Bewertung: 3.5 / 5
Eines Vorweg: Ich respektiere Nolan, aber ich bin klein glühender Verehrer, vor allem seine Arbeiten in den letzten Jahren haben mir sehr deutlich gemacht, dass er sich zunehmend als Mainstreamregisseur etabliert hat, der hierfür auch auf seine frühere kalte sterile analytische Herangehensweise zu verzichten bereit ist. Natürlich hat er immer (und damit meine ich wirklich IMMER) seine Spleens in seinen Filme gehabt, die Spiele mit den zeitlichen Ebenen, die in keinem seiner Filme fehlen dürfen, dennoch so heuchlerisch die Manipulationsknöpfe seines Publikums zu drücken, wie es eben die normalen Blockbusterregisseure sonst tun, hat Nolan zuletzt doch sehr stark ausgelebt.
Umso erstaunter bin ich aber nun eben von diesem Tenet. Auch hier wieder die typischen Nolan-Spezifika wie das Spiel mit den zeitlichen Ebenen, eben nun gepaart mit dem aten Nolan, dem kalten, sterilen, analytischen Beschreiben eines Ist-Zustandes, der fehlenden Charakterisierung seiner Figuren, und der völligen Loslösung von narrativen Beschränkungen zugunsten einer audiovisuellen Reizüberflutung.
Trailer zu Tenet
Dass die Geschichte, auf die ich nicht näher eingehen werde, da je weniger man darüber weiss, es desto besser ist für das erstamlige Erleben des Filmes, im Prinzip recht dünn ist und auf einen Bierdeckel passt: Geschenkt!
Dass Pattinsons Charakter für seinen Erfahrungsschatz eigentlich viel zu jung ist: Geschenkt!
Dass der Protagonist (Ja, er selbst nennt sich auch so!) eine Art namenloser Grechtigkeitskämpfer und Anführer ist: Geschenkt!
Der Film ist audiovisuell eine Wucht, keine Frage. Aber er stellt wie üblich bei Nolan Behauptungen über Charaktere und deren Beziehungen zueinander auf, die eben wegen seiner oberflächlichen Inszenierung immer irgendwie Behauptung bleiben. Und so grandios das alles aussehen mag, so wenig neu ist das alles. Auch der Overkill auf der tonalen Ebene.
Wer ein Zeitreiseparadoxon oder mehr gesehen hat, wer dann auch noch Dark gesehen hat, der weiss auch, dass man trotz audiovisuellem Overkill auch noch eine mitreissende Story erzählen kann. Genau hieran hapert es bei Nolan aber.
Seine Story wird unnötig verkompliziert und hat keinen erzählerischen roten faden, eher Set-Piece auf Set-Piece.
das kann funktionieren, und tut es zumeist auch, aber der Film, so toll ich ihn finde, eben auch weil er Nolan wieder von seiner besseren früheren Art zeigt, ist auch nicht unbedingt was für das große Publikum. Obwohl man den Film unbedingt im Kino gesehen haben muss.
Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass der Film auch ohne Corona 2020 im Kino untergenagne wäre, eben weil er nicht massenkompatibel ist. Und dann gehe ich sogar so weit zu behaupten, dass er, dadurch das er als potentieller Blockbuster untergegangen ist, dem Kino an sich einen Bärendienst erwiesen hat, da die Produzenten weltweit nun sagen: Selbst Tenet ist untergegangen.
Außer dass ich den Film audiovisuell mag, mir der alte Nolan besser besser gefällt als der neue, gibt es überhaupt was, was man positiv hervorheben kann? Washington! Der Mann eine Präsenz, die eigentlich ihresgleichen sucht, nur kann Nolan sie nicht zur Entfaltung bringen, da er seinen Protagonisten (!) profillos belässt.
Wenn ich mir den letzten Satz so durchlese: gebt Nolan einen Bond-Film!
Fazit: Guter Sci-Fi Film mit recht dünner pseudomässig vertrackter Story, der optisch und akkustisch eine Wucht ist, aber eigentlich nicht als vermeintlicher Heilsbringer des Kinojahres 2020 hätte gehandelt werden dürfen.