Bewertung: 3.5 / 5
Der Candyman ist zurück, bekanntlich als Fortsetzung zum Original Candyman’s Fluch von 1992, der die damaligen Sequels ignoriert. Drehte sich das Original schon bemerkenswert für das Horrorgenre um soziale Konflikte in einem Ghetto, sorgt Co-Drehbuchautor Jordan Peele, bekannt für die sozialkritischen Horrorfilme Get Out und Wir, auch hier für noch mehr Tiefgang im Horror, der die Black People of Color-Legende des Hakenmanns nicht nur gut fortsetzt, sondern auch dem Original im Nachhinein die Bedeutung verleiht, die ihm würdig ist.
Candyman Kritik
Eine Luxus-Loft-Wohnung in Chicagos Cabrini-Viertel, das wäre vor 30 Jahren noch undenkbar gewesen! Doch das ehemalige Ghetto Cabrini-Green, derweil vollständig abgerissen, ist nun ein gentrifizierter Ort für ambitionierte Künstler reicher Herkunft und anderer aufstrebender Millennials, welche die düstere Vergangenheit vergessen machen sollen - inklusive der finsteren Legenden von einem schwarzen Mann mit Hakenhand, dessen Name fünfmal vor einem Spiegel ausgesprochen den Tod bringt. Doch großer Schmerz hält ewig, wie Künstler Anthony McCoy (Yahya Abdul-Mateen II) und seine Frau, Galeristin Brianna (Teyonah Parris), als Neuzugezogene schon bald feststellen müssen...
Trailer zu Candyman
Über Nia DaCostas Candyman wird man noch lange diskutieren, über das Ende, die Bedeutung - doch wenn man die gelungene Fortsetzung nach dem Kinogang erstmal sacken lässt, liegt vieles recht klar auf der Hand: Der Film rückt das Original ins rechte Licht und spiegelt zugleich auch das wieder, was die Black Lives Matter-Bewegung umtreibt: Das Ende des Schweigens. Das (kollektive) Reden über eine Vergangenheit und Gegenwart voller kollektivem Schmerz, über Rassismus, Diskriminierung, Polizeigewalt, über den Konflikt von Fremd- vs. Selbstbestimmung.
Es ist eigentlich unglaublich, was alles in Candyman steckt: Oberflächlich betrachtet eine sinnvolle, zwar im Grundplot recht bald vorhersehbare, aber gut inszenierte Fortsetzung eines Horrorfilms, bei dem neben dem Hauptduo auch Fear The Walking Dead-Star Colman Domingo eine bedeutsame Rolle innehat und sie gut verkörpert. Sieht man nur das, dann wird man wohl sagen, ja, ganz nett, und den Film vergessen.
Schaut man genauer hin, wird klar, wie sehr sich ein Kreislauf mit Candyman schließt, der aber eine ungeschminkte wahrheitsgetreuere Auflösung der Legende des Originals bietet: vergleicht man beide Filme mal bezüglich ihrer Hauptfiguren und ihres Endes, oder schaut sich auch die Wahl und Art von Held und Bösewicht, Täter und Opfer an, denkt man mal mehr über die Rolle eines Künstlers nach, über die Entstehung von Ghettos, darüber, wer Gentrifizierung eigentlich auslöst und wie, dann sieht man so manches noch sozialkritischer als der Film sowieso einem schon deutlich vorhält.
Schlagworte wie kollektiver Schmerz, die Bienenstock-Metapher, die Art, wie sich die Candyman-Legende schon innerhalb des Films wie auch die Figur selbst mehrfach verändert (und zugleich auch wiederholt) bis sie zu der wird, wie man sie aus dem Original kennt, mit aber dem deutlicheren Fokus auf das Geschehen und Geschehene - hat man all das im Blick, weiß man diese Fortsetzung erst so richtig zu schätzen! Das etwas abrupt eingeläutete Ende hätte gern auch noch mehr Zeit und Raum einnehmen dürfen, sehr viel mehr gibt es kritisch aber nicht zu bemängeln.
Kurz, Candyman anschauen, den durchaus recht blutigen Grusel genießen, sacken lassen, nochmal drüber nachdenken; dann geht es manchem von euch vielleicht wie uns: wir werden den Candyman sicher nicht vergessen!