Bewertung: 3 / 5
Sophia und Jessica sind Schwestern aus reichem Hause. Als Kinder mussten sie miterleben, wie ihre Eltern bei einem Raubüberfall brutal umkamen. Jessica ist ihrer Schwester gegenüber seitdem extrem beschützend und schränkt diese ein. Im Streit kommt es zu einem Unfall den nur Sophia überlebt. Die Mörder der Eltern, an denen sich Jessica rächen wollte, wurden kurz zuvor aus dem Knast entlassen. Sophia will eigentlich mit der ganzen Sache endgültig abschließen, aber seit dem Unfall hat sie immer wieder Blackouts, die sie zu den Mördern hinziehen.
Genrekino aus Deutschland hat einen schweren Stand. Während in Schweiger-Schweighöfer-Comedys Millionen rennen und Filme über DDR, 2. Weltkrieg oder andere gesellschaftspolitisch relevante Themen die Filmpreise dominieren, wird Horror/Thriller/Action eher verschmäht. Hier die Frage nach der Henne und dem Ei: Werden solche Streifen deshalb nich gefördert oder sind sie so verhmäht, weil sie nicht gefördert werden, weil eben nicht gefördert wird, was keinen didaktischen Wert hat... aber genug davon, zum Thema Filmförderung kann man ganze Aufsätze verfassen. So oder so bewirkt das einen echten Seltenheitswert, wenn es um Genre aus Deutschland geht. Ich wette, dass selbst hier in diesem Nerd-Forum kaum jemand von "Die Vierhändige" gehört hat. Es handelt sich um einen grundsoliden Psychothriller mit einigen Macken. Er ist immerhin interessant und somit schon mehr sehenswert als 90% der anderen deutschen Produktionen.
Trailer zu Die Vierhändige
Was sofort ins Auge fällt ist die Wertigkeit des Films. Hier wurde definitiv auf internationalem Niveau gedreht und sogar einige nette Spielereien mit der Kamera sind dabei. Die Prämisse wird besonders unter Kennern nicht furchtbar neu empfunden werden, bekommt hier aber einen ganz interessanten Twist verpasst. Leider kann ich keine Referenzen nennen, weil das sofort ein Spoiler wäre. Besonders gefallen hat mir aber die Düsternis, Härte und Ernsthaftigkeit, die man in heimischen Werken oft so vergebens sucht.
Demgegenüber stehen allerdings auch einige landestypische Probleme: Das Schauspiel ist nicht immer auf höchstem Niveau. Es ist fast schon ärgerlich, weil man ständig im Hinterkopf hat, was wohl zwei richtig gute Schauspielerinnen aus dem Stoff gemacht hätten. Die Dialoge sind stellenweise fremdschämig dämlich und es wird dem Zuschauer zu viel erklärt; besonders in einer Szene, in der man auf "Show dont tell" pfeift und den gesamten psychologischen Unterbau einer Figur erklärt. Die Charaktere sind zu keinem Zeitpunkt irgendwie sympathisch oder auch nur greifbar und mitleiden konnte ich deswegen nicht. Ein Gespür für Struktur und Dramaturgie sucht man vergebens - der Film ist "all over the place" und scheint stellenweise richtig durch die Handlung zu irren.
Dennoch mochte ich das. Vielleicht gebe ich dem auch eine Extrawurst, weil man das eben hierzulande kaum sieht. Ich vermeide auch eigentlich die Floskel "für einen deutschen Film", aber man sollte zuschlagen, wenn man mal was annähernd Vernüftiges aus unserem schönen Land sehen möchte.
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=AdXtzFlfPtg