11% bei Rotten Tomatoes und ein imdb-Score von 3,7, die Sache scheint klar, wir haben es bei "Batman & Robin" mit einem der schlechtesten Filme aller Zeiten zu tun. Von den Kritikern verrissen geriet er auch an den Kinokassen zur Enttäuschung, was sich auch auf die weiteren Karrieren der beteiligten Schauspieler auswirken sollte.
Relativ unbeschadet kam eigentlich nur Clooney aus der Sache raus, der mit seinem angeborenen Charme wahrscheinlich auch Koffein-Allergikern Nespresso-Kapseln andrehen könnte und es daher schaffte, diese Pleite problemlos wegzulächeln. Arnie musste allmählich einsehen, dass er seinen Zenit als Action-Superstar überschritten hatte und sollte sich daher schon bald gänzlich anderweitig orientieren. Uma Thurman ließ diesem Flop ein Jahr später noch die Vollgurke "The Avengers" (nein, nicht die, an die bei diesem Namen heute jeder denkt!) folgen, wodurch sie erst mal für einige Jahre weg vom Fenster war bis Tarantino ihre Karriere 2003 mit "Kill Bill" wiederbelebte, wo sie übrigens auf Vivica A. Fox treffen sollte, die in "Batman & Robin" ebenfalls eine Nebenrolle mit dem Namen Miss B. Haven (nur einer von unendlich vielen mal mehr, mal weniger gelungenen Wortwitzen in diesem Film) hatte.
Trailer zu Batman & Robin
Am schlimmsten erwischte es aber die beiden Jungstars, deren Karrieren im Anschluss nie die ihnen vorher zugetrauten Höhen erreichen sollten. Gut, bei ODonnell mögen die ohnehin nie besonders hoch ausgefallen sein, aber bei Miss Silverstone, die zuvor Gerüchten zufolge der Hauptgrund für den Erfolg des Comebacks der Alt-Rocker Aerosmith war und 1995 eine vielversprechende Performance in der durchaus sehenswerten Teenie-Komödie "Clueless" hingelegt hatte, ist das doch bedauerlich. Vor allem die Art und Weise, wie die während der Dreharbeiten mit Gewichtsproblemen kämpfende Teenagerin von der Presse gemobbt wurde (der dabei kreierte Wortwitz "Fatgirl" unterbietet noch den schlechtesten Ice-Pun von Arnie um Längen) lässt einen rückblickend mit dem Kopf schütteln, öffentliches Fat-Shaming einer 19jährigen war in den 90ern tatsächlich noch en vogue (dies bitte im Hinterkopf behalten, da die damaligen gesellschaftlichen Konventionen später noch wichtig werden, wenn ich darauf zu sprechen komme wie modern einige Aspekte in "Batman & Robin" für die damalige Zeit waren).
Der aus heutiger Sicht wohl unglaublichste weitere Werdegang eines Beteiligten soll hier aber nicht unerwähnt bleiben: Akiva Goldsman, Autor solcher Zeilen wie "Allow me to break the ice: My name is Freeze" sollte nur fünf Jahre später einen Drehbuch-Oscar für "A Beautiful Mind" erhalten. Let that sink in.
Nach dieser etwas langen Exposition nun endlich die Pointe: "Batman & Robin" gehört nicht zu den schlechtesten Filmen aller Zeiten und hebt sich von den meisten anderen Filmen, die bei RT, imdb und Co. solche Kennzahlen liefern, deutlich ab. Tatsächlich ist er nicht einmal der schlechteste Batman-Film, da er als das, was er in erster Linie sein möchte, durchaus reüssiert, wenn auch nicht gänzlich, da einige unpassende Elemente für einen unausgegorenen Eindruck sorgen. Dies dürfte zu einem guten Teil auf Interventionen des Studios zurückzuführen sein, das wohl selbst nicht wusste was man genau wollte außer durch den Film Spielzeug zu verkaufen.
Nicht so Recht in den Film passen wollen ernste Elemente wie die tödliche Krankheit von Alfred oder auch die tragische Backstory rund um Freezes Frau. Zwar spielt Alfred-Darsteller Michael Gough seine Szenen richtig gut, aber damit wirkt er in diesem Camp-Fest hier wie aus einem anderen Film.
Immer dann wenn der Film solche dramatischen Themen links liegen lässt, funktioniert er als augenzwinkernde Hommage an die 60er-Serie und den zugehörigen Spielfilm "Batman hält die Welt in Atem" (für mich der Gold-Standard in Sachen Trash). Abgefahrene Gadgets wie die Bat-Kreditkarte oder Robins Lippenkondom brauchen sich vor den absurdesten Utensilien eines Adam West (das Anti-Haifisch-Batspray!) nicht zu verstecken. Während dort Cesar Romero chargierte, darf hier Arnie in 120 Minuten rund 500 Eis-Wortspiele zum Besten geben. Uma Thurman lässt sich da nicht lumpen und überzieht ihre Mae West-Nummer ebenfalls gnadenlos und was dem Arnie seine Ice-Puns, sind ihr die zweideutig-frivolen Innuendos. Und tatsächlich meint man gar in Clooneys hölzernem Spiel eine Reminiszenz an Adam West zu erkennen. Dazu gibt es noch Gastauftritte von Möchtegern-Arnie Ralf Möller sowie Klamottendieb und Gelegenheitsrapper Coolio.
Nun kommen wir aber zum spannenden Teil dieser Review. Eine teilweise gelungene Hommage an ein Trash-Fest zu sein ist allein natürlich noch keine ausreichende Rehabilitation dieses vielgeschmähten Werks. Widmen wir uns nun daher den Aspekten, die nahelegen, dass dieser Film scheitern musste, weil er seiner Zeit einfach zu weit voraus war. Er packte nämlich bereits 1997 zwei Stoffe an, die im Jahr 2020 zu den bestimmenden Themen gehören, nämlich die Umweltzerstörung und #metoo.
Da wäre also zum einen der ökologische Aspekt, manifestiert in Poison Ivys Plan, den Pflanzen die Herrschaft über den Planeten zurückzugeben. Wurden hier etwa schon über 20 Jahre zuvor die radikalen Umweltschützer der Extinction Rebellion vorweggenommen? Zugegebenermaßen ist dieser Aspekt nicht ganz stichfest, schließlich ist die Affinität zu Pflanzen durch die Comicfigur vorgegeben und dazu hat man dann wahrscheinlich ohne große Hintergedanken einen passenden Weltbeherrschungsplot gestrickt. Das zweite große Thema wird dagegen so prominent ausgestellt, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch genau so intendiert war.
Denn wie dieser Film emanzipatorische Themen verhandelt, ist durchaus erstaunlich. Beispielhaft sei dies an dieser schönen Dialogzeile aufgezeigt, mit der Batgirl Poison Ivy disst und ganz nebenbei Hollywood für das bis dato vorherrschende Rollenbild für Frauen anklagt:
"Using feminine wiles to get what you want? Trading on your looks? Read a book, sister. That passive-aggressive number went out long ago. Chicks like you give women a bad name."
Damit hat sich Akiva Goldsman dann auch für all die schlechten Ice-Puns zuvor rehabilitiert. Hätte Elizabeth Banks sich mal "Batman & Robin" angeschaut, dann wüsste sie wie man feministische Themen geschickt in einen Film einbaut und hätte sich das "Charlies Angels"-Desaster erspart. Nebenbei auch ein Grund wieso MB80 mit seinem "Birds of Prey"-Vergleich ins Schwarze getroffen hat (auch wenn ich die Vermutung habe, dass er ihn eher auf die Camp-Aspekte bezogen hat^^).
Die Szene, aus der das obige Zitat stammt, ist ohnehin bemerkenswert, weil es hier in Umkehrung der typischen Rollenbilder Batgirl ist, die die beiden Damsels in Distress Batman und Robin rettet.
Viel Spott zogen damals wie heute die Batnippel auf sich, doch auch diese entpuppen sich in diesem Zusammenhang als wichtig. Die Suit Up-Montagen von Batman und Robin sind mit Close-ups von Po, Schritt und eben der Nippel ebenso sexualisiert wie die von Batgirl, wodurch der Film eine Gleichberechtigung erreicht, die in dieser Art Film selbst heute noch eine Ausnahme darstellt.
Eine weitere Kostprobe für die Vorwärtsgewandtheit des Skripts:
Batman: "And you are?"
Batgirl: "Batgirl."
Batman: "Thats not very PC. What about Batwoman, or Batperson?"
Fast schon unheimlich wie dieser Film gesellschaftliche Trends der 2010er Jahre vorweggenommen hat.
PS: Wenn man so will, hat dieses wegweisende Werk übrigens auch den großen Filmtrend unserer Zeit zumindest angerissen, denn meines Wissens müsste es sich um den ersten Comicfilm handeln, in dem ein Shared Universe etabliert wird:
Robin: "I want a car. Chicks dig a car."
Batman: "This is why Superman works alone."
Wer weiß, wäre der Film ein Erfolg geworden, hätten wir vielleicht als nächstes "Batman & Robin v Superman" bekommen. Mit diesem Gänsehaut erzeugenden hypothetischen Szenario entlasse ich alle, die sich das hier tatsächlich bis zum Ende durchgelesen haben, und gebe ihnen noch einen paläontologisch stichfesten Fakt an die Hand:
"What killed the dinosaurs? The Ice Age!"