daß es schwer wird, überhaupt eine andere als sie im Film sehen zu wollen. So vereint sie genau diese Eigenschaften, die sich aus Erwartung und Freiheit zusammensetzen. Gleichzeitig ist auch ihre Psyche scheinbar nicht so richtig stabil, was der Film damit begründet, daß Diana im Königshaus einfach falsch ist. Hier baut der Film ebenfalls einen Genre-Hybriden aus, indem er neben Drama und Historie auch klar noch mit Psycho-Horror spielt, wodurch die Sehnsucht nach den einfachen Umständen, aus welchen Diana kommt, nur noch stärker hervorgerufen werden. Da gibt es dann ebenso einige Szenen, in denen nur die Augen von Stewart sprechen, oder auch Balletartige Momente, in denen sich der Film suhlt. Doch sie führen zu einem Ziel und beschreiben im Endeffekt als Ausdruckstanz nur noch mehr die Sehnsucht nach Freiheit.
Durch seine surrealen Einschläge spielt der Film natürlich auch bewusst mit der Wahrnehmung seiner Zuschauer, indem er den anscheinend geistigen Verfall von Diana niemals aus einer anderen Perspektive betrachten kann. Gleichzeitig wirken diese Momente so gekonnt mit der Realität verankert, wodurch das Werk nicht zu speziell würde und an Glaubwürdigkeit verliere. Das ist ohnehin ein großer Wurf, weil auch gerade das durchstrukturierte Königshaus und deren Angestellte sich teilweise in lächerlich genauen und ebenso lächerlichen Arbeiten der Völlerei hingeben. Alles nur um die Zufriedenheit der Familie zu gewährleisten und ja nicht in Ungnade zu fallen. Wirklich berauschend hingegen wirken die Farben, die sich bedingt durch die teuren Kleider und sonstigen Möbelstücke in die Netzhaut brennen. Diese stehen natürlich im Kontrast zu den weiten und fast trostlos wirkenden Landschaften, die Diana auf ihren Wegen besucht. Dadurch entsteht auch ein symbolischer Kontrast, der sich in der einsamen Welt, dennoch aber wesentlich lebendigeren Landschaft im Vergleich zu der bunten und irgendwie toten Gesellschaft des Königshauses bewegt.
Die visuelle Opulenz, die von Spencer ausgeht, wird nur noch von ihrer Hauptdarstellerin überschattet. Kristen Stewart lebt diese Figur mit all ihren Facetten, dem psychischen Verfall und einem Unmut, der nach und nach zu steigen droht. Eine klare Abrechnung mit royalen Strukturen, die sich um Probleme kümmern müssen, die eigentlich nur noch in reiner Selbstdarstellung münden. Natürlich ist das nicht ambivalent, wenn es um die Gesamtheit geht, auf der anderen Seite wühlt der Film dabei in den richtigen Wunden.