Bewertung: 3.5 / 5
Mit "Mank" hat David Fincher nach mehreren gescheiterten Anläufen das einzige Drehbuch seines 2003 verstorbenen Vaters inszeniert. Nicht nur die Tatsache, dass Fincher hiermit seinen ersten Spielfilm seit sechs Jahren vorlegt, auch das Thema dürfte Cineasten hellhörig werden lassen, denn es geht um die Entstehungsgeschichte des Drehbuchs zu einem der größten Meisterwerke der Filmgeschichte, nämlich "Citizen Kane".
Handlung:
Trailer zu Mank
1940 zieht sich der alkoholabhängige und nach einem Autounfall bettlägerige Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz, von allen nur Mank genannt, mit einer Sekretärin auf eine abgelegene Farm zurück, um dort unter großem Zeitdruck das Drehbuch für den ersten Spielfilm des nach seinem "Krieg der Welten"-Geniestreich als Wunderkind gepriesenen Orson Welles zu verfassen. In mehreren Rückblenden in das Hollywood der 30er-Jahre wird deutlich, dass Mank die Inspiration für sein Skript aus eigenen Erfahrungen schöpft, die er insbesondere mit dem einflussreichen Zeitungsverleger William Randolph Hearst und dessen Geliebter, der Schauspielerin Marion Davies, machte.
Kritik:
Der visuelle Stil von "Mank" ist an die Filme der damaligen Zeit, insbesondere "Citizen Kane" selbst, angelehnt, was nicht nur Schwarzweiß-Fotografie einschließt, sondern auch solche Details wie sichtbare Filmkratzer. In diesem Zusammenhang ist es jedoch etwas schade, dass Fincher - wohl aus Kostengründen - nicht auf Film, sondern digital gedreht und das Material anschließend künstlich "verschlechtert" hat, um den Look alter Filme zu erzeugen, wodurch das Ergebnis eben nicht komplett überzeugend ausfällt. Nichtsdestotrotz macht der Film optisch Einiges her und Finchers inszenatorische Referenzen an Welles wissen ebenso wie der an Bernard Herrmann angelehnte Score des mit dem Regisseur eingespielten Duos Reznor/Ross zu gefallen.
Wer hier tiefergehende Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Meisterwerks "Citizen Kane" erwartet, dürfte enttäuscht werden, handelt es sich hierbei doch mehr um eine Charakterstudie der Hauptfigur, in die auch Gesellschaftskritik mit überraschend aktuellen Bezügen eingewoben wurde. Letzteres passiert allerdings oft recht schwerfällig und thesenhaft.
Kenner des alten Hollywood können sich über einige Easter Eggs und massenhaftes Namedropping freuen, während es für Unkundige wohl schwierig sein dürfte, in den Rückblenden alles sofort einzuordnen. Für das Verständnis der Geschichte ist das aber sekundär.
Eine Charakterstudie gibt dem Hauptdarsteller naturgemäß die Bühne für einen großen Auftritt und wenig überraschend nutzt ein Mime vom Schlage Gary Oldmans diese Gelegenheit zu einer beeindruckenden Performance, die seine nächste Oscar-Nominierung zur Formsache machen dürfte.
Auch die übrigen Darstellerleistungen sind durchweg positiv, allenfalls bei der Darstellung von Louis B. Mayer hätte es etwas weniger Betonung auf dessen Schmierigkeit auch getan, durch die er hier zeitweise fast zur Karikatur verkommt, aber das scheint nun mal Mayers Los in Verfilmungen dieser Ära zu sein. Charles Dance hat zwar weniger Screentime erhalten als man angesichts seiner wichtigen Rolle erwarten konnte, aber in einer richtig guten Szene bekommt er dafür die Gelegenheit, sogar Oldman die Show zu stehlen. Auch Amanda Seyfried darf mehrfach ihr Können zeigen, während Lily Collins in der undankbaren Rolle der Identifikationsfigur für den Zuschauer wenig zu tun bekommt.
Besondere Erwähnung verdient auch das Casting von Welles-Darsteller Tom Burke, dessen Duktus und Stimme - für nicht wenige ohnehin Welles markantestes Merkmal - dem Vorbild wirklich zum Verwechseln ähnlich ist.
Abschließend noch einige Anmerkungen zum Wahrheitsgehalt der in "Mank" geschilderten Geschichte: Neben einigen weiteren, nicht sonderlich schwerwiegenden historischen Ungenauigkeiten und künstlerischen Freiheiten stößt dann doch sauer auf, dass Welles Beitrag zum "Citizen Kane"-Skript hier mehr oder weniger darauf reduziert wird, eine Kiste aus Wut gegen die Wand geschleudert zu haben. Es gilt mittlerweile als gesichert, dass die These von Manks alleiniger Autorenschaft nicht haltbar ist und Welles sehr wohl signifikanten Anteil am Drehbuch hatte. So eine nachträgliche Diffamierung ist daher gelinde gesagt problematisch, künstlerische Freiheit hin oder her.
Fazit:
Rein als fiktiver Film betrachtet ist "Mank" eine formal gelungene, durchaus interessante Charakterstudie geworden, in die - wenn auch etwas schwerfällig - Gesellschaftskritik mit aktuellen Bezügen eingewoben wurde.