
Bewertung: 2 / 5
Ich werde das Gefühl nicht los, dass Michael Bay eigentlich ein recht cleverer Typ ist, der zudem auch etwas zur gesellschaftlichen Lage in den USA zu sagen hat, etwas was durchaus Gehör verdient. Nur ist er halt ein hundsmiserabler Regisseur, der dümmlichen (oder dümmlich wirkenden) Actionscheiss dreht, wenn er was inhaltliches von sich geben kann, da ist er ein bißchen wie der Skorpion, der nicht aus seiner Haut kann und eben immer wieder besseren Wissen seinen vermeintlichen Retter totsticht.
Und genau so verhält es sich eben auch mit Ambulance, da weiß Bay, dass er potentiell eine gute Story an der hand hat und dass er tatsächlich das Handwerkzeug dazu hätte, einen interessanten Actioner damit zu drehen, etwas was sowohl die amerikanische Gesellschaft, das Gesundheitssystem als auch das Rechtssystem in den Fokus rückt und daraus einen knüppelharten Sozialthriller macht.
Trailer zu Ambulance
Die Darsteller, die das alles stemmen könnten hat er sogar in Form des formidablen Hauptdarstellerduos sowie einem bei Michael Bay immer nötigen Eyecandy.
Aber was Bay daraus macht ist nicht Fisch nicht Fleisch. Er dreht eine Schiesserei, die in ihrer Wucht zwar irgendwie an Heat erinnert, nur halt in schäbig, auch weil geflissentlich Leute sterben, weil es die Story erfordert und nicht weil es physikalisch so kommen sollte, während andere Figuren ohne Schramme davon kommen, die eigentlich schon längst zersiebt sein müssten. Zudem ist wirklich ärgerlich, wie der sozialkritische Aspekt zwar immer wieder irgendwie aufzupoppen scheint, aber das auch immer nur ein subtiles Hauchen zu sein scheint, während der zunehmend unnötige Bombast einfach irgendwie Überhand nimmt. Warum zum Teufel einer Hauptfiguren mit der Idee um die Ecke kommt, einen tatsächlichen Krieg gegen die Polizei vom Zaum zu brechen, anstatt tatsächlich schlau zu flüchten, wo doch klar ist, dass Copkiller noch gnadenloser gejagt werden, erschliesst sich mir genausowenig, wie die vielen hanebüchenen Charaktersprünge vor allem bei Gyllenhaal. Das hat recht wenig mit sprunghaftem Charakter, der schwer zu durchschauen ist, zu tun, sondern ist einfach schlecht geschrieben.
Hinzu kommt der extrem ausgewiesene Neongrün-Fetisch von Bay, der hier schon fast krankhafte Züge annimmt, und ein Drehbuch, das die elementarsten Grundregeln von Filmdrehbüchern einfach mal mißachtet, ich denke fast, dass das sogar unfreiwiliig daher kommt, da der zwar recht kluge Bay dann dem hyperaktiven Pennäler Bay den Regiestuhl überlässt, der es dann einfach nicht mehr mit innerer Logik oder sonstwas so dicke hat.
Hinzu kommt eine Szene, die so hanebüchen ist, dass einem Hören und Sehen vergeht und jegliche Grenze jeglichen Geschmacks einfach mal überschreitet - im angelsächsischen nennt man diesen Moment Jumping the Shark, und dieser Moment ist der als in einer breit gestreuten Videokonferenz während voller Fahrt eine Notoperation stattfindet und der gesamte Oberkörper des patienten mal so aufgerissen und alle möglichen Organe rausgeholt und zurück verfrachtet werden, inkl. schön drastischem Ende. Das ist spannend anzusehen, aber so dermassen drüber, dass es einen eine Millisekunde später schon ärgert.
Auch dass die Dramaturgie aus jedem klassischen Gut- gegen Böse-Bruder verläuft inkl. der Frau, die den guten Bruder dazu bringt sich ultimativ gegen den bösen zu wenden, ist so abgedroschen, dass sie vor allem in diesem Zusammenhang der Gesamtstory einfach nur ärgerlich ist, vor allem auch weil es in dieser Konstellation und Konsequenz auch keinerlei Vorbereitung für diese Szene per se gibt, außer dass es in diesen Filmen nunmal so gehandhabt wird.
So verkommt dann die Kritik am amerikanischen System auf Grund der dümmlichen und plumpen Machart des Films als Ganzes komplett ins Hintertreffen und wir haben letztendlich den typischen hohlen Bayfilm, obwohl hier die Weichen ja auf was ganz anderes gestellt waren. Da war sein sträflich unterschätzter Pain and Gain damals noch ein völlig anderes Kaliber, das zumindest seine irgendwie versteckte Botschaft bei mir gut platziert bekam. Hier platziert er seine Message zwar wieder ganz gut bei mir, nur ist alles drumherum so ein Ärgernis, dass das dann auch egal ist.
Ein Mann oder gar ein Berg hätte durchaus mehr daraus gemacht und dabei auch noch die richtigen Charaktermomente mitgeliefert. Aber bei Bay spielen die Darsteller allesamt mit aller Kraft gegen einen Regisseur an und verlieren haushoch.
4 Punkte
