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Ballon

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Tausend Augen lasten auf dir - Ballon

Ballon Kritik

Ballon Kritik
2 Kommentare - 17.10.2018 von ZSSnake
In dieser Userkritik verrät euch ZSSnake, wie gut "Ballon" ist.
Ballon

Bewertung: 4.5 / 5

Michael "Bully" Herbig. Ein Name, der aus der deutschen TV-Landschaft, nein aus der gesamten deutschen Unterhaltungsbranche für Jahre kaum wegzudenken war. Die Bullyparade als erfolgreiches TV-Format gebar gleich vier filmische Adaptionen von unterschiedlicher Qualität in Form von Der Schuh des Manitu, (T)Raumschiff Surprise - Periode 1, Lissy und der Wilde Kaiser und Bullyparade - Der Film. Außerdem gelang ihm eine hervorragende filmische Adaption von Wickie und die starken Männer für die Leinwand. Doch kann er sich von seinem "Fach" lösen, die Komödie hinter sich lassen und in einem neuen Genre beweisen? Ballon, sein neuester Film erzählt von der Flucht zweier Familien aus der DDR und ist klar als Thriller inszeniert. Beweist Herbig seine Vielseitigkeit, oder scheitert er an dem Versuch seinen Horizont als Regisseur zu erweitern?

 

Trailer zu Ballon

Inhalt:
1979 in Thüringen haben die beiden Familien Strelzyk und Wetzel den Plan die Grenze der DDR in einem Ballon zu überfliegen. Doch der Ballon scheint zu klein, die Planung nicht ausreichend. Günter Wetzel entscheidet in letzter Minute das Vorhaben nicht mitzumachen und Peter Strelzyk fliegt mit seiner Familie alleine los. Doch der Plan scheitert, der Ballon kommt zu früh wieder herunter und die geplante Grenzüberschreitung misslingt. Was folgt ist ein Rennen gegen die Zeit, bei der die Stasi beiden Familien konsequent näher kommt, während diese probieren, von tausenden Augen ungesehen, das Unmögliche möglich zu machen...

 

Kritik:
Ballon lässt sich bereits spannend an, wenn der Plot beinahe unmittelbar vor dem ersten Fluchtversuch der beiden Familien einsetzt und mit der Jugendweihe Frank Strelzyks einen bedrückend unmittelbaren Einstieg wagt. Herbig wirft seinen Zuschauer in den ersten Minuten hinein in ein Regime, welches für heutige Generationen nur noch schwer vorstellbar scheint, insbesondere wenn sie nie Teil davon waren. Eindringlich beginnen schon hier die Blicke, die als Stilmittel durch den gesamten Film führen werden. Denn die DDR als überwachender Staat, als Big Brother, in dem jeder einzelne ein möglicher Spitzel ist und man stets nur das weiß, was die Menschen voneinander preiszugeben bereit sind, ist ein Setting, welches für einen Thriller nicht besser auszudenken wäre. Und wenn im Laufe des Films nach und nach immer greifbarer wird, wie viel an Maschinerie innerhalb dieser Gesellschaft dahintersteckt, wird einem als Zuschauer automatisch ähnlich mulmig wie den Figuren.

 

Die Darstellerriege bestehend aus Karoline Schuch und Friedrich Mücke als Doris und Peter Strelzyk, ihrem Sohn Frank, gespielt von Jonas Holdenrieder und den Wetzels Günter und Petra, verkörpert durch den gewohnt großartigen David Kross und Alicia von Rittberg macht einen hervorragenden Eindruck und trägt mühelos durch die eindringlich inszenierte Handlung. Auf Stasi-Seite haben wir insbesondere den kongenial aufspielenden Thomas Kretschmann als Oberstleutnant Seidel, der die Grenze zwischen Charme, Regimetreue und brutaler Härte so gekonnt abschreitet, dass man bei aller Abscheu für seine Figur stets einen gewissen Respekt für ihn hegen will. Daneben findet sich eine große Gruppe von Nebendarstellern, die allesamt toll aufspielen und deren Rollen sich alle angenehm lebendig und menschlich anfühlen.

 

Menschlich ist überhaupt das Stichwort, welches hier einen ganz großen Stellenwert besitzt, denn auf dieser Ebene weiß Herbig absolut zu begeistern. Die Klaviatur des Thrillers mit all ihren Stellschrauben für Spannung und Intensität beherrscht er als hätte er nie etwas anderes gemacht, doch auf einer Ebene wo viele andere versagen brilliert er genauso: den Figuren. Die Emotion ist stets spürbar, die Entwicklung innerhalb der Figurenkonstellation, im Zwischenmenschlichen und auch bei den Ängsten und Sorgen der Charaktere, ist immer präsent und wichtiger Bestandteil der Umsetzung. Mit diesem Element steht und fällt die Involvierung des Zuschauers und Herbig holt seinen Zuschauer ab und setzt ihn stets mitten ins Geschehen. Er ist durchgehend nah an seinen Charakteren und lässt ihre Emotion durch die Leinwand in den Zuschauerraum fließen. Ganz große Leistung und ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Spannung des Films an sich.

 

Diese wird noch weiter unterstützt von Ralf Wengenmayr und Marvin Millers perfektem Score, an dem sich jede Szene beinahe symbiotisch entlang bewegt. Die Musik sitzt nicht nur in den emotionalen Momenten des Films, sondern auch und insbesondere in der Unterstützung seiner Handlung. Man spürt bereits über die Musik wer die "Guten" und wer die "Bösen" sind, ohne dabei jedoch in der Charakterzeichnung plakativ zu werden. Die DDR ist nicht per se "Böse", das System nicht schlecht an sich; nur nehmen wir als Zuschauer eben die Sichtweise unserer Charaktere auf und diese wollen aus, für sie guten, Gründen flüchten und dieses System verlassen. Die Musik schwillt an, wenn es spannend wird, stützt unser Empfinden beim Zusehen zu jedem Zeitpunkt und drängt sich doch nie in den Vordergrund oder wirkt penetrant. Ein Score wie er sein muss, gekonnt und on point.

 

Zuletzt noch ein paar Worte zu Torsten Breuer an der Kamera und Alexander Dittners Schnitt, ohne die Herbigs Vision sicherlich nicht die Intensität und das Produktionsniveau erreicht hätte, die sie besitzt. Wüsste man es nicht besser, würde man denken man befinde sich in Hollywood. Die oft leicht hölzerne, irgendwie dezent amateurhafte Produktion aus deutschen Landen, die manche unserer Filme umschwebt, ist hier non-existent. Die Bilder sind grandios, der Schnitt auf den Punkt und die Ideen bei der Kameraarbeit lassen den Film stets perfekt im Fluss bleiben ohne dabei das Wesentliche aus dem Fokus zu verlieren. Keine Szene wirkt gestreckt oder zu viel, jeder Moment ist so wie er ist passend als Puzzleteil des Gesamtkonstruktes. Meisterlich!

 

Fazit:
Ballon ist für mich ganz persönlich der Film Herbigs gewesen, auf den ich seit längerem gewartet habe. Nicht dieser Film an sich, sondern eben die Loslösung von Altbekanntem und der Schritt hin zu einem Regisseur der sich aus seinem Fach - der Komödie - heraustraut und zeigt was er zu leisten vermag. Denn "Bully" war ja bereits mit seiner starken Inszenierung anderer seiner Filme aufgefallen. Doch immer hatte er sich selbst gewissermaßen Beschränkungen durch die Auswahl seiner Stoffe auferlegt - sei es beim Schuh des Manitu, der aus der Bullyparade erwuchs, oder auch bei Wickie, der sich der TV-Kinderserie unterwarf. Hier blieben ihm nun beinahe alle Freiheiten und er bringt seine Vision eindrucksvoll in den Kinosaal. Die Figuren, der Score, die Kamera, die Handlung - Ballon ist so nah an perfekt als Gesamtpaket, dass man Herbig applaudieren möchte. Den einen oder anderen dramaturgischen Kniff zur Spannungserzeugung verzeiht man dann auch gerne, wenn das Ergebnis letztlich so dermaßen rund ist und sich als Zuschauer so grandios anfühlt. Für mich war Ballon nicht nur Herbigs bisher bester Film, sondern auch einer der besten deutschen Filme der letzten 20 Jahre und von mir gibt es dementsprechend wohlverdiente

 

9,5/10 Punkte bzw 4,5/5 Hüte

 

und dazu die klare Empfehlung sich dieses großartige Kinoerlebnis nicht entgehen zu lassen.

Ballon Bewertung
Bewertung des Films
910

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2 Kommentare
MJ-Pat
Avatar
ZSSnake : : Expendable
17.10.2018 09:34 Uhr
0
Dabei seit: 17.03.10 | Posts: 8.935 | Reviews: 183 | Hüte: 614

Erstmal ein großes Dankeschön für den ellenlangen Kommentar ^^

Ja, ich habe Herbigs Arbeit auch immer wieder als wirklich gelungen Empfunden, das Thema hatten wir ja bereits das eine oder andere Mal. Der Schuh des Manitu ist wirklich zurecht eine der ganz großen Komödien hierzulande und auch wenn es mir mit Traumschiff Surprise ähnlich ging wie dir, fand ich dafür Wickie umso besser, weil er perfekt verkörperte, was ich an Nostalgie aus meiner Kindheit hatte.

Kretschmann ist, wie gesagt, so charismatisch, dass man nur schwer an ihm vorbeikommt, egal fies seine Figur angelegt ist. Wenn er, rhetorisch geschickt, immer wieder Leute dazu bringen will sich selbst zu denunzieren...das ist einfach Sahne.

"Bully" hat sich hier klar von der Komödie emanzipiert, ohne jedoch seine Wurzeln zu verleumden. Immer wieder sind auflockernde Lacher eingestreut und der Film gibt einem nicht bloß etwas für die Nerven und fürs Herz mit, gelacht werden darf auch.

Ich bin ziemlich sicher, dass du den Film mögen wirst, vermutlich sogar sehr. Näher an einem "Hollywood made in Germany" waren wir jedenfalls schon lange nicht mehr dran. Und Bully tut das komplett ohne die falsche Eitelkeit sich selbst irgendwo im Film unterbringen zu müssen, was ich als enorm reif und angenehm empfand, nachdem er sich ja bisher in praktisch allen seinen Regiearbeiten immer mindestens einen Cameo gab.

"You will give the people of Earth an ideal to strive towards. They will race behind you, they will stumble, they will fall. But in time, they will join you in the sun, Kal. In time, you will help them accomplish wonders." (Jor El, Man of Steel)
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MrBond : : Imperialer Agent
17.10.2018 09:22 Uhr | Editiert am 17.10.2018 - 09:25 Uhr
1
Dabei seit: 03.12.14 | Posts: 3.595 | Reviews: 23 | Hüte: 585

Wieder einmal eine tolle Kritik. Man kann Deine Begeisterung praktisch aus jeder Zeile lesen.

Wie Du, warte auch ich schon seit Schuh des Manitu, dass Herbig mal den Sprung aus der Komödie, in den ernsten Film schafft. Es ist schon so, Herbig setzte sich selbst bisher immer die Grenzen, eine Geschichte um eine seiner Lieblings-Comedy-Figuren zu stricken. Es gab da nicht wirklich viel Spielraum und man musste ihm stets hoch anrechnen, dass er sich selbst auch ein Mindestmaß an technischer Qualität setzte. Es erinnerte mich immer ein wenig an die ersten Schritte von George Lucas, oder heutzutage James Cameron, immer vom Maximum auszugehen, um dem dann aber noch einen Brocken obendrauf zu setzen.

Ein Schuh des Manitu sollte nicht einfach nur eine Kinoversion des Sketches aus der Bullyparade werden. Er wollte sich von der - Du nennst es - "hölzernen, irgendwie dezent amateurhaften - typisch deutschen - Produktion" abheben und lieferte ein Produkt ab, das sowohl in Inszenierung (Bild, Ton, Schnitt, Musik), als auch dem typischen Hollywood-Klamauk-Humor der 80er, neue Maßstäbe setzte und zu Recht zu einem deutschen Kultfilm avancierte.

Genauso war es mit (T)Raumschiff Surprise. Auch wenn er sicher nicht mehr an sein Erstlingswerk (Manitu) reichte und der Film aus heutiger Sicht m.M.n. ziemlich schlecht gealtert ist, holte Herbig auch hier das Maximum heraus. Es wurde nicht einfach ein Modell der Enterprise an Nylonfäden durch`s Bild gezogen (wie noch in der Bullyparade), nein, es wurden mit riesigem Aufand Spezialeffekte generiert, die man bis dato nur aus Hochglanz-High-Budget-Hollywood-Produktionen kannte. Alleine die Inszenierung rechtfertigte das Kultpotential.

Ralf Wengenmayr, ein klasse Komponist, der das große Orchester perfekt einzusetzen weiß, trug stets zur Herbig-Film-Atmosphäre bei. Ich bin ein großer Fan seiner Arbeit und freue mich immer wieder auf`s Neue, wenn er einen Score schreibt. Der Mann weiß, worauf es ankommt und versteht es, jede Szene perfekt zu unterstreichen.

All das ließ mich hoffen, dass Ballon zum ersten ernsten Film Herbigs würde, der auch Inszenatorisch das Zepter der machbaren hohen Qualität einer deutschen Produktion hochhalten kann. Es freut mich ungemein, dass der Film bei Dir so gut ankam und bin jetzt angefixt. Ballon steht nun auf jeden Fall auf meiner Watchlist! Als nächstes wünsche ich mir dann einen ernsten Science Fiction Film - vielleicht Jan Tenner, oder eine Neuverfilmung von Raumpatrouille Orion...

Zwei Worte noch zu Thomas Kretschmann: Einer meiner absoluten Lieblingsschauspieler aus Deutschland. Meine Frau und ich finden den Typen so sympathisch, dass wir nicht mal ernsthaft gegen ihn sein können, wenn er mal den Bösen spielt... so geschehen beim Film Next mit Nicolas Cage. Bin gespannt, wie das in Ballon sein wird.

Sehe ich so aus als ob mich das interessiert?!"

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