Bewertung: 1 / 5
Der nerdige Elliot, sein bester Freund John und seine Freundin Sasha ziehen gemeinsam in ein Haus abseits des Campus. Nach der Einweihungsfeier halten die drei zusammen mit Sashas Freundin Kim eine Seance ab, bei der komischer Kram passiert. Zusätzlich hat Elliot im Keller des Hauses ein Nachttischen gefunden, das einen Hinweis auf den Bye Bye Man enthält. Langsam verschwimmen für die vier die Grenzen der Realität, Wahnvorstellungen nehmen die Überhand. Elliots Recherchen zum Bye Bye Man führen ihn zu dem Journalisten Larry Redmon, der Ende der 1960er mit einer Schrotflinte Amok gelaufen ist und sich anschließend selbst umgebracht hat. Larry, so erfährt Elliot, brachte jeden um, dem er von dem Bye Bye Man erzählt hat, denn nur so kann man ihn aus der Welt schaffen...
Manchmal sieht man einen Film, der einen wirklich nur mit den Händen über dem Kopf zusammenschlagen lässt. „The Bye Bye Man“ von Regisseurin Stacy Title ist genau ein solcher Film. Dabei fängt er gar nicht mal so schlecht an: wir beginnen mit einem Flashback in die Sechziger, bei dem in einer für die Verhältnisse effektiven Plansequenz Larrys Amoklauf gezeigt wird. Von der ersten Einstellung ist zwar klar, dass „The Bye Bye Man“ auf der low budget-Seite von Hollywood gedreht worden ist und der billige Digitallook vergällt den ersten Eindruck, aber hier zeigt sich trotzdem eine ansatzweise inspirierte Inszenierung. Als dann die Handlung in die Gegenwart springt und die Charaktere vorgestellt werden, scheinen Regisseurin Title und Autor Penner (kein Scherz) durchaus was auf dem Herzen gehabt zu haben, das sie mit „The Bye Bye Man“ ausdrücken wollten.
Trailer zu The Bye Bye Man
Protagonist Elliot ist der typische sanftmütige Nerd, der neben seinem besten Freund, dem Sportass John, mit seiner Männlichkeit zu kämpfen hat. So kommt es schon früh zu ersten Konflikten, als Sasha im Schlaf murmelt, sie würde John lieben. Darauf reagiert Elliot verständlicherweise eifersüchtig, was noch dadurch verschlimmert wird, dass John am nächsten Tag heimkommt und Sasha erklärt, sie würde perfekt aussehen. Der Film spielt von nun an mit Elliots Eifersucht und dem Fakt, dass er Wahnvorstellungen hat, scheint zu sagen, dass Eifersucht vor allem im Kopf des Eifersüchtigen entsteht, der in unschuldige Gesten schmutzige Absichten interpretiert. Elliot, der interessanterweise in einer Szene ein Shirt der Band Violent Femmes trägt, wäre gerne männlicher, ganz wie sein Bruder Virgil, der Familienvater und Handwerker, um seine Unsicherheit zu überwinden. Der Film spielt somit mit der männlichen Angst, zu feminin zu sein, scheint einen Kommentar auf Männlichkeit selbst darstellen zu wollen – denn nicht umsonst heißt der Bösewicht „Bye Bye Man“. Dessen Ankunft wird mit einem Zug symbolisiert, der ja spätestens seit Hitchcock eines der potentesten Symbole für Sexualität im Film ist.
Das klappt aber nicht, denn „The Bye Bye Man“ ist ein außerordentlich wirrer Film, der kaum seinen eigenen Plot erzählt kriegt, geschweige denn eine Allegorie auf irgendwas darzustellen vermag. Wer sich an der einleitenden Inhaltsangabe gestört hat, dem sei vergewissert, dass sie den besten Versuch darstellt, die unzusammenhängende Geschichte von „The Bye Bye Man“ halbwegs nachvollziehbar zusammenzufassen. Das Drehbuch von Autor Jonathan Penner gibt sich kaum Mühe, der Geschichte einen logischen Zusammenhang zu verschaffen, Dinge passieren einfach, weil sie in einem Film dieser Art passieren müssen. Besonders ärgerlich ist das bei der Figur des Bye Bye Man selbst, der keine Hintergrundgeschichte erhält und ein blasses Etwas bleibt. Zwar wird wage darauf hingewiesen, dass Ideen und Sprache die Realität formen, der Bye Bye Man seine Macht daraus zieht, dass man über ihn spricht, aber mit diesem Einfall wird nichts angestellt. Und so kann der Bye Bye Man nie zu einer zentralen Metapher werden, die dem Film eine Aussage verleihen könnte, mit der der Film über seine minderwertige Machart hinausgehoben wird.
Denn „The Bye Bye Man“ entpuppt sich nach seiner gelungenen Eröffnungssequenz als schrecklich inszenierter Quark, der mehr nach der Halloween-Episode einer Daily Soap aussieht als nach einem abendfüllenden Spielfilm. Lieblos ausgeleuchtete Sets lassen es zu keiner Sekunde zu, dass Atmosphäre aufkommen mag, Schrecksequenzen ohne Rhythmus, die man hundertmal besser gesehen hat, vermögen allenfalls zu langweilen und die unterdurchschnittlichen CGI-Effekte tun ihr übriges, um „The Bye Bye Man“ an das untere Ende der Qualitätsskala zu verfrachten.
Noch wahnsinniger als das ein Werk, das man durchaus als „amateurhaft“ bezeichnen könnte, tatsächlich eine Kinoauswertung erfahren hat, ist wohl der Fakt, dass die Besetzung in den Nebenrollen ziemlich hochwertig ist. Hier geben sich Doug Jones, Leigh Wannell, Carrie-Ann Moss und, am Verwunderlichsten, Faye Dunaway die Klinke in die Hand. Haben die alle den gleichen Agenten, der keine Lust hatte, seinen Job zu machen? Man mag es gar nicht glauben, wer sich hier ans Set verirrt hat.
An einer Stelle fragt Protagonist Elliot seine Freundin Sasha „You wanna watch something stupid?“ Man will dem Film nur mit „Das tue ich gerade“ antworten.