Bewertung: 1.5 / 5
Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich gar nichts gegen Til Schweiger habe. Ganz im Gegenteil, zu gewissen Teilen mag ich ihn eigentlich ganz gerne auf der Leinwand sehen, vor allem in seinen 90er und 00er Streifen ist er mir grundsympathisch. Außerdem empfinde ich ihn als Regisseur keinesfalls so katastrophal wie er hier und da gemacht wird. Er weiss zumeist, was er erzählen will und kleckert nicht sondern klotzt. Das ist bisweilen sehr dick aufgetragen, aber andererseits holt er auch den letzten Zuschauer mit seinen Messages ab. Beispielsweise muss ich konstatieren, dass ich beim Streit bezüglich was ein alter Mann alles tut, wenn er nicht mehr Herr seiner Sinne ist, der ja medial breit getreten wurde zwischen Didi Hallervorden und Til Schweiger nach Sichtung der entsprechenden Szene doch sagen muss, dass Schweiger die betreffende Szene tatsächlich gut und zurückhaltend hinbekommen hat. Und so muss man immer wieder sagen, dass Schweiger, wenn er mal will, auch sensibel erzählen kann. Aber anscheinend will er nicht immer, oder aber es funkt ihm sein Alter Ego, der Schauspieler Til Schweiger dazwischen. Oder es funkt ihm sein Produzenten Alter Ego Til Schweiger dazwischen, der dem Regisseur Schweiger vorschreibt, die Töchter des Produzenten möglichts bestmöglichst zu verkaufen, und mach gestandenen Charakterdarsteller für diese kleinen Naseweise zum Stichwortgeber zu degradieren. Und dann haben wir ja noch den Schreiberling Schweiger, der seine Filme zumeist selber schreibt. Und auch hier: Immer wieder gibt es sehr schöne und gute Ansätze, aber Schauspieler, Produzent, Papa und Ego Schweiger machen die ganze Arbeit kaputt.
So auchim vorliegenden Machwerk der eindeutigen Marke Schweiger: 3 Freunde in der Midlife Crisis bereiten sich auf ihr 30-jähriges Klassentreffen vor und wollen noch einmal die sau rauslassen. Dumm nur, dass sie die baldige Stieftochter eines der Männer an den Hacken haben und daher nicht so dürfen wie sie wollen. Hört sich lustig an? Ja, einigermassen, für eine Boulevardkomödie auf jeden Fall ganz brauchbar, und es gibt sicherlich den einen oder anderen Road-Trip-Movie, der aus dieser Prämisse wirklich was zaubern kann. Vor allem in Frankreich ist man seit Jahrzehnten erstaunlich erfolgreich darin Väter-Töchter Komödien erfolgreich an den Mann zu bringen.
Trailer zu Klassentreffen 1.0 - Die unglaubliche Reise der Silberrücken
Erstens kann man die sich anbahnenden Midlifeprobleme gewitzt aufs Korn nehmen, kann dies im Clash mit den Pubertierendenproblemen setzen, kann ein bißchen noch eine sexuelle Spannung reinbauen, hier und da einen Konflikt einbauen und die ganze Sache recht hausbacken und auf eine süßen Note enden lassen, Und genau das probiert unser Tausendsassa Schweiger auch. Aber es gelingt ihm nie auch nur ansatzweise, das Ego seines Stars und Zugpferdes Schweiger in den Griff zu bekommen, geschweige denn mit der Prämisse des Mädchens irgendwie wertvoll etwas anzufangen.
Die Probleme sind ziemlich offenkundig: während die beiden Freunde des Schweiger-Charakters tatsächlich in halbwegs glaubwürdigen Midlife-Crisis Problemen watscheln, ist Schweigers Figur gefühlt einfach nur eine Projektionsfläche für alle möglichen noch offenene Sehnsüchte des Menschen Schweiger: Er ist reich, gutaussehend, alle Frauen sind immer noch scharf auf ihn, er geht ständig fremd, wird erwischt, und die Frau, die ihn nur heiraten will, wenn er monogam ist, nimmt ihn seelenruhig an der Hand und fragt ihn ernsthaft, was denn das Problem ist, dass er schon wieder fremd gegangen ist.Das wird vor allem dadurch ad absurdum geführt, dass das ganze ohne jegliche Ironie runter gebetet wird. Und als ob das noch nicht genug wäre, schickt sie ihre Tochter mit diesem sexsüchtigen Deckhengst auf Roadtrip! natürlich wird da nichts passieren, sind ja im wahren leben Vater und Tochter, aber glaubwürdig geht anders.
Ja, in so einem Dreiergespann hast du immer den Spinner, denjenigen, der immer eins auf die Fresse bekommt und den Schönling, aber die drei raufen sich immer irgendwie zusammen und gehen zusammen durch Dick und Dünn,siehe Hangover als bestes Beispiel, wo gefühlt auch Bradley Cooper durch die Hölle mit seinen Freunden geht. An sowas möchte sich der Autor Schweiger rantasten, doch seine Figur kommt komplett ungeschoren davon, und dann geben seine Freunde auch solche Sprüche von sich wie "Du bist einfach der Beste!" Also ob das nicht genug wäre, wenn man gemein wäre, könnte man behaupten, dass er sich seine Freunde kauft, weil er ständig alles bezahlt, und sogar eine Kreditkartenabrechnung ber 50.000 irgendwie als milde lustig und locker verkraftbar dargestellt wird.
Da hat der Geschichtenerzähler Schweiger auch zumindest zu grossen Teilen, was Selbstwahrnehmung und Bodenständigkeit der Filmfigur und der Privatperson Schweiger offenkundig jegliche Bodenhaftung verloren. Aber ganz ehrlich, wenn ihm doch sowieso alle nach dem Mund reden, warum sollte er noch Bodenhaftung haben, vielleicht schafft er es ja, eine runde Geschichte zu erzählen?
Wie gesagt, die Midlife Crisis Geschichte der beiden Freunde könnte ja halbwegs funktionieren, wenn er sich für diese Figuren tatsächlich interessieren würde und sie nicht der Lächerlichkeit vorwerfen würde: Wieso muss man eine Szene drehen, in der ein Mann unter einem laufenden Duschstrahl stehend in der einen Hand ein Laptop mit laufendem Porno und in der anderen seinen Schwanz hat? Wieso muss dies unter der Dusche sein? Und wieso muss just in dem Moment seine Frau in den nicht abgeschlossenen Raum reinkommen? Das macht nicht nur keinen Sinn, sondern ist auch optisch so irritierend, dass da gar kein Humor zu entstehen in der Lage ist. Und spätestens wenn der gleiche Typ einen auf Gorilla in einem Edelrestaurant macht, fragt man sich, was genau das bitte sein soll?
Und wirklich schlimm ist die eingebundene Stieftochter in Spe. Nicht dass sie schlecht schauspielern würde und das gross nerven würde. Nein, sie ist einfach grottenschlecht geschrieben: Irgendwie sich um die mai sorgend, lässt sie sich von der Kreditkarte verblenden, und nur weil der Stiefvater in Spe sie deckt, was ja eigentlich gerade das ist, was sie ihm austreiben wollte, freundet sie sich mit ihm an. Äh, wie bitte? Und dann sit dieses verzogene Mädchen auch noch diejenige, die all den Männern in dem Film Weisheiten vor den Latz knallt, dass es für alle Beteiligten doch noch zum Happy End kommt.
Aber es ist nicht nur die Inhomogenität der Erzählung, die Inkonsequenz der Figurenkonstellation und das alle anderen zum Stichwortgeber degradieren, sowie eine zumindest diskutierbare Einstellung Zur Hauptigur und dessen Wertevorstellungen, die als gegeben angenommen werden müssen.
Der Film kalauert sich von einem schlechten Kneipenwitz zum nächsten, fast so, als hätte der seelige Fips Asmussen Pate gestanden, nein der Herr Schweiger ist sich zu Schade, selbst für einen verkümmerten Witz tief in jegliche Kiste zu greifen. Besonders schmerzlich wird das in dem Moment wo auf die Aussage, dass einer eine Pigmentstörung hätte, daraufhin ein gerade zufällig vorbeilaufender Schwarzer ein Kommentar dazu ablässt. Das ist irgendwie auch rassistisch, auch wenn ich das Herrn Schweiger sicherlich nicht vorwerfen will, er ist da so gedankenversunken auf die eine Pointe aus, dass es das offensichtlich nicht mehr wahrnimmt. Aber Hauptsache Witze über rasierte Eier, entblößter Hämmorrhoiden und brennender Kacktüten machen. Ja, so tief ist das Niveau.
Naja, egal, wie ist denn die Inszenierung, außer das Pointen über ihren Zenith zelebriert werden? Hmm, Schnitt ist irgendwie wurstig und die musikalische Untermalung ist unpassend und schmierenhaft bis zum geht nicht mehr, diese Schmuserockmischung, die sogar in den dramatischsten szenen oder ruhigsten Momenten hintenrum eiert, zerstört jegliche Atmosphäre und macht das Gesehene zum Einerlei!
Abschliessend muss ich dazu sagen, dass gerade in der heutigen Zeit und was alles so abhgeht, ich einfach derzeit keine Bock auf einen tiefgründigen awardfilb habe, und daher es auch mal seicht, komödiantisch haben möchte. Und Komödien müssen ja nicht immer realistisch sein, vor allem da sie ja auch von massloser Übertreibung leben. Aber in ihrem eigenen Universum müssen sie immer noch glaubwürdig sein. Und trotz eines im Film offensichtlichen Ernstes die Figuren trotzdem ironisch brechen. Das gelingt dem Film zu keiner Zeit, er versucht es ja auch nie sonderlich. Selten habe ich mich im Nachhinein über einen so banalen Film so sehr geärgert wie bei diesem Schweigerschen Ego-Film, der eher einer Bauchnabelshow gleicht als einer Komödie.