Bewertung: 4 / 5
Nach dem Tode von König TChaka wird sein Sohn TChalla der neue Herrscher der afrikanischen Nation Wakanda. Wakanda, das versteckt vor der Außenwelt existiert und noch nie erobert wurde, ist der einzige Staat auf Erden, der im Besitz des Wunderstoffes Vibranium ist. Mit Vibranium lassen sich allerhand Sachen anstellen, die Wakanda still und heimlich zur am weitesten entwickelten Nation auf Erden gemacht haben. TChalla steht nun vor einem Gewissenskonflikt: die Traditionen seiner Vorfahren ehren und Wakanda im Geheimen weiter vor sich hin leben lassen, oder Reichtum und Technologie mit der Welt teilen? Zu allem Überfluss taucht Vibranium auch noch in den Händen des Waffenhändlers Ulysses Klaue auf dem Schwarzmarkt auf. Dieser arbeitet mit dem geheimnisvollen Eric „Killmonger“ Stevens zusammen, der es auf TChallas Thron abgesehen hat. Als Superheld und Beschüter Wakandas Black Panther muss TChalla nun versuchen, deren Treiben ein Ende zu setzen...
Schwarze Superhelden sind im Kino eher Mangelware. Klar, auf einen Iron Man kommt unter Umständen eine War Machine, aber in Rollen abseits des Sidekicks dürfen sie eher selten glänzen. Der ein oder andere erinnert sich da vielleicht noch an Wesley Snipes und seine „Blade“-Reihe, die ist nun jedoch auch schon mehr als zehn Jahre tot – und der letzte gute „Blade“-Film liegt noch länger zurück. Die Marvel Studios haben sich allerdings endlich dazu entschieden, einen ihrer traditionsreichsten schwarzen Superhelden endlich auf die große Leinwand zu bringen. Nach einer etwas größeren Nebenrolle im 2016er „The First Avenger: Civil War“ ist jetzt Black Panthers Solo-Abenteuer im Kino zu bestaunen. Und zu staunen gibt es viel!
Trailer zu Black Panther
In den letzten Jahren wurde eine Menge (digitaler) Tinte verschwendet, um über die vermeintlich immer gleiche Marvel-Formel zu meckern. Zu ähnlich seien sich die Helden, zu ähnlich seien sich ihre Herausforderungen und überhaupt: die Filme haben den immer gleichen Ton und werden zum Einheitsbrei. Das mag mit Einschränkungen stimmen, mit „Black Panther“ kann diese Art der Kritik aber hoffentlich für die Zukunft auf Eis gelegt werden. Regisseur Ryan Coogler, der sich mit dem exzellenten „Nächster Halt: Fruitvale Station“ und dem sehr guten „Creed“ bereits einen Namen gemacht hat, hat nämlich einen Film abgeliefert, der nicht nur unverkennbar seine Handschrift trägt (übrigens nicht, weil es anfangs nach Oakland zurückgeht...), sondern der zusätzlich anders als alle anderen Filme im MCU aussieht, sich anders anhört, ja, sich anders anfühlt.
Es verlangt einem schon Respekt ab, wie unvermittelt der Film einen in seine Welt stößt und dem Zuschauer Verständnis dieser zutraut. Es werden Science Fiction-Elemente, Stammesfraktionen und archaische Rituale ohne Unterlass eingeführt, dabei aber kaum Atempausen gelassen. Das funktioniert allerdings ziemlich gut, sodass Wakanda sich durchaus wie eine voll ausgestaltete, eingelebte Gesellschaft anfühlt, die ihre eigenen interessanten Probleme und Lösungen hat, und die gänzlich von der unseren zu unterscheiden ist. Visuell bietet der Film hier einen bunten Bilderreigen an, der sich angenehm vom flachen TV-Look der letzten MCU-Filme abhebt und Lust auf mehr macht. Hervorheben muss man wohl vor allem das Produktionsdesign, das mit seinen geschwungenen und „natürlichen“ Formen in jeder Einstellung dezidiert afrikanisch ist. „Black Panther“ dürfte der wohl erste „afrofuturistische“ Blockbuster sein – aber hoffentlich nicht der letzte.
Den Einfluss des Regisseurs und Drehbuchautors Ryan Coogler merkt man wohl am Besten an Hauptfigur TChalla. Wie bereits Adonis Creed ist TChalla ein Mann, der im Schatten seines überlebensgroßen Vaters steht. Und wie Adonis muss er Frieden schließen mit einem Mann, der alles andere als perfekt war, aus dessen Schatten heraustreten und sein eigener Mann werden. Sein Character Arc ist es, die Traditionen von Wakanda in der Vergangenheit zu lassen und mutig in ein neues Zeitalter voranzuschreiten. Ihm gegenüber steht Killmonger, der seinen Vater auch verloren hat, dessen Revoluzzer-Art Killmonger nie hinterfragt hat und mit der er die Welt verändern will. Killmonger ist die Art Bösewicht, die aus den richtigen Motiven, die Behandlung schwarzer Menschen weltweit, das Falsche tun, nämlich gewaltsam Regierungen zu stürzen, um den bisherigen Machthabern gleichzutun. Aus diesen philosophisch unterschiedlichen Ansätzen erwächst der Konflikt zwischen TChalla und Killmonger, aber beide enden bei einer Art Verständnis für den anderen. In diesem Konflikt zeigt Coogler einen nuancierten Blick auf aktuelle Probleme, der anderen aktuellen Blockbustern gerne verlorengeht – dafür muss man nur mal auf „Civil War“ schielen...
An dieser Figur zeigt der Film jedoch auch eine gehörige Schwachstelle. Killmonger nutzt gängige CIA-Taktiken (Destabilisierungen nutzen, Revolutionäre unterstützen, eigene Regierung einsetzen), die natürlich als böse und verwerflich dargestellt werden. Mit dem von Martin Freeman gespielten Everett K. Ross hat der Film aber einen „richtigen“ CIA-Mann zur Hand, an den man diese Kritik richten könnte. Ross ist jedoch zusätzlich der einzige wirkliche amerikanische Charakter. Den kann man schließlich nicht vor dem Zielpublikum durch den Kakao ziehen. Und so hat Cooglers eigentlich nuancierter Blick eben an dieser Stelle einen blinden Punkt, der den Gesamteindruck doch zu schmälern weiß.
„Black Panther“ ist ein mutiger Film, der sich von der Superhelden- und Blockbusterflut gekonnt abheben kann. Wunderbar designt, vertont und geschauspielert, ist er auf jeden Fall einen Blick wert.