Bewertung: 3 / 5
Nach einer Naturkatastrophe ist das Reservat der Indianerin Danielle komplett zerstört. Mit Mühe konnte sie entkommen um dann in einer Art Krankenhaus zu erwachen. Voller Panik und verschiedenen Tests ausgesetzt erfährt Danielle, dass in ihr das X-Gen schlummert und sie eine Mutantin sei. Mit 4 weiteren Teenager ist Danielle als Patientin in der Anstalt, bewacht von Dr. Cecilia Reyes, damit die Kids lernen ihre Fähigkeiten zu kontrollieren. Erst nach erfolgreicher Therapie würden die Kinder in eine andere Einrichtung gelangen. Während die Teenager hoffen Mitglieder der X-Men zu werden, offenbart sich, dass das Leben in dieser Anstalt düstere Geheimnisse besitzt. So müssen die Kinder ihre schlimmsten Albträume immer und immer wieder durchleben.
Eine bewegte Vorgeschichte
Manchmal könnte ein Film über die Entstehung eines Projektes spannender sein, als es der fertige Film schlussendlich ist. Bei Justice League und dem Snyder-Cut könnte dies zutreffen, bei New Mutants bin ich mir ziemlich sicher, dass es der Fall ist. Am 13.05.2015 angekündigt, wurde das Drehbuch 2016 überarbeitet. Im Mai 2017 begannen die Dreharbeiten, welche bereits im September beendet wurden. Ziemlich schnell, was auch daran lag, dass es sich um einen klassischen Horrorfilm handeln sollte, ohne großen Superschurken, mit kleinem Cast. Der erste Trailer erschien bereits im Oktober 2017 und vermittelte: Century Fox scheint nach den R-Rated Filmen Logan und Deadpool sich erfolgreich von DC und dem MCU zu distanzieren, indem man nun mit einem Horrorfilm aufzeigt wie breit gefächert das Superhelden-Genre sein kann. Am 12. April 2018 sollte der Film dann ins Kino kommen...wie wir wissen wurde daraus nichts. Kurz vor dem Start wurde der Film in den Februar 2019 verlegt, paar Monate nochmals in den August 2019. Nach der Übernahme durch Disney wurde der Film sofort nochmals verlegt: in den April 2020. Schlussendlich sorgte Corona für die letzte Verlegung in den September 2020.
Abgesehen vom Disney-Deal und Corona kamen schnell Gerüchte und News auf, dass Fox absolut unzufriedne mit dem Film sei. Teure Nachdrehs waren scheinbar angesagt, das "X-Men" verschwand aus dem Titel und sogar eine zentrale Figur soll kurzfristig hinzugefügt worden sein. Es waren ziemliche Horrormeldungen für den Superhelden-Horrorfilm bevor der Regisseur 2020 erklärte, dass die originale Fassung ins Kino kommen würde. War alles nur ein Bluff? Oder wurde der Film ins positive Licht gerückt? Auf jedenfall war den Zuschauern nicht verborgen blieben, dass die neuen Trailer deutlich mehr klassische Superhelden-Action hatten als Horrorelemente. Also doch eine Nachjustierung? Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren...
Trailer zu The New Mutants
Horror, Grusel oder übliches PR-Gelaber?
So bleibt ein Film, der lange Zeit als Hoffnung galt, dass man neben den klassischen Superheldenfilmen nun auch Horrorfilme mit Superhelden ins Kino bekäme. Zwar gab es immer wieder Versuche wie Blade, letztendlich war es doch auch eher Fantasy als echter Horror. Bei einem Blick auf New Mutants sieht man dann auch schnell: in den USA PG-13, in Deutschland FSK 16. Auch wenn Boone Recht behielt mit den Aussagen, dass es sich um einen Film ohne Superschurken und ohne Kostüme handeln sollte, war der Ausdruck Horrorfilm doch zu hoch gegriffen.
Wer meine Kommentare öfters verfolgt, der sieht dass ich alles andere als ein Horrorfan bin. Die Sichtung von Es beispielsweise war ein Höllentrip für mich. Es sei gesagt, dass ich New Mutants locker überstanden habe. Es ist eher Grusel, eine beklemmende Geschichte in beklemmendem Setting mit Fantasy-Elementen. Der Film ist sicherlich nicht für Kinder geeignet und unterscheidet sich sicherlich von den sonstigen Superhelden-Filmchen, die momentan so über die Leinwand schwirren. Von den Aussagen und dem ersten Trailer hatte ich mir jedoch mehr erwartet.
Die Geschichte hat dabei sicherlich Anleihen von Horrorfilmen. Die Stimmung ist oftmals beklemmend. Das Setting mit einer Anstalt, wo die Kids eingesperrt sind, tut ihr übriges dazu. Die Kinder erleben dabei ihre persönlichen Albträume, ein Schema welches man so ähnlich schon beim erwähnten Es gesehen hat. Man kann sich vorstellen, dass der Horror für die Eingesperrten real ist, für den Zuschauer ist dies jedoch nicht wirklich zu greifen und so fragt man sich: Warum setzen die Kids nicht einfach ihre Kräfte ein?
Wer die Trailer gesehen hat, der weiß auch, dass dies der Fall ist und es ist auch kein Geheimnis, wenn man daran denkt, dass dies am Ende des Films passiert. Spätestens dann haben wir es mit einem klassischen Superhelden-Film zu tun mit den typischen CGI-Effekten, einer "faceless army" und echtem Teamwork von Figuren, die sich Minuten zuvor noch nicht leiden konnten. Hier könnte der Film dann genauso gut im MCU spielen.
Mini-Cast
Wie man anhand der Handlung schon erkennen kann, hat man es mit einem sehr kleinen Cast zu tun. Eigentlich ein Merkmal klassischer Horrorfilme. Der Hauptcast besteht aus 6 Charakteren: 5 Kinder und einer Ärztin. Dazu kommt eine handvoll Nebenfiguren. Zudem spielt die gesamte Handlung an einem Ort. So haben wir keine Probleme die Geschichte der Kinder zu erfahren, jede Figur muss ihren Albtraum durchleben und bequem können sogar mögliche Fortsetzungen und Anspielungen in Position gebracht werden (auch wenn der Film in sich geschlossen ist!). Die Chemie bei diesem Mini-Cast passt untereinander, die viel diskutierte gleichgeschlechtliche Beziehung fühlt sich komplett organisch an. Im Rampenlicht stehen dabei ganz klar die Mädels, während die Jungs leider bisschen blass bleiben. Der Mini-Cast und das Setting sorgen dann aber gleichzeitig auf für eine bedrückende Stimmung, welche nur selten aufgelockert wird. So fragt man sich ob es ein Stilmittel ist, dass Wiederholungen und der triste Alltag im Vordergrund stehen oder ob man einfach nicht wusste was man mit gewissen Charakteren erzählen will.
Zu Beginn schrieb ich, dass die Entstehungsgeschichte spannender sei als der fertige Film. Dies ist ein strenges Urteil, sicherlich übertrieben. Und doch passt es. Bedingt durch den kleinen Cast und das Setting, passt die geringe Laufzeit von 94 Minuten. Episch ist natürlich anders und so haben wir es hier mit einem kleinen, persönlicheren Film zu tun. Doch dies ist auch die größte Schwäche! Denn nach wenigen Minuten innerhalb der Handlung ist bereits klar wo dies alles hinführen wird. Überraschungen und damit Spannung (nicht unwesentlich für einen Horrorfilm) sind Fehlanzeige, ja selbst Wendungen sind meilenweit gegen den Wind zu riechen. Was den Kids erst während der Handlung klar wird, muss dem Zuschauer bereits nach wenigen Minuten sofort auffallen. Ich habe selten einen so vorhersehbaren Film gesehen und man muss dann leider eingestehen, dass wir es mit einem durchschnittlichen Film zu tun haben.
Fazit
Ich tendierte lange zwischen 3 und 3,5 Hüte. Ich denke in der Mitte liegt die Wahrheit. Das Projekt ist interessant, der Film ein beleg, dass Superhelden in Kombination mit Horrorelementen funktionieren kann. Wer jedoch JumpScares, Mindfuck oder Splatter erwartet, ist sicherlich falsch. Einerseits gut, andererseits schade wenn der Film dann sogar die letzte Konsequenz in gewissen Szenen vermissen lässt. Der Cast, besonders Blu Hunt als Danielle sowie die weiteren Mädels Maisie Williams und Anya Taylor-Joy machen einen tollen Job. Ihre Figuren sind glaubhaft. Doch leider ist die gesamte Handlung in der sich die Kids befinden, einfach nur vorhersehbar.
So haben wir es mit einem kleinen, persönlicheren Film für zwischendurch zu tun. Absolut kein Must-See, aber auch ein Film dem niemandem wehtut. Bisschen Grusel, bisschen Superhelden-Action auf durchschnittlichem Niveau für zwischendurch. Den schlechsten X-Men Film hab ich hier nicht gesehen, aber sicherlich auch nicht den Besten.
Einordnung ins X-Men-Universum
Schlussendlich noch eine kleine Einordnung in die Gesamtreihe. Der Film funktioniert wunderbar für sich und steht auch gut alleine da. Obwohl weitere Fortsetzungen geplant waren, hat der Film gott sei dank ein rundes, geschlossenes Ende. Trotzdem existieren einige Anspielungen auf das erweiterte XCU. Die X-Men, u.a. Charles X. Xavier sind als Superhelden in diesem Film gut bekannt. Die Kinder träumen davon nach der Therapie an der Schule teilzunehmen um ebenfalls die Welt zu retten. Von der Kontinuität passend wäre hier sicherlich Dark Phoenix, wo die X-Men als bekannte Helden unterwegs waren. Doch auch Anspielungen an Logan existieren...hier möchte ich mal nicht spoilern. Schlussendlich wird auch ein Oberschurke angeteast, nicht das erste Mal wenn man an X-Men - Apocalypse denkt.
So kann man sicher sein, dass Fox mit den New Mutants noch mehr vorhatte. Da der Film sich überraschenderweise so klar ins X-Men Universum eingliedern lässt, würde ich nicht an eine Fortsetzung unter Disney glauben. Letztendlich muss man sagen, dass man das Thema "eingesperrte Mutanten werden zu wissenschaftlichen Objekten" schon in einigen Filmen der Reihe hatte. Der Gruselfaktor bringt da leider zu wenig Neues.