Meisterregisseur Martin Scorsese hat zwei Schauspieler, die man mit Leichtigkeit als seine zugkräftigsten Garanten deklarieren kann: Robert De Niro und Leonardo DiCaprio. Während DiCaprio für die filmischen Höhepunkte von Scorseses Schaffen in den letzten zwanzig Jahren steht, ist es der Zusammenarbeit mit De Niro zu verdanken, dass er es in Hollywood zu Rang und Namen gebracht hat. Nach dem 1995 erschienenen Casino trennten sich die filmischen Wege von De Niro und Scorsese allerdings für lange Zeit. Was war der Grund für diese Zäsur im Schaffen der beiden Ausnahmetalente?
Scorsese erklärte im Exklusivgespräch mit Mike Fleming Jr. von Deadline, dass er sich mit De Niro beständig über anstehende Projekte ausgetauscht habe, doch im Anschluss an Casino habe es an einer überzeugenden Idee gemangelt. Nach diesem Dreh habe er sich Kundun und Bringing Out the Dead - Nächte der Erinnerung und Gangs of New York gewidmet.
De Niro spielte hingegen mit der Idee, Scorsese zum Dreh von Reine Nervensache zu bewegen, doch er habe abgelehnt und ihm entgegnet, dass sie das Feld bereits mit Goodfellas hinlänglich beackert hätten. In all der Zeit sei dann aber doch die Idee zu The Irishman aufgekommen, denn De Niro habe ihm davon überzeugt, dass sie für solche Werke geschaffen seien. Allein dieses Prozedere an dem Netflix-Epos habe neun Jahre verschlungen. Erstaunlich ist dann aber wiederum, dass De Niro keine Lust auf The Departed hatte. Das können wir dem früheren Method Actor aber verzeihen, denn Jack Nicholsons Darbietung als Mafiaboss Costello, für den er wahrscheinlich infrage kam, ist teuflisch gut gelungen!
Der 80-Jährige nutzte im Gespräch die Gelegenheit, um klarzustellen, dass De Niro nie für Gangs of New York vorgesprochen hat. Richtig sei, dass er mit De Niro über das Projekt gesprochen habe und dieser daraufhin entgegnete, dass er daran nicht interessiert sei. Womöglich entging ihm hier die Rolle des Bill the Butcher, die wiederum von Daniel Day-Lewis mit derartiger Perfektion verkörpert wurde, dass einem förmlich das Blut in den Adern gefriert.
Scorsese ließ seinen Interviewpartner außerdem wissen, dass De Niro der einzige Mensch im Business sei, der sein wahres Ich kenne und wisse, woher er komme.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Robert De Niro mit zunehmenden Alter nicht mehr den immensen Druck seiner jungen Jahre frönte und dadurch auch seine Raffinesse bei seinen Darbietungen einbüßte. De Niro gibt sein unbändiges Wissen über die Schauspielkunst und die Branche allerdings hinter den Kulissen manch zweifelhafter Komödie an die junge Garde weiter und bewahrt sich damit die Freude am Geschäft, wie es Shawn Levy in seiner zwar nicht autorisierten, aber unbedingt lohnenswerten Biografie über den Schauspieler mutmaßt. Auch gilt er als Mitbegründer des seit 2002 jährlich abgehaltenen Tribeca Film Festivals in New York.
Womöglich ist dies der eigentliche Grund für die Zäsur: Die Herangehensweisen von De Niro und Scorsese waren immer weniger kompatibel, da sie unterschiedliche Gangarten hinsichtlich der beabsichtigten Intensität ihrer Werke an den Tag legten.
Wenn am 20. Mai bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes Killers of the Flower Moon uraufgeführt wird, wird damit auch die mehr als fünfzig Jahre andauernde professionelle Zusammenarbeit zwischen Scorsese und De Niro geziert. Es ist mittlerweile der zehnte Film, den die beiden Titanen zusammen gedreht haben.
Auch wird sich mit dem über 200 Minuten andauernden Kriminalfilm der Kreis schließen, denn DiCaprio spielt in Killers of the Flower Moon ebenfalls eine wichtige Rolle. Das ist allerdings nur im Spielfilmbereich eine Premiere für die drei Berühmtheiten, denn bereits 2015 spielten De Niro und DiCaprio an der Seite von Brad Pitt ganz groß für den in New York geborenen Regisseur im Kurzfilm The Audition auf.
Wir möchten jedenfalls Werke wie Hexenkessel, Taxi Driver, Wie ein wilder Stier, King of Comedy oder Kap der Angst niemals missen, denn es sind wahrhaftige Kunstgriffe für die Ewigkeit, die einen spezifischen Blick auf das Medium offenbaren und gleichfalls zu bannen wissen. Verratet uns gern, welcher Film dieser beiden Schwergewichte eure persönliche Nummer eins ist. :-)