Bewertung: 3.5 / 5
"Christopher Robin" ist die nächste Realverfilmung aus dem Hause Disney und konzentriert sich diesmal auf den Titelcharakter und dessen wohl noch bekanntere Freunde: Winnie Puuh und Co. Ein wunderschöner, emotionaler und witziger Film, welcher schön die Zeichentrickadaptionen nutzt, aber auch zum Nachdenken anregt.
Handlung
Christopher Robin hat es nicht leicht. Als Kind musste er den Hundertmorgenwald für immer verlassen - Internat, Tod des Vaters, Krieg und Leben in London - Christopher hatte keine Zeit mehr für seine Freunde Ferkel, Rabbit, Tigger, I-Ah und natürlich Winnie Puuh. Als Erwachsener liegt die komplette Last der Firma, welche kurz vor dem Bankrott steht, auf seinen Schultern, während er sich mehr und mehr von seiner Frau und seiner Tochter distanziert. Als er keinen Ausweg mehr findet, taucht sein alter Kumpel Winnie Puuh auf, welcher wiedermal Christophers Hilfe braucht - und damit auch Christopher selbst hilft und ihm zeigt, dass Arbeit nicht alles ist.
Trailer zu Christopher Robin
Kritik
Man kann weiterhin von Disneys Realverfilmungen halten was man will, die Qualität ist unbestritten und man fühlt sich zurück versetzt in eine Zeit, in der sich alles unbeschwerter und leichter angefühlt hat. "Christopher Robin" hat dieses Erleben der alten Zeichentrickfilme mit erwachsenen Augen dann sogar als Thema und Handlung - und ich denke jeder kann sich in diese Story hineinversetzen. Ewan McGregors Charakter Christopher Robin steht als Symbol für alle Erwachsenen, die irgendwie das Kind-Sein in sich verloren haben. Bemüht alles richtig zu machen, Geld nach Hause zu bringen und Verantwortung zu tragen, macht er so ziemlich alles falsch. Denn spätestens wenn die eigene Tochter zugibt, dass sie ihren Vater nicht kennt und die Ehefrau erklärt, sie habe ihren Mann seit Jahren nicht mehr Lächeln sehen - dann weiß man, dass man sich in einer Sackgasse im Leben befindet. Die Handlung des Films ist somit durchaus ernst und erwachsen, aber schnell kommt auch der Aspekt der Handlung zum Tragen, welche besonders für Kinder spannend ist und dann auch die Leichtigkeit wiederbringt.
Jeden Tag seit Christophers Abgang wartet Puuh auf die Rückkehr seines Freundes - der Hundertmorgenwald wird immer trostloser, grauer und einsamer bis Puuh eines Tages seine Freunde nicht mehr finden kann. Also macht er sich auf den Weg nach London, um Christopher Robin um Hilfe zu bitten. Hier kommt der Kontrast des Films zu tragen: auf der einen Seite Christopher Robin als Erwachsener, ständig im Stress und ohne echte Freude. Auf der anderen Seite Winnie Puuh und seine Freunde - wie man sie aus seiner Kindheit kennt. Tollpatschig, liebenswürdig und trotz aller Verpeiltheit immer mit wichtigen Lektionen fürs Leben. Durch Puuh schafft es Robin zu erkennen, dass er auf einem falschen Weg ist und dass das Leben auch mal Ballons, Pfützen und Honig braucht anstelle von Zeitdruck und Arbeit. Dies funktioniert umso gut, weil man es anders als bei anderen Realverfilmungen schaffte, die alten Synchronsprecher größtenteils zu gewinnen. Nostalgie pur!
Auch wenn der Film emotional ist und allein durch die Umsetzung der bekannten Figuren - nie war Winnie Puuh süßer, punkten kann, so macht der Film einen schweren Fehler: Er wagt es nicht den letzten Schritt zu gehen. Denn eigentlich ist die Geschichte um Puuh-Bär und Christopher Robin eine tragische. Mit Rückblick auf die Zeichentrickabenteuer wird einem heute umso klarer, dass Puuh und Co. nichts weiteres waren als Robins Teddies und Spielsachen, mit denen er dem dunklen Alltag entkommen konnte. Der Hundertmorgenwald war ein magischer Rückzugsort und hier konnte Christopher Robin der sein, der er wollte.
Im Film wird diese Trennung zwischen Realität und Fantasy leider nicht vollzogen. Immer wieder wird angedeutet, dass dies sich alles nur in Christopher Robins Kopf abspielt. Puuh taucht genau in dem Moment auf, wo Christopher ihn braucht und seine Tochter ihn daran erinnert. Der Hundertmorgenwald steht durch sein Aussehen symbolisch für die verlorene Kindheit und kann plötzlich überall analog zu Narnia erreicht werden, wenn man es will. Und Christopher ist der einzige Beschützer der Plüschtiere vor Heffalumps und Wuusels, weil er selbst diese Welt erschuf.
Doch leider wird diese fast schon tragische Hintergrundgeschichte fallen gelassen indem die Figuren dann scheinbar doch real wirken. Wenn Menschen auf der Straße, am Bahnhof oder der Arbeit erkennen, dass Puuh und Co. tatsächlich reden können, dann sorgt dies für eine Menge Lacher, nimmt dem Film aber auch seine Tragik und Botschaft. So reagieren Menschen tatsächlich auf die Figuren, was sie und den Hundertmorgenwald zu Fabelwesen und realen Orten machen anstelle von Produkte aus Christophers Fantasy. Während man bei "Cinderella" (Aschenputtel redet durch die Einsamkeit mit Mäusen) und "Die Schöne und das Biest" (die Gegenstände werden realer und verlieren ihr Eigenleben) diesen Schritt wagte, sucht "Christopher Robin" eher den süßen, lockeren Weg mit Happy End, aber mit fehlenden Konsequenzen. Ist dies nun real oder doch nur ein Fantasyprodukt? Diese Frage bleibt irgendwie ungeklärt und dies ist schade, da die erwachsene Botschaft der angenehmeren Handlung für Kinderaugen weichen muss - natürlich mit Potenzial für eine Fortsetzung.
Fazit
Christopher Robin ist eine liebevolle Geschichte voller Humor und nachdenklicher Szenen, welche ein Muss ist für jeden Fan von Winnie Puuh und seinen Freunden. Es ist eine Geschichte, die wir womöglich alle nachvollziehen können, in der wir uns selbst wiederfinden und vielleicht nach dem Anschauen unser Leben selbst überdenken. Die alltägliche Geschichte von Erwachsenen, die das Kind in sich unterdrückt oder gar vergessen haben.
Leider fehlt dem Film die letzte Konsequenz und sucht lieber das harmonische, liebenswerte Ende anstelle eines tragischen emotionaleren Weges. Da der Film aber vor allem für Kinder ist, kann man dies trotzdem irgendwie akzeptieren.
Btw.: Wo war mein Freund Goover? :O