Bewertung: 3 / 5
Als Kampfpiloten bei der Navy missachten Lieutenant Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise) und Nick „Goose“ Bradshaw (Anthony Edwards) die Befehle ihres Kommandanten Stinger (James Tolkan). Dadurch gelangen die beiden auf die United States Navy Fighter Weapons School unter dem einfachen Titel „Top Gun“. Dort legt sich Maverick mit dem Flugschüler Tom „Iceman“ Kazanski (Val Kilmer) an, kann auch Flugkämpfe gegen seinen Ausbilder Rick „Jester“ Heatherly (Michael Ironside) gewinnen, muss aber auch lernen, teamfähig zu handeln.
Kunst ist in jedem Fall vielschichtig. Ob liberale Kunst, ob linke Kunst, ob kritische Kunst, ob exzentrische Kunst, oder auch patriotische Kunst. Mit Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel entstand 1986 ein Film, der auch die letzten Überbleibsel der New Hollywood-Ära in den Wind schoß. Und so ist dieser Film ein patriotisches Fest der Großhirn-Resterampe geworden, welches nicht zuletzt auch von der amerikanischen Navy mitfinanziert wurde. Über weite Strecken muss man Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel also auch als ein solches Kind seiner Zeit betrachten. Denn schließlich schlägt der Film auch in die Kerbe, welche den Rambo-Fortsetzungen Rambo II – Der Auftrag (1985), Rambo III (1988) oder auch Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts (1985) zum Verhängnis wurde. Amerika ist toll und es macht Spaß im Krieg zu sein. So oder so ähnlich lautet wohl eine der Kernaussagen im Film, wenn die einzelnen, als Schulklasse stilisierten Rekruten, in einem Kollektiv zusammenraufen und es primär noch um Hormone geht. Das ist mitunter eigentlich auch ziemlich witzig, weil es so dämlich ist. Nun wird jeder, der den Film ob seiner politischen Aussage analysiert und auch das geschäftige Treiben um die Ausbildung herum beobachtet, berechtigterweise feststellen, daß dieser Film ein höchst widerwärtiges Produkt ist, um Leute anzuwerben. Und diese Person hätte recht.
Denn klar ist, daß das Militär nur dann spannend ist, wenn man es aus einer jungen unerfahrenen Perspektive zeichnet. Und mit dem damals jungen Tom Cruise gelang den Machern ein wahrer Geniestreich. Schließlich war der Darsteller zu jener Zeit noch recht unbekannt. Auf der anderen Seite präsentiert Cruise auch das Bild eines ganz normalen jungen US-Mannes. Jeder könnte das sein und somit stehen nicht nur Cruise, die Figur und alle anderen Soldaten übergeordnet für den Gedanken der Kollektivierung und Kameradschaft. Viel eher noch repräsentiert Maverick die Austauschbarkeit von Soldaten in einer Armee. Dabei tut sich aber auch schleichend ein starker Konflikt in der Figur um Maverick auf. So ist Maverick und auch viele seiner Kameraden von einem unglaublichen Charisma gesegnet. Alles was er macht ist irgendwie cool, weil er einerseits so rebellisch ist, aber getragen wird von einem Konflikt, seinen eigenen Vater zu vermissen.
Nun ist Hollywoods Papa-Komplex nichts, was man unbedingt besprechen müsste. Er steht aber auch hier symptomatisch für das Konstrukt hinter dem Hollywood, wie es die New Hollywood-Generation prägte. Väter gab es in Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (1977), Väter gab es in Der Pate (1975), Väter gab es in Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989), Väter gab es zu Hauf in Hollywood und vielleicht sollten sich einige Kreativschaffende jener Zeit auch einfach mal in Therapie begeben, anstatt ihr Pseudotrauma als Charaktermotivation zu verkaufen. Doch hin und wieder erwischt man sich schon dabei, die Figuren in diesem Treiben zu mögen. Während tatsächlich kritische Filme wie Apocalypse Now (1979) oder Platoon (1986), die Individuen in den direkten Konflikt sendeten und sie zu Opfern ihrer Umstände machten, ist Top Gun in weiten Teilen fast schon ein Coming of Age- und Highschool-Film, ohne daß irgendjemand in dem Treiben erwachsen würde. Doch die Figuren und ihr infantiles Getue sind irgendwo auch sympathisch.
Denn über weite Strecken lehnt sich gerade Maverick auf, ohne es vielleicht zu merken. Dabei wandert der Film auf einem schmalen Grat, weil er die eigentliche Kritik dahinter vermutlich selbst nicht einmal merkt. Alles scheint irgendwie egal und lethargisch kommt das Über-Talent Maverick nicht aus dem Trott seines Konfliktes heraus. Dabei ist das Werk von Tony Scott mehr als nur kompetent gemacht. Durch eine starke Inszenierung, die vor allem die Herzen der Figuren, aber auch manipulative Musik in den Vordergrund rückt, bekommt der Film eine sympathische Note. Gleichzeitig spielen auch Gewalt und Krieg nur marginal eine Rolle und es geht eher um die Verarbeitung von Traumata. Zudem ist Cruise auch als Normalo das gute Kontrastprogramm zu den Actionhelden seiner Generation. Unterdessen baut der Film auch eine gekonnt glaubhafte Liebesbeziehung auf, die stark transportiert wird. Die Chemie zwischen Cruise und Kelly McGillis wirkt zu jedem Moment glaubhaft. Das liegt nicht zuletzt daran, daß Scott seinen Film als romantisches Teenie-Drama inszeniert, indem er den Figuren viel Raum für Interaktionen und Entwicklung lässt.
Überdies bekommt man die ganze Zeit das Gefühl als würde Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel gegen irgendetwas versuchen anzukämpfen. Sympathische Darsteller, beißen sich mit extrem fragwürdiger Aussage. Dann wiederum lässt der Film genügend Raum für die Ausarbeitung seiner Charaktere, die aber Gewalt verherrlichen und Krieg spielen wollen. Und was verbleibt ist ein sehr gemischtes Gefühl, dass trotzdem sehr gut in seine Zeit passt und zudem noch kompetenter wirkt, als mancher Genre-Kollege.