Bewertung: 4.5 / 5
Ich hatte gestern endlich die Gelegenheit einmal Open Range zu sehen, nachdem ich dies bereits seit einigen Jahren vor hatte, aber nie so recht dazu kam. In den Jahren zuvor habe ich viel über den Film gehört gehabt, manche sagten er sei ganz gut, andere meinten total langweiliger Müll. Ich wollte mir selbst eine Meinung bilden und wow, was für ein Film. Open Range ist der Beweis, dass auch heute noch echte Western-Klassiker gedreht werden können.
Die beiden Viehtreiber Boss Spearman (Robert Duvall) und Charley Waite (Kevin Costner) ziehen mit ihren Rinderherde durch den Westen, grasen das Weideland ab und verdienen sich mit ihrem Vieh ihren Unterhalt. An ihrer Seite sind die beiden Gehilfen Mose und Button, die sie unterwegs aufgegabelt haben. Eines Tages ziehen sie mit ihrer Herde nahe einer kleinen Stadt vorbei, in welcher der Viehzüchter Baxter (Michael Gambon) das Sagen hat. Dieser versucht mit aller Macht umherziehende Viehtreiber aus der Gegend fern zu halten, da diese das für seine eigenen Viehherden benötigte wertvolle Weideland kahlfressen. Baxter hat keine Probleme damit, den Sheriff zu bestechen und eine Horde Schläger um sich zu scharen, die nötigenfalls mit Gewalt die Viehtreiber verjagen. Jetzt hat es Baxter auf Spearman und Waite abgesehen. Als Baxters Schlägertruppen Mose umbringen und Button schwer verwunden, ist für Spearman und Waite die Sache klar, sie müssen für ihr Recht eintreten und notfalls selbst zu den Waffen greifen, wenn sie ihre Herde und sich selbst retten wollen.
Open Range schafft es wunderbar zu Beginn des Films Stimmung aufzubauen. Endloses und wunderschönes Land ist zu sehen, die Figuren werden der Reihe nach vorgestellt und ausreichend beleuchtet, damit sie einem als Zuschauer ans Herz wachsen. Besonders Robert Duvall als Spearman spielt wirklich ausgezeichnet. Duvall kann sowieso jede Rolle spielen und hier zeigt er wieder einmal, warum er einer der ganz großen Schauspieler ist. Überzeugend, stilvoll und souverän. Auch Kevin Costner als Waite ist wirklich sehenswert. Nachdem er nach seinen großen Hits Anfang der 90er leider etwas zu sehr in die Schmuseecke abdriftete und auch sonst eine Menge mittelprächtiger Filme ablieferte, kehrt er hier zu seinem Urgenre zurück, welches ihn bei Der mit dem Wolf tanzt berühmt machte. Das Schöne an Open Range ist, der Film nimmt sich für alles die nötige Zeit. Eine lange Einleitung, eine konsequente Steigerung der Spannung und dann der Showdown. So muss ein Film sein, damit man mit den Figuren und der Geschichte mitfiebert. Zwischendurch wird dann auch noch eine Romanze zwischen Costners Waite und der von Annette Benning gespielten Sue Barlow, der Schwester des Arztes vor Ort, eingebaut. Aber das alles passt und wirkt nie aufgesetzt. Es ist so schön mal einen Film zu sehen, in dem Szenen nicht einfach im Sekundentakt aneinandergereiht werden. Die Schnitte so schnell sind, dass man kaum folgen kann. Open Range hat einen wunderbaren Erzählfluss. Wer auf Landschaftsaufnahmen steht, wird hier auch fündig. Einige Kamerafahrten über das weite Land sind atemberaubend. Wirklich erstklassig in Szene gesetzt.
Wenn man was bei Open Range kritisieren will, dann vielleicht die Riege der Gegenspieler. Hier hätte man vielleicht auf etwas markantere Darsteller noch setzen können. Michael Gambon ist zwar ein guter Schauspieler, aber gegen das was Duvall und Costner an Performance abliefern, stellt die Bösen Jungs einfach grandios in den Schatten. Mehr gibt es eigentlich nicht zu bemängeln, der Film ist einfach toll. Keine Hänger, sauberer Erzählfluss und wunderbare Charakterzeichnung. Open Range beweist damit, gute Western sind kein Privileg der 1950-1970er Jahre, sondern so etwas geht auch heute, solange man ein gutes Drehbuch hat und nicht alles auf Action auslegt.
Von mir bekommt Open Range wegen dem kleinen Kritikpunkt 9 von 10 möglichen Punkten. Wer auf Western steht, sollte sich den Film unter keinen Umständen entgehen lassen. Ein echter Klassiker.