Bewertung: 3 / 5
Bei den diesjährigen Filmfestspielen von Venedig erntete Darren Aronofskys neuer Film mother! nicht nur Begeisterung, sondern auch etliche Buhrufe. Diese ambivalenten Reaktionen sind angesichts der überbordenden Metaphorik nachvollziehbar. Denn der Psychothriller fesselt zwar durch eine spannungsgeladene Atmosphäre und ein infernalisches Finale, strapaziert jedoch die Geduld der Zuschauer durch eine bedeutungsschwangere Symbolik sowie die nervige Dauereinstellung der Kamera auf das Gesicht von Jennifer Lawrence. Lässt man sich emotional auf dieses Spiel ein und hat man Freude am Auflösen von Bildern und cineastischen Querverweisen, ist mother! aber durchaus empfehlenswert.
mother! Kritik
In einem einsamen viktorianischen Landhaus leben abgeschottet von der restlichen Welt ein Schriftsteller (Javier Bardem) und seine sehr viel jüngere Frau (Lawrence), mehr oder weniger nebeneinander her. Während er gegen seine Schreibblockade kämpft, besteht der Inhalt ihres Daseins in der Herrichtung des gemeinsamen Hauses. In dieses hermetische Setting dringt unvermittelt die Außenwelt in Form eines Fremden (Ed Harris) ein, der eines Tages vor der Tür steht. Hinzu gesellen sich kurz darauf auch dessen Ehefrau (Michelle Pfeiffer) sowie wenig später die Söhne des fremden Paares (Domhnall Gleeson und Brian Gleeson). Die Fremden werden vom Schriftsteller bereitwillig ins Haus aufgenommen, bei seiner Frau überwiegt dagegen das Unbehagen. Dieses steigert sich allmählich bis zu blankem Entsetzen, und das nicht ohne Grund...
Trailer zu mother!
Von Beginn an ist mother!, dieser sich langsam entwickelnde Horrortrip, gespickt mit Metaphern, die den Zuschauer schlicht überrollen. Dies beginnt mit dem Eröffnungsbild, in dem die Frau des Dichters in einer Flammenwand untergeht, um dann aus der Asche wiederzuerstehen und im Schlafzimmer neu zu erwachen. Die Frau als das Böse, das ausgelöscht wird, aber auch als Spenderin allen Lebens? Es ist müßig, allen Bildern und Anspielungen hier auf den Grund zu gehen.
Fest steht, dass sich Regisseur Darren Aronofsky nicht zu schade ist, so dick wie möglich aufzutragen. Die Einstufung als der neue amerikanische Lars von Trier hat er sich angesichts dieser Dichte an Metaphorik mehr als redlich verdient. Insbesondere der Themenkomplex Frau/Geburt/Schmerz wird voll ausgeschöpft und so erinnert der Leidensweg der im zweiten Teil des Films schwangeren Frau stark an Rosemaries Baby. Der namenlosen Protagonistin bleibt hier nichts erspart, immer weiter gerät sie in einen beklemmenden Strudel und kann zunehmend auch nicht mehr auf den Rückhalt ihres Ehemanns bauen. Ihr Leiden wird voll ausgekostet.
Auch formal zieht Aronofsky alle Register. Neben dem grobkörnigen 16-Millimeter-Format entscheidet er sich für eine sehr eigenwillige Kameraführung, von der namentlich seine aktuelle Lebensgefährtin Jennifer Lawrence profitiert. Zudem gibt es keine Filmmusik - nur zum Abspann darf Patti Smith vom Ende der Welt singen. Ein Film, der so recht etwas für Liebhaber abseitiger, schwieriger Stoffe ist und ein Lob für den Mut verdient, dessen Sichtung aber auch recht verstören kann.
Wir bedanken uns für diese Kritik ganz herzlich bei Anja W., die mother! für uns im Kino gesehen hat - ihr Auge entdeckt Dinge, die wir als geschlossene Redaktionsgruppe von Nerds so wohlfeil sonst nie beschreiben. Wir wünschen insbesondere luhp92 viel Spaß beim Lesen :-)