Bewertung: 0.5 / 5
Machten aus dem charmanten, eleganten Mann von Welt mit dem lockeren Spruch auf den Lippen einen unzivilisierten Banausen und humorlosen Proleten.
Schon in CASINO ROYAL musste Geheimdienstpartnerin Vesper Lynd (Eva Green) Bonderst beibringen, wie man(n) Abendgarderobe trägt. Etwas später beleidigt er Vesper im Dialog als blöde Kuh. Jeder kennt den sprichwörtlichen „Vodka-Martini – geschüttelt, nich gerührt“ aus 20 Bond-Filmen – ein Klassiker. Im Casino Royal bestellt Bond direkt nach dem „Blöde-Kuh“-Dialog an der Bar einen Vodka Martini. Der Barmann fragt:
„Geschüttelt oder gerührt?“ - „Sehe ich aus, als ob mich das interessiert!“
Damit hatten mich Bond und Craig verloren.
KEINE ZEIT ZU STERBEN ist leider eine gute halbe Stunde zu lange, hat teilweise ein misslungenes Tempo und kommt schwer in die Gänge. Bond-Gegner Lyutsifer kommt nach der Rückblende vor dem Vorspann erst nach einer guten Stunde zurück. Dabei ist dieser Bond-Gegner Lyutsifer (Rami Malek, BHEMIAN RAPSODY) einer der uninteressantesten und schwächsten Bond-Gegner aller Zeiten. Als Sohn einer von SPECTRE ermordeten Familie nimmt er Rache an SPECTRE und hätte eigentlich Bond´s Verbündeter werden können. Seine Motivation wird überhaupt nicht klar. Die Figur ist schlecht geschrieben und lahm gespielt. Auch Lyutsifer´s Scherge mit dem Computer-Auge ist verschenktes Potential.
Auch Christoph Waltz kommt als Ernst Stavro Blofeld noch kurz in der Psychiatrie-Hochsicherheitszelle vor, wo er doch eher wie Hannibal Lecter wirkt als wie ein James-Bond-Soziapath.
Dieser Craig-Bond hat bei Handlung, Schauspielern und Spannung durchaus seine Momente. Die Nano-Roboter als gezieltes Tötungswerkzeug sind eine infame und originelle Idee. Diese Idee wirkt im Verlauf dieser Pandemie, in der merkwürdige Leute denken, Bill Gates und alle möglichen Regierungen wollen sie mit Mikrochips impfen, kontrollieren und töten, unabsichtlich sehr makaber.
Die anderen Geheimdienst-Leute bleiben weit unter ihren Möglichkeiten. Anstatt mal wieder einen Blick ins Waffenlabor zu werfen, sehen wir „Q“ fast nur am Bildschirm sitzen, Festplatten analysieren und Beobachtungskameras auswerten.
Seine Lebensgefährtin Madeleine Swann, Tochter des SPECTRE-Agenten Mr. White, verdächtigt Bond am Anfang des Verrats und verlässt sie auf hässliche Weise; das hätte es früher nie gegeben. Über die weitere private Beziehung und das Finale spoilere ich nicht, keine Sorge. Aber ich mache mir doch Gedanken, wie sie James Bond in der Zukunft glaubwürdig am Leben erhalten wollen.
Einige nostalgische Zitate aus früheren Bond-Zeiten waren ein bischen wenig, um den Mythos Bond zu erhalten – wenn sie überhaupt erkannt wurden. Dafür wurden zu viele James-Bond-Traditionen verraten. Und so war der Höhepunkt dieses James-Bond-Films für mich der Abspann mit dem unvergesslichen Bond-Song „We have all the time in the world“ von John Barry und Louis Armstrong aus „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ von 1969. Übrigens ist der Qualitätsabfall der Bond-Filme auch sehr gut bei der Filmmusik zu erkennen: Nachdem der langjährige Stammkomponist John Barry in den späten 80er Jahren abgelöst wurde und keine Bond-Aufträge mehr bekommen hatte, entwickelte sich die Filmmusik später in Richtung akkustische Körperverletzung – teilweise leider auch hier.
Trailer zu James Bond - Keine Zeit zu sterben
Fazit: Ich bin geschüttelt, nicht gerührt.