Bewertung: 3.5 / 5
Oscar®-Preisträger Ron Howard („Apollo 13“, „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“) inszenierte den Abenteuerfilm „Im Herzen der See“ nach Nathaniel Philbricks Bestseller über die dramatische historische Seereise der Essex. Nantucket, Massachusetts( USA), 1820 überlebte die Besatzung des Walfängers Essex einen unglaublichen Angriff, dessen Geschichte bis heute, die Seelen der Menschen berührt. Ein gigantischer weißer Wal sinnt auf Rache, ein höchst menschlichen Tugend. Die Schiffskatastrophe inspirierte Herman Melville zu seinem Weltbestseller „Moby Dick“. Sein Werk erzählt nur einen Teil der Geschichte.
Ron Howard greift in seinem Film den qualvollen Überlebenskampf der überlebenden Besatzung auf, und erzählt von deren unvorstellbaren aber nachvollziehbaren Taten, die ein Überleben erfordert. Mutter Natur erzwingt eben solche und zwingt die Männer, nicht nur ihre furchtbaren Taten an den Wesen der Meere infrage zu stellen. Und zeigt einen Teil der Menschheitsgeschichte auf, die auf kein Ruhmsblatt gehört. Der Walrat und Tran, zu Öl verarbeitet, war der Grundstoff für die weltweite Industralisierung der Menschen. Hunderdtausende, dieser fühlenden und denkenden Wesen fielen einem Massaker zum Opfer, welches seines gleichen sucht. Wiewiele Leben hat es gekostest, bis die Menschen ein Loch in die Erde gruben und das Öl aus der Erde sprießte?! Zuviele!
1956 gelang dem legendären Regisseur John Huston(„Der Schatz der Sierra Madre“, 1948) mit Gregory Peck in der Hauptrolle als besessener Kapitän Ahab eine spektakuläre Verfilmung von Herman Melvilles „Moby Dick“.
Ron Howards Film IM HERZEN DER SEE will gar nicht diese beiden Vorlage kopieren, nein, er wählt Nathaniel Philbricks preisgekrönte Buch-Vorlage(„Im Herzen der See: die letzte Fahrt des Walfängers Essex“,2000) und kreiert ein spannendes und kurzweiliges Abenteuer zur See, mit spektakulären und nie gesehen 3D-Aufnahmen.
Howard lässt sein Publikum gemeinsam mit Herman Melville(Ben Whishaw , bekannt als „M“ in „James Bond 007 – Skyfall“) in die unfassbaren Erinnerungen des ehemaligen Schiffsjungen Nickerson eintauchen, der von Ereignissen erzählt, welche nie niedergeschrieben sein sollten, eigentlich.
Der bekannte Mime Brendan Gleeson(„Braveheart“) stellt sich, beeindruckend gespielt, nur widerwillig den nächtlichen Austausch der wahren Ereignisse. Chris Hemsworth(„Thor“) brilliert als Obermaat Owen Chase und darf endlich alle Facetten eines Schauspielers gelungen und beeindruckend auf die Leinwand bringen. Benjamin Walker( aka „Abraham Lincoln Vampirjäger“) muss als überforderter Kapitän Pollock ein schweres Erbe antreten, welches ihm sichtlich und überragend gelingt.
Auch alle weiteren Rollen in diesem hochwertigen See-Drama sind exzellent besetzt. Cillian Murphy( als zweiter Offizier Matthew Joy) spielt seine Rolle ausgezeichnet. Leider kam seine Rolle ein wenig zu kurz. Der junge Tom Holland(der neue Spiderman, 2016) spielt den Schiffsjungen brillant und präsent, dazu ist jede Szene mit ihm nachvollziehbar und äußerst glaubhaft gespielt. Den jungen Darsteller erwartet eine große Zukunft als Schauspieler.
Trailer zu Im Herzen der See
Howard inszenierte große und visuell überwältigende Szenen, besonders der Kampf zwischen Schiff und Wal zeigt nie dagewesene Bilder. Dafür holte er sich den Kamermann Kameramann und Oscar-Preisträger Anthony Dod Mantle („Slumdog Millionär“, „Rush – Alles für den Sieg“) ins kreative Team. Und wieder überrascht Dod Mantle mit einer Kameraführung, wie bereits in RUSH, die seines gleichen sucht. Die Unterwasseraufnahmen sind Grandios und die Kamera stets nahe dem Geschehen, atemlos folgt man den Protagonisten in den reichen Action-Szenen. Somit ist alles hautnah spürbar und es ist genau das, was das Genre des Abenteuerfilms so groß macht.
Der Sound verstärkt nur noch die bombastischen Szenen und der Score von Rocque Banos(„Evil Dead“, verstärkt jedes einzelne Szenario. Der Einsatz von 3D und den digitalen Effekten ist mehr als funktionell, sondern die technische Perfektion der räumlichen Illusionen setzen neue Maßstäbe im Bereich Unterwasser –und Tieraufnahmen. Zu erwähnen ist das Drehbuch von Charles Leavitt („Blood Diamond“) nach der Story von Charles Leavitt und Rick Jaffa & Amanda Silver („Planet der Affen: Prevolution“) sowie Nathaniel Philbricks „Im Herzen der See“! Leavitt verschafft diesem epochalen Werk eine Kurzweile, dass man verwundert auf die Uhr schaut, wenn die Leinwand schwarz wird. Leider verpasst er es, den Figuren mehr Tiefe zu geben und Fäden zu verknüpfen. Das mag ich nicht. Andeutungen machen, Aussagen treffen, die dann nicht so eintreten. Was ich dem Film daher vorwerfe, ist seine schwache Erzählstruktur, die nicht nur dem Regisseur geschuldet ist.
Ron Howards Abenteuerfilm IM HERZEN DER SEE ist ein gutes Stück Kino. Allerdings gelingt es ihm auch nicht, einen filmischen Moment der Gänsehaut zu erzeugen. So schafft es der Film nicht, als ein brillantes Meisterwerk in die Annalen einzugehen. Trotzdem, ist es ein Film von einem der größten und noch wirkenden Filmemacher unserer Zeit, und sollte am Besten im Kino gesehen werden. Die spannende Geschichte, welche auf tatsächlichen Ereignissen beruht, mitsamt seiner sehenswerten 3D-Aufnahmen und tollen Darstellern hat eine große Leinwand und ein ebenso großes Publikum verdient. Allerdings habe ich die Befürchtung, dass der Film kein Zuschauer-Magnet werden wird. Dennoch, dieser Film bietet eine willkommene Abwechslung aus dem Einerlei an Comic-Verfilmungen, Sequels, Triologien und und und…. Abschließend sei erwähnt: Dieser Film, mit all seiner unglaublich tollen Technik wirft ein neues Licht auf John Hustons „Moby Dick“ von 1956. Damals wurde noch(nur) Handwerk eingesetzt und zeigt erneut auf, welch grandioses und unvergessliches Meisterwerk dem Filmkünstler Huston gelang, und dass der Film(Fünf Sterne von mir) noch immer absolut Sehenswert ist!