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Mystic River

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Mystic River Kritik

Mystic River Kritik

Mystic River Kritik
2 Kommentare - 13.11.2021 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Mystic River" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Die drei Freunde Jimmy (Sean Penn), Sean (Kevin Bacon) und Dave (Tim Robbins) werden in ihrer Kindheit von zwei Männern auf der Straße angehalten, die Dave in ihr Auto schleppen, ihn fortfahren und mehrmals vergewaltigen. Jahre später ist die Freundschaft der drei längst Geschichte, bis die 19-jährige Katie Markum (Emmy Rossum), die Tochter von Jimmy, tot aufgefunden wird. Die Ermittlungen leitet Sean – der inzwischen Polizist geworden ist – zusammen mit seinem Partner Whitey (Laurence Fishburne). Während Sean und Whitey Spuren nachgeht, nimmt auch Jimmy Ermittlungen auf und organisiert seine Freunde um den Mörder seiner Tochter zu finden.

Kriminalfilme wirken oft wie die zeitgemäße Übertragung von Amphitheatern aus dem römischen Reich und ihrer Voyeure. Schließlich hat Gewalt etwas faszinierendes, sehr spannendes zu sich. Nicht umsonst gibt es Genre, die sich nur mit der expliziten Darstellung von Gewalt befassen. Auch Mordfälle, oder vermeintlich harmlose Unfälle ziehen immer wieder die Blicke der Menschen auf sich, sodass sie einen besonderen Stellenwert in der Wahrnehmung der eignen Umwelt erhalten. Nun könnte man Mystic River als klassischen Who-Done-It-Plot betrachten, der sich nur auf die Lösung eines Rätsels fokussiert und dem Zuschauer die Beweggründe seines Täters, aber auch die Falschheit jener Tat erläutern möchte. Doch der Film handelt nicht von einem silhouttenhaftem Antagonismus, der sich klassisch in die Kategorie "Böse" einteilen ließe. Im weitesten Sinne finden viele Themen im Film Platz und der Film gewinnt seine eigentliche Spannung eben nicht aus der reinen Tat, sondern aus dem Umgang der Menschen mit dieser.

Das war schon immer das spannendste an einem Fall. Wie wirkt sich eine Tat, ein Mord auf Menschen aus? Wie geht man damit um, daß ein geliebter Mensch von einem auf den nächsten Augenblick kein Leben im Gesicht mehr trägt? Diesen Fragen geht der Film mit einer Eindringlichkeit nach, wie man sie selten erlebt. Als Jimmy Markum den Leichnam seiner jungen Tochter erblickt, kommt es unweigerlich zu einem Zusammenbruch, der sich in dermaßen gequälten Schreien und Verletzbarkeit äußert, daß die ganze Szenerie stillsteht. Das erinnert ein wenig an Jeff Rawle in Harry Potter und der Feuerkelch (2005) und wird durch eine unglaubliche Intensität zu einem der eindringlichsten und glaubwürdigsten Momente des gesamten Filmes.

Hin und wieder wirken die Dialoge etwas Krampfhaft melodramatisch, wenn bewusst überbetont dargestellt wird, wie sich etwa ein und dasselbe Trauma auf die jeweiligen Leben der Beteiligten ausgewirkt hat. Einerseits kann man schon verstehen, daß sich solche Geschichten eben nicht so leicht verarbeiten lassen und auch viel Zeit investiert werden muss, um klarzumachen, wohin sich das weitere Leben solcher Menschen entwickeln kann. Auf der anderen Seite wirkt gerade die Ausarbeitung des Traumas eben auch wie ein Kniff eines Drehbuchautoren. Denn schließlich analysiert der Film auch die Bindung von Freunden in sozialen Gruppen und versucht den Zuschauer hier von Anfang an, auch auf eine bestimmte Person einzuschießen, die dann für alles verantwortlich zu sein scheint. Doch gerade das bewusste zur Schau Stellen dieser Hypothese wird von Anfang an damit eigentlich schon im Hinblick auf das Finale ad absurdum geführt, weil der Film damit auch schon nach einer Dreiviertelstunde zu Ende sein könnte. Klar wäre es der Figur zuzutrauen, doch rational ist der Gedanke nicht, denn schließlich fehlt auch jede Form von Motiv. Nun mag man sicherlich der Auffassung sein, daß der Film ja durch die Augen von Wut geplagten, verletzten Menschen sieht, doch der Film muss ja dem Zuschauer die Verbindung und Identifikationsfläche für seinen Protagonisten bieten, die im weitesten Sinne natürlich auch erfüllt wird. Nur dadurch wird das Handeln menschlich, nur nicht logisch. Daß beißt sich dann mit dem Geschehen und somit entsteht ein unausgegorenes Gefühl beim Zuschauer. Überdies werden auch die Dialoge von einer Schwere getragen, die teilweise an die ungewollte Überzeichnung von L.A. Crash (2004) erinnern, und dadurch eben an Glaubwürdigkeit einbüßen.

Zudem muss man sich auch die Frage stellen, warum Eastwood dem Zuschauer die ein oder andere Rückblende, bzw. Vorstellung zumutet, die tatsächlich erneut Bezug auf bereits gezeigtes Material nimmt, oder eben Sequenzen visualisiert, die sich der Zuschauer auch ohne dieses Zutun vorstellen könnte. So wird eben auch gezeigt, wie Bolye aus dem fahrenden Auto schaut und Sehnsüchtig in die Freiheit blickt. Nun braucht der Zuschauer wirklich keinen weiteren Anreiz um die Szenen, die er beriets gesehen hat miteinander zu verknüpfen und daraus die Emotionen zu entnehmen. Denn das Schauspiel der Hauptdarsteller spricht tatsächlich schon für sich. So ist Sean Penn als Vater, der den Verlust seinen Tochter verarbeiten muss, extrem eindringlich. In diesem Zusammenhang hält auch ein für Eastwood so typisches Thema Einzug in den Film. Nämlich das Versagend es Staates und damit das Aufkommen des Individuums, welches das Gesetz von nun an in die eigene Hand nimmt. Das ist für Eastwood-Verhältnisse schon extrem kritisch, wenngleich seine hinterherträumen längst vergangener Zeiten ebenfalls überdeutlich wird. So kann man den Film in einigen Momenten schon als Neo-Western begreifen, der von einsamen, gebrochenen Revolverhelden berichtet.

Dabei findet der Film eben keinen tieferen Sinn in der Gewalt und gibt den einzelnen Individuen im Film eben auch noch einen Rundumschlag mit, indem neben dem angeprangertem Staat, auch das Ausüben von Selbstjustiz zu Nichts führt. Zu keiner Erlösung und zu keiner Gerechtigkeit. Man bekommt hier fast den Eindruck, als rebelliere Eastwood gegen ein System, welches er Jahrzehntelang unterstützte, und nie ganz verstanden hat. Auch dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die spätere Filmografie von Eastwood. So geht es auch Filmen wie Gran Torino (2008) um einen versagenden Staat, der soziale Ungerechtigkeiten, aber auch Gewalt fördert, doch das Problem, welches sich auch auf Mystic River übertragen lässt, ist das dieser Film nichts am Status-Quo ändern möchte. Zur vollständigen Revolution reicht er nicht aus und Eastwood ist zu verzahnt und wenig geläutert, als der er diesen Umstand zu verstehen scheint. So ist auch die Gewalt und die Tat als Solches reiner Zufall und Menschen sind hier die Opfer ihrer Umstände. Nun ist es zumindest mutig, diese Themen überhaupt anzusprechen und Eastwoods Film in diesem Falle tatsächlich auch weit weg von einem schlechten Film, weil er neben mehreren Charakterstudien, auch eine Gesellschaft analysiert, die schon lange kaputt ist. Nur sieht Eastwood diese Probleme, er prangert sie an, bietet aber nie Lösungen an.

Heruntergebrochen auf das mindeste erzählt der Film eine Geschichte über entzweite Freunde, die sich aufgrund äußerer Umstände auseinanderlebten. Einige von ihnen können in der vor ihnen liegenden Welt nicht leben und so ist gerade die von Tim Robbins verkörperte Figur Dave Boyle ein unglaublich tragischer Charakter, weil die Figur als womöglicher Mörder, aber auch aufgrund der eigenen Vergangenheit und dem gesellschaftlichen Druck, in eine Rolle gedrängt wird, in die sie nicht reinpasst und auch nicht rein möchte. Hier analysiert der Film systemische Strukturen, und stellt zur Schau, wie wenig das Eigene Leben noch den Individuen gehört. Gerade die so skizzierte Kleinstadtromantik, offenbart den Verlust der Anonymität als Solches, weil jeder über jeden Bescheid weiß, und ein eigenes Bild hat. Dadurch das die eigentliche Idylle und die romantische Verklärung des Kleinstadtleben schon ob der Prämisse nicht gegeben ist, kann der Film es sich auch leisten, größere Instanzen zu kritisieren und deren Scheinheiligkeit zu offenbaren. So bekommt gerade auch die Institution der Kirche einiges ab, weshalb sich auch das Thema Glaube so gar nicht in der Welt vom Film findet. Überdies wird der gesamte Film auch von einem großartigem Pacing begleitet.

Auch wenn Mystic River vor allem ein gutes Drehbuch zu Grunde liegt, so muss der Film es sich doch gefallen lassen, den Zuschauer an manchen Stellen zu simpel austricksen zu wollen. Zudem sind die Gespräche untereinander von einer recht überzeichneten Tragik geplagt, obwohl das Gesamte Szenario eigentlich schon recht düster ist. Davon abgesehen ist die Vorort-Studie in den meisten Fällen doch geglückt und kann in vielen Belangen durch eine nicht enden wollende Spannung und ein großartiges Zusammenspiel seiner Akteure punkten.

Mystic River Bewertung
Bewertung des Films
710

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2 Kommentare
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ProfessorX : : Moviejones-Fan
27.02.2023 18:26 Uhr
0
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 942 | Reviews: 1.049 | Hüte: 43

@luhp92

Ich war tatsächlich auch am Hadern mit mir, ob ich den nicht höher einstufe. Allerdings hatte ich den Eindruck, cih würde es eventuell bei einer Zweitsichtung dann bereuen ^^

Natürlich, solche Sachen trennen meines Erachtens dann Film von Realität. Im Werk selbst braucht man es vielleicht nicht so ausformuliert. Aber das ist eben auch reine Geschmacksfrage.

Consider that a divorce!

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
19.02.2023 02:05 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.398 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Eine schöne Analyse, die Stärken und Schwächen hast du schon treffend ausformuliert. Ich würde allerdings noch 1 - 1,5 Punkte mehr geben.

Die Inszenierung und die Dialoge sind auch mir ein Stück weit zu melodramatisch ausgefallen und bei Dave Boyle dachte ich ebenfalls, hätte er geredet, dann hätte der Film sehr viel kürzere Laufzeit gehabt. Andererseits ist das aber auch eine der großen Stärken des Drehbuchs, aufgrund seines Vergewaltigungstraumas und seiner Schuldgefühle ist Dave nach der Affekthandlung gar nicht in der Lage, darüber zu sprechen.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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