Bewertung: 4 / 5
Basierend auf dem Roman "Erasure" von 2001, das Thema ist so aktuell, man kann es kaum glauben, dass es sich dabei um einen bereits 23 Jahre alten Roman handelt.
Inhaltsangabe:
Das Leben des gefeierten Autors und Literaturprofessors Thelonious “Monk” Ellison fällt langsam auseinander. Die Verlage interessieren sich kaum noch für seine Arbeit, er schreibe "nicht schwarz genug", während seine Konkurrenz sich in Ghetto-Klischees suhlt und dafür endlose Lorbeeren erhält. Schließlich platzt Monk der Kragen und er verfasst unter Pseudonym einen Roman, der wirklich alle Klischees über Schwarze enthält. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass das Buch reißenden Absatz findet und er sich nun mit dem Monstrum auseinandersetzen muss, das er aus Trotz geschaffen hat.
Spoiler
Ich musste nach dem Sehen erst einmal etwas nachdenken, bis mir klar geworden ist, was man hier eigentlich zu Gesicht bekommt. Bis zur Schwarzblende sehen wir im Prinzip nicht Cord Jeffersons "American Fiction", sondern Monk Ellisons Satire, die Meta-Drehbuchadaption von "Fuck", in die er seine eigene Geschichte hineingeschrieben hat. Nach der Schwarzblende dann die ersten Szenen, die in der Realität stattfinden, Regisseur Wiley und Monk besprechen das offene, ambivalente Ende des Drehbuchs und es wird zu Monks Missfallen zum einem campigen Blaxploitationverschnitt umgeschrieben. Das hat was vom Adam McKay. Schon ein genialer Einfall seitens Cord Jefferson.
Ich wollte mich zunächst eigentlich über zu viel Hollywoodverkitschung in "American Fiction" beklagen, diese Peptalks des Bruders und der Mutter mit offensichtlichem Inhalt, die Monk Ellison vom Akademiker-/Literatenmisanthropen auf den rechten Pfad (Versöhnung mit der Freundin, Identitätsoffenbarung) bringen sollen. "Menschen wollen dich lieben, zeig ihnen dein wahres Ich", "Du bist ein einsames Genie wie dein Vater". Aber als Teil der Drehbuchadaption von "Fuck" für diesen Hollywoodkitsch- und Oscarbait-Regisseur ist das rückblickend schon sehr passend. Diesbezüglich würde ich im Allgemeinen auch den Fokus auf eine dysfunktionale Familie mit tragikomischer bzw. bittersüßer Narrative nennen, das trifft genau den Hollywood-/Oscar-Ton. Monk Ellison hat seine Satire "Fuck" über die afroamerikanische Literatur zu einer Satire über Hollywood umgeschrieben
Spannend ist da nun die Frage, ob die Öffentlichkeit zum Zeitpunkt der Drehbuchbesprechung am Ende bereits weiß, dass es sich bei Monk Ellison um Stagg R. Lee handelt, oder ob sich Monk die Offenbarung als große Trollaktion für den Moment aufspart, wenn der Film erscheint.
Sicherlich hätte "American Fiction" als Satire noch subversiver und derber ausfallen können, dann wäre der Film definitiv noch witziger und unterhaltsamer geworden. Auf der anderen Seite stelle ich mir die Frage, mit der "Fuck"-Adaption vor Augen, hätte Regisseur Wiley eine solche Satire durchgewunken? Etwas Satire und Ironie sind in Ordnung, aber so, dass es nicht weh tut und dass sich Hollywood und die Academy noch selbst auf die Schulter klopfen können. Diese Vorgehensweise lässt sich ebenfalls dem Spiel zuschreiben, welches Monk Ellison und Cord Jefferson hier treiben.
Mir gefällt, wie subtil Cord Jefferson seine Satire schreibt, er verspottet die Hollywood- und Oscarmechanismen fast schon, ohne dass es auffällt. Parallelisiert dazu, wie Monks "Fuck" nicht als Satire erkannt, sondern stattdessen als ernstgemeinter Milieuroman gefeiert und ausgezeichnet wird. In diesem Sinne handelt es sich bei "American Fiction" womöglich also um einen Erfolg der anderen Art, wenn man bedenkt, dass der Film gleich für fünf Oscars nominiert ist, darunter für Film und Drehbuch^^