Bewertung: 4.5 / 5
"The Empty Man" ist ein Horror/Mystery Film von David Prior der zwar 2020 in den USA ins Kino gekommen ist, aber bereits 2017 gedreht wurde. Der Film kam damals bei Testvorführungen nicht besonders gut an und musste daher sehr lange vor sich hindarben, bis er nun doch noch veröffentlicht wurde.
Die Handlung ist kurz gesagt und spoilerfrei zusammengefasst erstmal noch nicht ungewöhnlich. Der Ex-Polizist James Lasombra versucht eine Gruppe von verschwundenen Teenagern wiederzufinden und stößt dabei auf einen seltsamen Kult.
Trailer zu The Empty Man
Das erste was einem bei diesem Film auffällt ist, das man zu Beginn mit einem beinahe halbstündigen Prolog konfrontiert wird. Das bereitet einen schon darauf vor, daß man es hier mit einem Film zu tun hat, welcher gar nicht vor hat in Hektik auszubrechen. Was bei einer Spielzeit von 137 Minuten für dieses Genre eher eine Seltenheit darstellt. Anders gesagt... ein Mainstream Publikum wird der Film eher nicht ansprechen und die Generation ADHS will er auch gar nicht abholen. So finden sich auch beinahe keine typischen Formeln eines Horrorfilms wie "Jumpscares" in diesem Werk. Vielmehr wird man in eine sehr dichte, wenn auch andauernd bedrohliche Atmosphäre hineingeworfen, welcher der Film auch bis zu seinem Ende gekonnt aufrecht erhalten kann. Am ehesten sehe ich hier, zumindest in Bezug auf die Atmosphäre, eine Nähe zu den Werken von Ari Aster.
James ermittelt also auf eigene Faust in einem ultra-langsamen Tempo und stößt dabei immer mehr auf sehr seltsame und befremdliche Hinweise. Es dauert auch entsprechend lange bis die Puzzlestücke langsam zueinanderfinden. Was auch noch erschwert wird, das der Film es sich sogar noch traut falsche Fährten einzubauen. Auch wenn der Film für den Ermittler und Hauptprotagonist im Prinzip eine Abwärtsspirale vorsieht, wird der Film dabei nie wirklich "rasant" und damit ist auch das Finale eingeschlossen. Das klingt jetzt alles fürchterlich ermüdend, aber der Film hat eine beinahe hypnotische Wirkung, welche einen bis zum Ende in seinen Bann zieht.
Weiterhin spoilerfrei sei auch unbedingt erwähnt, das der Film sich viel Zeit für philosophische Fragen nimmt und dies teils auch ganz offensichtlich einbaut, wenn z.B. in einem Dialog über Nitzsche diskutiert wird. Besonders der Ansatz des Nihilismus spielt im weiteren Verlauf eine sogar bedeutende Rolle.
Wenn der Film gut aussehen will, dann macht er das auch. Ich denke das umschreibt gut die komplette Optik. Die teils eingesetzen Effekte wirken nie billig, sondern gekonnt und man hatte hatte definitv ein geschultes Auge für Kamerafahrten bzw. Blickwinkel, welche so manche Szene noch intensiver wirken lassen... also sehr langsam intensiv wirken lassen (ihr erinnert euch an das Tempo). Die musikalische Untermalung ist immer passend, aber vor allem unaufregend dezent im Hintergrund. Hier wird eher in Verbindung mit dem Tempo und einigen langsamen Bildern dem Minimalismus gefröhnt.
James Badge Dale spielt die Rolle des Ex-Cops James Lasombra von Anfang bis Ende absolut überzeugend. Die Figur macht definitv eine Entwicklung durch und hier unterstützt das zurückgefahrene Tempo des Films auch die Wahrnehmung, so das man jeden einzelnen Schritt mitbekommt und nachvollziehen kann. Natürlich gibt es auch einen Nebencast wie die Figur Nora und deren Teenager Tochter Amanda, weswegen James sich überhaupt der Sache annimmt. Oder Stephen Root als Professor am Pontifax Institut. Alles gekonnte Darsteller und kein Grund zum Jammern. Aber trotzdem sind dies nur Personen in der einen oder anderen Szene. Die meiste Zeit des Films ist man mit James konfrontiert und wie er alles wahrnimmt. Seine Eindrücke, seine Erlebnisse und wie sie auf ihn einwirken und ihn vorantreiben bzw. weiterentwickeln. Der Film ist weder Kammerspiel noch "One-Man-Show", aber es dreht sich um eine zentrale Figur.
Fazit:
Jeder der im Horrogenre lieber "Teenie-Schlitzer-Busengrabscher" mit ordentlich "Jumpscares" sieht, ist hier vollkommen falsch. Auch die Splatter/Gore Freunde werden hier so gar nicht auf ihre Kosten kommen. Der Film ist damals in den Testvorführungen komplett beim Publikum durchgefallen und das vollkommen zu unrecht. Ja, hier haben wir es mit einem Nischenprodukt zu tun, aber einem der edlen Güteklasse. Ähnlich wie bei den Filmen von Aster, lebt der Film von einer dauernden bedrückenden Atmosphäre mit cleveren Bildern präsentiert und wie ich gerne bei solchen Machwerken betone... fühlt sich der Film einfach unbequem an. Wer aber die Muse hat sich auf diese Reise mit James zu machen, bekommt einen Film, welcher einem noch länger im Gedächtnis bleiben wird.