Wir hatten die Idee, ein Special über Trailer zu machen, die ganz bewusst die Zuschauer hinter das Licht führen wollen.
Das war im Zuge unserer Debatte über Trailer, Spoiler und die Ehrlichkeit in Hollywood. Mal sind diese Versuche subtil, manchmal offensichtlich, aber immer steckt dahinter die Masche, den Zuschauern einen Film vorzugaukeln, den es so gar nicht gibt. Erstaunlicherweise erstreckt sich dieses Prinzip nicht automatisch auf schlechte Filme, die man einfach nur an den Mann oder die Frau bringen will, sondern auch etliche Oscar-Filme versuchen mit teilweise miesen Tricks, die Zuschauer hinters Licht zu führen.
Inglourious Basterds
Mit Inglourious Basterds hat sich Quentin Tarantino ein Denkmal gesetzt und endlich wurde auch die Mehrheit der Zuschauer auf diesen Ausnahmeregisseur aufmerksam. Wer jedoch auf Basis der Trailer ins Kino gegangen ist und den darin versprochen Film erwartet hat, dürfte sich verwundert am Kopf gekratzt haben. Denn während die Trailer "Wir killen Nazis und haben Spaß dabei!" versprochen haben, ist der wahre Film mit seinen überschaubaren, aber ausufernden Akten doch ein ganz anderes Kaliber. Vor allem da der überlange Film fast nur aus Dialogen besteht. Mélanie Laurent als Hauptdarstellerin Shoshanna sieht man dafür so gut wie nie.
"Inglourious Basterds" Trailer 1 (dt.)
Million Dollar Baby
Clint Eastwood ist nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera ein Meister und mit Million Dollar Baby hat er das 2005 ebenfalls unter Beweis gestellt. Der Film, über jeden Zweifel erhaben, kann gar nicht genug Lob bekommen, doch nicht wenige Zuschauer waren dennoch überrascht, denn die Trailer haben einen Film versprochen, der wie ein weibliches Rocky anmutete und eben kein Plädoyer für die Sterbehilfe.
"Million Dollar Baby" Trailer (dt.)
Sweeney Todd
Verschweigen von Tatsachen ist ein beliebtes Mittel, wenn man einen Film in der Hinterhand hat, den man nicht so richtig an den Mann bringen kann. Sweeney Todd - Der teuflische Barbier aus der Fleet Street, ein typischer Tim Burton, ist so ein Film. Nur hat Burton dieses Mal ein Musical geschaffen, was der Trailer bis auf einen kurzen Moment verschweigt und die Zuschauer aber denken lässt, dass es sich um einen ganz gewöhnlichen Film handele.
"Sweeney Todd" Trailer (dt.)
Einsame Entscheidung
Vortäuschen falscher Tatsachen ist beliebt, vor allem, wenn auf einmal jemand in einem Film mitspielt, der hoch im Kurs steht. Aus heutiger Sicht kann man das ein bisschen belächeln, aber Anfang der 90er war Steven Seagal dank Alarmstufe: Rot ein gefragter Actionheld. Auch in Einsame Entscheidung war er dabei, seine Rolle aber extrem klein. Was tut man? Man schneidet den Trailer geschickt zusammen und platziert den Star immer wieder in einzelnen Szenen, so dass der Zuschauer den Eindruck bekommt, Seagal sei ein wichtiger Teil des Films.
"Einsame Entscheidung" Trailer (dt.)
Angriff ist die beste Verteidigung
Zuschauer hinters Licht zu führen ist keine Erfindung der Neuzeit, auch in den 80ern wurde diese Methode schon erprobt. In Angriff ist die beste Verteidigung wurde das Prinzip, einen Star in den Mittelpunkt zu rücken, sogar noch frecher als bei Einsame Entscheidung praktiziert. Beverly Hills Cop - Ich lös den Fall auf jeden Fall schlug ein wie eine Bombe und jeder sprach von Eddie Murphy, also wurde der Trailer zu Angriff ist die beste Verteidigung mit möglichst vielen Szenen von ihm gespickt - um nicht zu sagen fast alle, die im fertigen Film vorkamen.
"Angriff ist die beste Verteidigung" Trailer
Passengers
Ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist der Science-Fiction-Film Passengers mit Chris Pratt und Jennifer Lawrence. Ein Film, der uns trotz der vielen ungenutzten Möglichkeiten sehr gut gefallen hat. Doch das Marketing war perfide, denn es gaukelte ein Mysterium in den Trailern vor, welches es im finalen Film so gar nicht gab. Statt Mystery gab es eine Weltraumromanze mit Action. Zwar stimmt die Kernaussage des Trailers, aber gerade die Botschaft am Ende ist zumindest unglücklich gewählt, deutet sie bei diesem bewusst mehr an, als hinter diesem Film steckt.
"Passengers" Trailer 1 (dt.)
Drive
Filme von Nicolas Winding Refn sind immer schwer, der Masse schmackhaft zu machen, dabei handelt es sich oft um interessante und sehr gute Streifen. Drive von 2011 war so einer und konnte voll auf Hauptdarsteller Ryan Gosling setzen. Doch während der Film eher ein persönliches Drama ist, gaukelten die Trailer einen Actionfilm vor, der mehr mit der Fast & Furious-Reihe gemein hat.
"Drive" Trailer 1 (dt.)
Brücke nach Terabithia
Der Erfolg von Der Herr der Ringe beflügelte kurz das Fantasygenre, aber die meisten Studios konzentrierten sich auf kindgerechte Unterhaltung. Die Chroniken von Narnia - Der König von Narnia war so ein Film, dem dann auch weltweiter Erfolg zuteilwurde. 2007 nutzte man dies bei Brücke nach Terabithia aus und versprach den Zuschauern ein ähnliches Abenteuer in einer Fantasywelt. Der Film selbst war jedoch vielschichtiger und mehr ein Drama.
"Brücke nach Terabithia" Trailer (dt.)
Suicide Squad
Suicide Squad hatten wir für dieses Special ursprünglich gar nicht geplant, aber etliche Leser haben diesen Film in unserer Debatte als Beispiel dafür genannt, weil sie sich verschaukelt fühlten. Fetzige Musik, perfekt abgestimmte Bilder und der Joker immer im Zentrum der Handlung. So sahen die Trailer aus, das Ergebnis dagegen... na ja... Da konnte auch die Extended Fassung nichts retten.
"Suicide Squad" Trailer 2 (dt.)
Kangaroo Jack
Auch bei Kangaroo Jack versuchte man vor allem Familien hinters Licht zu führen, denn Trailer und Wirklichkeit gingen selten so weit auseinander. Während sich Anthony Anderson und Jerry O’Connell mit diesem Film ihre Karriere versauten, konzentrierten sich das Marketing und die Trailer auf das titelgebende Känguru. Doch die im Trailer versprochene Hetzjagd nach diesem Beuteltier entpuppte sich im Film als etwas völlig anderes und nahm nur einen Bruchteil der Handlung ein.
"Kangaroo Jack" Trailer
The Grey
Mit 96 Hours erlebte Liam Neeson noch einmal einen zweiten Frühling als Schauspieler und wurde fortan zu einem begehrten Actionhelden. Etliche Filme der gleichen Machart folgten und auch The Grey - Unter Wölfen. Dem Marketing hatte man wohl nur nicht mitgeteilt, dass es sich eben nicht um den typischen Neeson-Film jener Zeit handelte, denn die schnippelten Trailer zusammen, die einen Actionfilm versprachen. Der Film war aber viel eher ein zwischenmenschliches Überlebensdrama mit Wölfen.
"The Grey - Unter Wölfen" Trailer 1 (dt.)
Predators
Im Fall von Predators mag man darüber streiten, ob dies eine Irreführung des Publikums ist. Doch die Frage bleibt: Darf man das? Während die Trailer allesamt einen guten Eindruck der Handlung vermittelten, zeigte der erste Trailer eine Szene (Minute 1:15), in der Hauptdarsteller Adrien Brody regelrecht in ein Wespennest sticht und sich unzähligen Predatoren gegenübersieht. Dieses Bild ging um die Welt und formte die Erwartungshaltung. Im fertigen Film kam diese Szene zwar vor, doch aus vielen Predatoren wurde gerade mal - einer. Produzent Robert Rodriguez verriet nach dem Kinostart, man habe diese Szene bewusst für den Trailer so gemacht.