Bewertung: 3.5 / 5
Bertie (Til Schweiger) und seine Clique wollen am Wochenende mit ihren Mantas herumfahren. Mit ihren aufgemotzten Sportwagen wollen sie sich in der ganzen Stadt präsentieren. Dabei wird er von einem Mercedes-Fahrer zu einem Rennen herausgefordert. Doch sein Manta gibt den Geist auf, seine Freundin Uschi (Tina Ruland) fährt mit einem Ferrari-Typen mit und sein bester Freund Klausi (Michael Kessler) gesteht ihm, daß er sein Abi nachgemacht hat. Nur dieses eine Rennen hält Bertie und seine Freunde zusammen.
Auf den ersten Blick mag das, was man über Manta, Manta im negativen Sinne zu sagen hat, eigentlich nichts sein, was irgendeine tiefere Bedeutung hat, wenn es um tatsächliche Inhalte geht. Worüber sich Filme definieren, ist ja Genre-, Künstler- und Talentabhängig und daher ist „Ey, der sieht so krass aus“ in den seltensten Fällen eine fundierte Kritik an irgendetwas, was mit Kunst zu tun hat. Es ist die Oberfläche und rein oberflächlich betrachtet ist Manta, Manta ein Film, der den Bruch mit tatsächlicher Substanz. Die Handlung ist völlig Banane, die Figuren sind komplett überzeichnet und eigentlich scheint auch das gesamte Lebensgefühl, daß dieser Film einfängt so sehr in seiner eigenen Epoche verhaftet zu sein, daß das Werk als universale Antwort auf irgendeine Form von Frage, oder auch in Sachen Humor, sofern das denn der Kern ist, nichts taugt. Es ist belanglos, es ist vielleicht auch ein Film, für den man sich in manchen Momenten fremdschämt und das nicht mal ob eines Til Schweigers, dessen Arbeitsfaulheit und Pseudo-Rührseligkeit unendlichen Schrecken über die deutsche Filmwirtschaft gebracht hat. So erging es zumindest mir. Doch man kann und soll Werk von Autor trennen und in diesem Fall ist Herr Schweiger ja weder das eine, noch das andere. Und er macht dahingehend seine Sache sogar sehr gut.
Manta, Manta wirft einen Blick auf eine soziale Schicht, die es scheinbar heute gar nicht mehr wirklich gibt. Gemeint ist hier die sogenannte Arbeiterklasse. Natürlich auch eine Kategorisierung, die nicht so ganz ohne ist, aber im Prinzip trifft sie auf diesen Fall zu. Da werden dann Witze darüber gerissen, daß einer eventuell einen höheren Bildungsgrad erwerben will und normalerweise würde man an der Stelle dann argumentieren, daß das im Kern ja genau der gleiche Klassizismus in Form einer Ironisierung ist. Doch der Unterschied ist, daß diese Figuren von Grund auf schon überspitzte Karikaturen sind, insofern steht ihnen das so ein bisschen zu. Aber nicht nur die grundsätzliche Attitüde, nach welcher sich die Figuren mit irgendwelchen halbgaren Sätzen ihre Probleme um die Ohren hauen, sind sehr amüsant, auch der allgemeine Habitus, nach welchem Maßstäben wert bemessen wird und worüber man sich dann letzten Endes wirklich lustig macht, zeigt auf, wie systemisch dieser Film dann denkt. In den meisten Fällen sind diese Figuren so klischiert und albern, daß es völlig ok ist, sie als Karikaturen wahrzunehmen und dabei entsteht eine Ehrlichkeit und eine Kritik an vorherrschenden Denkmustern, die sich etwa in anderen Filmen nicht wiederfindet. Dabei zitiert der Film auch freudig vor sich hin, sei es durch das ein oder andere Poster zum ein oder anderen Film, wie auch dem grundsätzlichen Auftreten eines Bertie, der schon mit seinen Klamotten wie eine Hommage an den größten Helden der Arbeiterklasse John McClane verstanden werden muss.
Der Blick auf Frauen im Film ist ja immer wieder interessant. Auch da geht es im Kern immer um Fragen. Male gaze ist eine dieser politischen Phrasen, die abseits der schlichten Polemik, hinter solchen, auch eine Berechtigung durch die Geschichte findet. An der Stelle wäre es aber schlicht und ergreifend zu viel, diese jetzt aufzudröseln. Dennoch muss man wohl ein wenig über diese Uschi reden. Eine Dame, die wie auch alles andere am Film eine überzeichnete Persönlichkeit darstellt. Interessant ist, daß sie aber nie als Person offenbart wird, die in eine gewisse devote oder zurückhaltende Geschlechterrolle gedrängt wird. Die Figur hat durchaus ihre Probleme und spielt eigentlich zu jedem Zeitpunkt ihre Reize als Frau aus, um das zu bekommen, was sie möchte. Natürlich könnte man jetzt darüber philosophieren, ab wann der Einsatz der Sexualität feministisch ist oder nicht und ab wann da eine psychologische Kontrolle vorherrscht. Das lässt sich aber auch wesentlich besser noch zeigen und so ist klar, daß sie eine gewisse Erwartung an ihren Bertie stellt, die dieser auch erfüllen muss. Das hat so etwas von prolliger Romanze, ist aber in seinem Kern wahr und ehrlich. Ferner spielt der Film natürlich auch ein wenig mit sehr altbackenen Klischees, wie etwa dem Mauerblümchen, doch auch hier ironisiert der Film sehr viel und sehr stark, wodurch Manta, Manta nie den Eindruck erweckt, als würde schlechte Weltbilder vertreten. Kritik an Systemen und Individuen zu äußern ist feinster Zündstoff, weil man sich da sehr schnell entlarvt. Doch der Film findet einen sehr schmalen Grat und erinnert in seiner grundsätzlichen Attitüde auch stark an Fußball ist unser Leben (2000).
Man sollte sich vielleicht aber doch noch einmal der Schlichtheit der Geschichte annehmen. Der Grund, warum diese zwar rein filmisch nicht berauschend ist, liegt eben in jener Banalität begründet. Gleichsam ist diese Banalität auch in vielerlei Hinsicht großartig. Nicht, weil man sich dann über die Figuren und deren Probleme lustig mache, sondern viel eher, weil es gar nicht der Kern eines Films sein sollte, besonders tiefsinnige Geschichten zu erzählen. Man findet da eine Wahrheit und eine Annäherung an den Zuschauer, der sich eben perfekt damit identifizieren klar. Klar, kann man sagen, daß der kleinste gemeinsame Nenner nicht das gewagteste Kunstwerk ausmacht, doch der Film kann das eben durch seine behutsamen Blicke auf diese Welt kompensieren. Es ist nicht etwa lustig, weil alles so doof ist, sondern weil man Spaß an der Einfachheit hat und sich dann auf die wesentlichen Dinge fokussieren kann.
Habitus und Lebenswelten werden offenbart in Manta, Manta. Ein Film, den man sehr schwer mögen kann, weil er eben eine gewisse Attitüde an den Tag legt. Geschichte ist Murks, aber unerheblich und klar, es handelt sich um eine Komödie. Doch im Prinzip unterhält das Werk berauschend und ist ehrlich.
