Bewertung: 4.5 / 5
Lange Zeit einer meiner absoluten Lieblingsfilme, und immer in den Listen der besten Actionfilme aller Zeiten vertreten, ja sogar in den Listen der besten Filme aller Zeiten, zudem ein absoluter Weihnachtsklassiker heutzutage, was liegt also näher für die derzeit stattfindende 1980er Abstimmung auch mal diesen egendären Klassiker zu besprechen?
John McLane kommt nach LA, um mit seiner in Trennung lebenden Familie Weihnachten zu verbringen. Er möchte seine Frau, welche eine Top-Managerin in einer japanischen Firma ist, direkt von der Weihnachtsfeier im firmeneigenen Hochhaus abholen und zu den Kindern fahren. Doch während sich John im Waschraum frisch macht, greift eine schwerbewaffnete Gruppe international zusammen gewürfelter Männer das Hochhaus an und nimmt die Weihnachtsgesellschaft als Geisel, John kann mit Müh und Not (und ohne Schuhe) entkommen und ist künftig auf sich alleine gestellt. Zu allem Überfluss sammeln sich draussen Polizisten und FBI und verkomplizieren die Lage, da man John nicht für ernst nimmt oder als störend empfindet.
Das ist der Prototyp des Normalo Einzelkämpfer in auswegloser Geiselsituation Filmes, welche danach in zig Variationen durchgespielt wurde, sei es im Eisstadion, im Flugzeug, im Bus usw. Und er ist nach wie vor der beste Beitrag zu diesem Thema. Das liegt zum einen daran, dass mit Bruce Willis zu dem Zeitpunkt ein einfacher Normalo des Helden übernimmt. Er war damals eher als smarter Schnösel in das Model und der Schnüffler aufgefallen und galt ganz sicher nicht als Actionheld. Ausserdem kam er just in dem Moment auf den Bildschirm als solche Mannsbilder wie Schwarzenegger, Stallone, Norris, mit Abstrichen van Demme ihren Muskeln taten folgen liessen. Und hier haben wir den einigermassen normalen Familienvater (der zufälligerweise Polizist ist), der sich in einer Situation wiederfindet, die ihm eigentlich komplett über den Kopf wächst. Eigentlich hat er keine Chance.
Und das macht der Film durchaus deutlich, man weiss, dass er es bis zum Ende durchhalten wird, aber irgendwie weiss man nicht recht, ob er es auch überleben wird. Und diese Spannung gelingt es dem Film durchaus bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Was bei einem im Prinzip recht einfachen Action-Reisser Marke Hollywood schon einem kleinen Wunder gleich kommt.
Hinzu kommt, dass mit Alan Rickman der wohl charismatischste und beste Hollywooddarsteller für Bösewichtsrollen der späten 1980er und frühen 1990er eine große Antagonsiten-Show starten darf, welche Bruce Willis Charakter durchaus auf Augenhöhe zu begegnen in der Lage ist. Und im Prinzip durchleben beide Parteien eine Achterbahn der Gefühle und beiden entgleitet die Situation immer wieder, bis es am ende tatsächlich Auge um Auge heisst. So einen Bösewicht oder Gegner hatte seither kaum mehr ein Superstar in einem Action-Film, außer vielleicht noch Kevin Costner als Robin Hood, hmm da war doch was. ;-)
Der Regisseur John McTiernan erschafft hier einen rasanten Actionklassiker und macht seinem Ruf, der beste Hollywoodactionregisseur seiner Zeit zu sein, alle Ehre. Mit Predator erschuf er etwa zeitgleich ein weiteres Franchise, welches im ersten Film auch ganz große Klasse ist, und auch durchaus ambivalent aufgenommen werden darf. Immer wieder durchbricht McTiernan gewohnte Sehmuster und untergräbt Erwartungshaltungen, so auch hier, wenn etwa die beiden Brothers of another Mother FBI Agenten daherkommen und eigentlich nur als Witzfiguren herhalten dürfen und am Ende sogar mehr eine Katastrophe in Gang setzen als den Tag zu retten. Oder wenn ein sensationsgeiler Reporter die Ehefrau des Helden in arge Bedrängnis bringt. Der Film erzählt neben seiner obligaten Einzelkämpferstory halt auch noch mehrere kleine Nebengeschichten, die ein ganzes Großes zusammenbringen.
Der Film kommt wie eine absolute Frischzellenkur gegenüber den festgefahrenen Starvehikeln jener Tage rüber und man könnte ewig so weiter lobhudeln, was auch völlig gerechtfertigt wäre. Aber wenn ich nicht einmal bei so einem Film wie dem hier auf höchstem Niveau meckern darf, wo dann?
Erstens einmal ist das prinzip des Einzelkämpfers eben keine Neuigkeit, und das weiss sowohl das Drehbuch, als auch der regisseur und sogar die Figuren im Film wissen das. Sie spielen sogar mit diesem Wissen ein Meta-Spiel und das berühmteste Zitat kommt ja nicht von ungefähr: Der lonesome Cowboy. Vor allem Gary Cooper hat diese Archetype in Hollywood stark bedient, und spätestens mit dem Spaghetti Western um Eastwood und Nero (der übrigens einen starken Auftritt im zweiten Teil hat, wenn das mal kein System hat!) ist es salonfähig. Der abgehalfterte Cop, der nochmal gegen einen übermächtigen Gegner zu Hochform aufläuft? Auch hier muss man nicht weit suchen, mit beispielsweise Eastwood in der Mann, der niemals aufgibt (auf Englisch schlicht The Gauntlet) haben wir sogar den Fall des hoffnungslosen Falles, da er gegen das gesamt korrupte Polizeisystem (das sind alles nur Einzelfälle) als abgehalfteter Cop antreten muss und ebenso eigentlich keinerlei Chance hat. Und schliesslich haben wir auch den normalo Ehemann, der körperlich komplett an seine Grenzen gehen muss, da die Situation es von ihm verlangt, wie beispielsweise der sehr fragwürdige und auch heute noch sehr überragende Ein Mann sieht rot (da können alle Remakes und Ehrerbietungen auch heute noch nicht mithalten). Doch nach etwa einem Jahrzehnt perfekt durchtrainierter asexueller Muskelmänner, wo man sich in den Filmen teilweise fragt, wo da deren Kinder herkommen, kommt Otto Normalo daher und rockt den Saal.
Aha, das ist also die ganze Kritik? Dass es nicht alles neu ist? Soso, schwach ganz schwach ;-p
Okay, dann auf die harte Tour (übrigens ein wirklich mehr als brauchbarer Film): Der Film, so klasse er ist, ist leider nicht ganz so gut gealtert, wie man es nostalgisch verklärt gerne hätte, er ist immer noch ungemein gut, und man zittert mit John McCLane mit, doch so richtig richtig mit geht man dann doch nicht mehr. Vielleicht liegt es daran, dass man mittlerweile zig dieser Filme kennt, und daher all die Tropen kennt, vielleicht liegt es daran, dass man weiss, dass es ein Happy End gibt, schliesslich gibt es genug Fortsetzungen. Vielleicht ist die filmische Entwicklung deutlich weiter gegangen. Wer weiss.
Aber das ist dann auch der Grund, warum dem Film dann doch die höchste Ehre verwehrt bleibt. Wenn es einen Film aus jener Zeit (ungefähr) gibt, dem ich in diesem genre die 10 Punkte geben würde, dann eher Face/Off, und das obwohl der Film deutlich mehr Kritikansatzflächen hergibt. Dafür drückt er einen aber nach wie vor komplett in den Sessel.
Dennoch absoluter Topfilm.