
Bewertung: 3.5 / 5
Nachdem Cassie (Kathryn Newton) zusammen mit Hank Pym (Michael Douglas) ein Gerät entwickelt hat, mit welchem sie mit der Quantenebene kommunizieren können, gerät das Experiment außer Kontrolle und so werden die beiden mitsamt Scott Lang (Paul Rudd), Hope van Dyne (Evangeline Lilly), Janet van Dyne (Michelle Pfeiffer) in diese unbekannte Welt gezogen und voneinander getrennt. Auf ihrem Weg entdecken sie fremde Kreaturen und eine seltsame Zivilisation. Gleichsam birgt Janet ein großes Geheimnis, welches sie mit dem mysteriösen Kang (Jonathan Majors) verbindet.
Der Mythos Marvel, ein Universum, daß das Kino der 2010er Jahre maßgeblich prägte und eindeutig dominierte. Viel zu gut war doch die Vorausplanung des seriellen Erzählens, nach welchem Figuren interkonnektiv aufeinandertrafen und gegen die eine große Bedrohung kämpften. Sicherlich tragen geopolitische Probleme und die ständig an der Resilienz kratzende Außenwelt, durch Terrorgefahr, Umweltkatastrophen und schier unlösbare Konflikte ihren Teil dazu bei, daß Helden im Kino erfolgreich wurden. Doch davon abgesehen, schien das Konzept – auch wenn es das nicht ist – recht neu. Doch seitdem die sogenannte Infinity-Saga ihr Ende mit Spider-Man: Far From Home (2019) stehen diese Filme mehr und mehr in der Kritik. Zu viel vom gleichen, sagen die einen. Zu konzeptlos, sagen die anderen. Und wiederum andere sagen, daß diese Filme sich tonal völlig voneinander unterscheiden. Das kann man auch ganz einfach belegen. Man schaue sich nur mal Eternals (2021) oder Black Panther: Wakanda Forever (2022) an. Beides Filme, die eher auf ruhigere Charakterdramen ausgelegt sind. Dann hat man Blödelkomödien in Form von Thor: Love and Thunder (2022) und einen Spionagefilm wie Black Widow (2021), bei welchem einem nicht ganz klar ist, was das eigentlich mit irgendwas zu tun hat. Ja, bedingt durch die maschinelle Produktion von Filmen und mehr noch von Serien verliert man leicht den Überblick über ein übergeordnetes Narrativ, das entweder da ist, oder eben auch nicht.
Trailer zu Ant-Man and the Wasp - Quantumania
Die Frage ist ja, ob es überhaupt die Aufgabe von Marvel ist, irgendeinen Handlungsstrang einzufügen, nach welchem sich alles Geschehen nachvollziehen lässt. Filme sind eben keine Serien. Doch so langsam könnte man doch mal verstehen, worauf das eigentlich hinauslaufen soll. Und dieses Versprechen löst Ant-Man and the Wasp: Quantumania eindeutig ein. Davon abgesehen gibt es gerade zu Beginn, wenn die Geschichte sich entfaltet, ein riesiges Problem. Denn während Cassie und Hank in ihrem Keller an einem Portal in die Quantenebene arbeiten, wird im Beisein der gesamten Familie ausdiskutiert, ob das so eine gute Idee war. Es stellt sich recht schnell heraus, daß dem eben nicht so ist. Und ab da kann es sein, daß der gesamte Film in sich zusammenbricht. Denn wie schon in Spider-Man: No Way Home (2021) muss der Zuschauer einiges schlucken, wenn er der Geschichte weiterhin folgen will. Ich versuche das mal bildlich zu machen. Anderes Szenario: Man hat also einen Typen, der läuft die ganze Zeit mit einer Pistole hinter einer anderen Person her. Die beiden sind Freunde, er hält die Pistole nur, weil er eben Pistolen mag. Es gibt keinen Konflikt und plötzlich schießt er aus Versehen und eine riesige Lawine fällt über besagten Schützen hinein. Arg konstruiert und unglaubwürdig würde ich das nennen. Und genauso läuft es eben in jenem Film. Das ist ein Problem, weil Drehbuchautor Jeff Loveness nicht mal mehr versucht, überhaupt irgendeine Form von halbwegs guter Geschichte zu propagieren. Es ist irgendwie sehr doof und geht keineswegs darüber hinaus.
Ähnlich verhält es sich auch mit Kang, der hier als zentrale Bedrohung aufgebaut wird. Seine Einführung und teilweise auch Dialoge sind so plump, daß es wirklich jedem selbst überlassen ist, ob er dem gezeigten noch folgen möchte, oder eben nicht. Der Film fällt aber da in jedem Fall komplett in sich zusammen. Doch das muss nicht das Ende sein und so gibt es eben auch eine Menge Positives über dieses Werk zu berichten. Zum einen ist das eben Jonathan Majors, der hier die eben erwähnte Bedrohung Kang verkörpert. Abgesehen davon, daß das schlecht geschrieben ist, erweist sich Majors als atemberaubend. Er nimmt diese Dialoge und verwandelt seinen Kang in einen waschechten Psychopathen, der zwischen empathisch, ruhigen Momenten, bis hin zum intrinsischen Wahnsinn so vieles in seinem Gesicht versteckt. Es ist so nuanciert, wie wohl noch kein Schurke im Marvel Cinematic Universe es jemals war. Gleichsam ist seine Motivation durchaus spannend. Klar ist sie auch banal, aber auch das, was Thanos letzten Endes tun wollte, war ja eigentlich nicht wirklich gut geschrieben. Insofern ist das auch geschenkt. Allerdings scheint sich der Film, mit dem Thema der parallelen Existenzen und übergeordnet der Bedeutung von Zeit, klammheimlich auch philosophischen Thesen zu widmen. Das funktioniert, macht Spaß und ist darüber hinaus noch recht neues Terrain für das Universum.
Über die letzten Jahre verlor Marvel immer mehr das Verständnis der Bedeutung eines Comicreliefs. Im Film nutzt man diesen ja, um eine eigentlich ernste Szene aufzulockern, um die Bedrohung nicht über präsent im Film zu halten. Nachdem James Gunn und Taika Waititi mit Guardians of the Galaxy Vol. 2 (2017) und Thor: Tag der Entscheidung (2017) daherkamen, änderte sich auch die Tonalität vieler Marvel-Filme hin zum wesentlich lockeren. Selbst Filme, die absolut ernste Themen behandelten, werden etwa wie im Falle von Avengers: Endgame (2019) durch einen total unpassenden, unlustigen und zusätzlich unsagbar nervigen Comicerlief banalisiert. Nun hatten zumindest die vorherigen Ant-Man-Filme Ant-Man (2015) und Ant-Man and the Wasp (2018) das Glück, wirklich gute Witze präsentieren zu können. Riesige Pez-Spender, die auf Autos fliegen, ein ohne Punkt und Komma redender Kleinganove, oder auch irgendwelche Wahrheit bringenden Sera, die Figuren nur noch das sagen lassen, was sie eigentlich gar nicht wollen. Vieles davon funktioniert aus dem Schauspiel heraus und auch in diesem dritten Teil, gelingt es, die Absurdität ganzer Massen an Ameisen ganz gekonnt mit diesem für Marvel typischen Sarkasmus zu kombinieren. Da stimmt vor allem das Timing von Michael Douglas, der hier nicht jedwede Würde aufgeben muss, um witzig zu sein. Doch auch die große Michelle Pfeiffer kann abseits der Unterhaltung durch absolut eindringliches Schauspiel überzeugen. Natürlich ist ihr großes Geheimnis absolut erwartbar, aber so ziemlich alles, an einem großen Blockbuster ist absolut erwartbar. Insofern kann der Film vielleicht nicht so viel dafür.
Rein politisch ordnen sich Marvel-Filme ja spätestens seit dem Erwerb der Firma durch Disney dem Konservatismus zu. Das ist auch der Grund, warum nach Iron Man 2 (2010) sowas wie nackte Haut kaum noch eine Rolle im Universum spielte. Doch politisch ist Ant-Man and the Wasp: Quantumania ein wenig anders. Zwar hat man hier auch den üblichen Familien-Pathos, der im Falle dieser Figuren auch funktioniert. Auf der anderen Seite gibt es, gerade wenn man dann endlich in die Quantenebene abtaucht, durchaus spannende Anleihen. So ist Kang der Herrscher dieser Welt und versucht alles zu kontrollieren. Gleichsam beobachtet man hier so eine Art Revolution der Arbeiterklasse, die sich ebenso im Exil ein kommunistisches Utopia errichtet haben, welches es zu verteidigen gilt. Auch hier funktioniert Ant-Man, der ja auch im ersten Teil ein Held der Arbeiterklasse war, erneut politisch. Gleichsam werden auch steigende, schier unbezahlbare Mietpreise mal erwähnt, wodurch der Film sich durchaus, dessen bewusst ist, daß er gerade angreift und damit auch eher dem linkeren Spektrum zuzuordnen ist.
Arg konstruiert ist die Ausgangslage um Ant-Man and the Wasp: Quantumania. Das muss man nicht glauben, kann es aber, weil das, was darauf folgt, ein riesiger Spaß ist. Das Projekt Ant-Man zu einer tragenden Figur zu machen, gelingt hier vollends und darüber hinaus spielt der Film auch gekonnt mit den sowieso sehr coolen Gimmicks dieses Franchises und serviert dazu wirklich guten und unterhaltsamen Humor. Gleichsam gelingt es Jonathan Majors eine eindringliche Performance abzuliefern.
